Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die einsame Show der Therese Johaug
Die 30-jährige Norwegerin dominiert die Konkurrenz nach ihrer 18-monatigen Doping-Sperre. Doch auch nach ihrem zweiten Gold bleiben Zweifel
Seefeld Sie strahlte zum zweiten Mal mit der Sonne von Seefeld um die Wette. Ihre stahlblauen Augen funkelten, ihr Lächeln brachte die wohl weißeste Zahnreihe Norwegens zum Vorschein. Und selbst der sonst so finster dreinschauende König Harald V. von Norwegen zeigt an ihrer Seite plötzlich so etwas wie freudige Regung. Therese Johaug, die 30-jährige Norwegerin, die in ihrer Freizeit gerne modelt, macht die Seefelder Loipen zu ihrem neuen Laufsteg. Gestern gewann sie über die 10-Kilometer-Klassik-Distanz ihre zweite Goldmedaille. Schon beim Skiathlon (7,5 km klassisch, dann 7,5 km in der freien Technik) hatte sie dominiert und die These untermauert, dass sie mit vier Medaillen die Königin von Seefeld werden könnte. Acht Distanzrennen lief Johaug im Weltcup vor der WM – achtmal stand sie auf dem Podest ganz oben. Dennoch stapelte sie vor der WM tief: „Irgendwann werde auch ich mal verlieren. Vielleicht ja in Seefeld.“
So weit kam es gestern zwar nicht. Doch der dünne Vorsprung von nur 12,2 Sekunden auf die Junioren-Weltmeisterin Frida Karlsson zeigte, dass Johaug nicht in jedem Rennen in einer eigenen Liga läuft und dass sie nicht unbesiegbar ist.
Johaugs große Überlegenheit hatte die Zweifler wieder auf den Plan gerufen. Der prominenteste war der Präsident des Internationalen Skiverbandes, Gian Franco Kasper. Der Schweizer hatte sich für eine drastischere Strafe eingesetzt, nachdem Johaug im September 2016 angeblich wegen einer Lippencreme des anabolen Steroids Clostebol überführt worden war und vom norwegischen Verband nur mit 13 Monaten Sperre belegt werden sollte. Kasper und die Fis waren es, die vor den Sportgerichtshof CAS zogen und dafür sorgten, dass Johaug 18 Monate ins Doping-Exil musste und so die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang verpasste. Johaugs Rückkehr in den Weltcup wollte Kasper im Vorfeld der WM nicht groß kommentieren: „Sie hat ihre Strafe abgesessen, mehr können wir nicht machen.“Der Schweizer schob aber einen vielsagenden Satz hinterher: „Wenn Johaug bei der WM auf dem Podium steht, werde ich vermutlich etwas anderes zu tun haben.“Er machte seine Ankündigung gestern wahr – und ehrte statt der umstrittenen Norwegerin lieber die deutschen Skispringerinnen.
Für eine positive Überraschung sorgten bei Johaugs Sieg gestern auch die deutschen Langläuferinnen. Mit Katharina Hennig, Laura Gimmler, Pia Fink und Sandra Ringwald auf den Plätzen elf, 13, 15 und 27 schafften gleich vier DSVLäuferinnen den Sprung in die Top 30. Bundestrainer Peter Schlickenrieder sprach von einer starken Leistung, die ihm die Entscheidung über den vierten Staffelplatz am Donnerstag neben Hennig, Victoria Carl und Ringwald nicht leicht machen wird. Die „sprachlose und überglückliche“Laura Gimmler vom SC Oberstdorf sagte: „Wenn mich der Trainer dabeihaben will, dann haue ich mich gerne noch einmal voll rein.“