Augsburger Allgemeine (Land Nord)
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Unsere Politiker fliegen auf ein eigenes Terminal
Wer Politiker wegen ihrer vielen Reisen und dem damit verbundenen Stress bemitleidet, der sollte sich vor Augen halten: Sie reisen bequemer als andere Menschen. Denn für die Volksvertreter gibt es Regierungsmaschinen und ein eigenes Terminal auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel in Berlin. Sie werden dort vor die Gangway gefahren, und los geht die Reise. Ausländische Staatsgäste landen, setzen sich in einen gepanzerten Wagen und brausen Richtung Stadt.
Tegel jedoch wird bekanntlich 2020 zugunsten des neuen Großflughafens BER geschlossen, ein neues Regierungsterminal muss her. Angesichts des geringen Nutzens sollte man von einem niedrigen Preis ausgehen. Doch weit gefehlt: Eine Interimslösung für 70 Millionen Euro ist bereits fertig. Der richtige Regierungs-Airport soll noch gebaut werden für – bitte anschnallen – mindestens 344 Millionen Euro.
Berlin und Brandenburg werben jetzt dafür, aus der Interims- eine Dauerlösung zu machen. Das ist aber nicht gewollt. Eine Umplanung sei abgelehnt worden, heißt es im Bundesfinanzministerium. Dessen Chef ist Olaf Scholz (SPD), der kürzlich ein 25-Milliarden-Loch im Haushalt vorhersagte und erklärte, es gebe nichts zu verteilen.
Der geplagte Steuerzahler hat angesichts solch hochfliegender Pläne nur eine Hoffnung. Wegen der vielen Mängel an den Regierungsfliegern müssen Politiker immer öfter Linie fliegen. Womöglich setzt sich da noch die Einsicht durch, dass ein großes Regierungsterminal verzichtbar ist. Allerdings: Menschen, die darauf hoffen, haben vermutlich auch an eine pünktliche Eröffnung des BER geglaubt.