Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Naturschützer sind verärgert über den Freistaat
Verbände fordern von Ministerpräsident Söder, sein Versprechen einzuhalten. Eine Sparlösung sei falsch
Naturschutzverbände warnen vor einer Sparlösung beim geplanten Artenschutzzentrum des Freistaates in Augsburg. Ministerpräsident Markus Söder müsse seinen Ankündigungen Taten folgen lassen, so die Forderung. Angesichts des anhaltenden dramatischen Artensterbens seien dringend weitere Forschungen zu den Ursachen nötig.
Im April 2018 hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in seiner ersten Regierungserklärung verkündet: „Wir bauen das Bayerische Artenschutzzentrum in Augsburg – ergänzend Außenstellen in Laufen für die Artenvielfalt im Alpenbereich und in Veitshöchheim zum Schutz der Bienen.“In Augsburg weckte diese Ankündigung große Erwartungen. Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) und Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) erklärten damals in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz, die Stadt sei auf die Pläne des Freistaates gut vorbereitet. Sie verwiesen auf die Augsburger Erfolge in der Naturund Landschaftspflege und auf den geplanten Bau eines neuen städtischen Umweltbildungszentrums. Zu diesen Angeboten werde das neue Artenschutzzentrum des Freistaates gut passen, hieß es.
Doch nun soll von den Plänen nicht mehr viel übrig bleiben. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hatte kürzlich bestätigt, das Artenschutzzentrum werde nach neuen Planungen deutlich kleiner. Statt 50 soll es zunächst nur 25 Stellen für Wissenschaftler geben. Von Investitionen im Umfang von zehn Millionen Euro ist nicht mehr die Rede. Aktuell seien im Doppelhaushalt für die Jahre 2019 und 2020 1,9 Millionen eingeplant. Außerdem äußerte Glauber Zweifel am wissenschaftlich ausgerichteten Konzept seines Vorgängers Marcel Huber (CSU). Er wolle den Artenschutz mehr in den Regionen verankern. Die Sparpläne der Staatsregierung beim Augsburger Artenschutzzentrum sorgen bei Naturschutzverbänden für viel Kritik. Martin Trapp vom Landesbund für Vogelschutz in Augsburg sagt, „Ministerpräsident Söder hat scheinbar sein Herz für die Artenvielfalt entdeckt. Doch nun müssen den Sprüchen auch Taten folgen“. Wenn nicht wissenschaftliche Grundlagen geschaffen würden, sei es leicht, für das Artensterben immer nur die anderen verantwortlich zu machen.
Auch Naturschützer Eberhard Pfeuffer sagt, weitere Forschungen zum Artensterben seien nötig. Zwar leiste das Landesamt für Umwelt in Augsburg hervorragende Arbeit, es sei aber personell stark unterbesetzt. Deshalb gebe es große Lücken bei der Kartierung von Lebensräumen heimischer Tierarten. Auch in der Grundlagenforschung zum Erhalt der Artenvielfalt sieht Pfeuffer noch Bedarf, um die vielfältigen Ursachen genauer zu ergründen. Deshalb müsse entweder das Landesamt für Umwelt oder das neue Artenschutzzentrum personell entsprechend ausgestattet werden, so die Forderung des Ehrenvorstandsmitglieds des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben.
Ähnlich sieht es die Vorsitzende des Bundes Naturschutz in Augsburg, Christine Kamm. Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Artenschutzzentrum im Eichamt bislang nicht mit ausreichend Mitteln ausgestattet worden sei und die Stellen größtenteils nicht geschaffen und ausgeschrieben wurden. „Die Entscheidung für das Artenschutzzentrum war und ist richtig.“Nun müsse es umgesetzt werden. Nötig seien außerdem zusätzliche Maßnahmen gegen das Artensterben in der Fläche. Diese müssten aber von einem Monitoring und von einer Erfolgskontrolle begleitet werden, damit der Artenschutz nicht zu wirkungslosem Aktionismus verkomme. „Leider müssen wir feststellen, dass viele gut gemeinte Aktivitäten nicht die Ziele erreichen, die erreicht werden sollen“, so Kamm, etwa Blühstreifen neben intensiv genutzten Landwirtschaftsflächen. Es genüge auch nicht, nur lokale Maßnahmen zu ergreifen, denn Biotopinseln könnten auf Dauer keine stabilen Populationen erhalten. Mehr Forschung, großräumige Planungen und ein gutes Monitoring seien nötig, um eine Umkehr zu erreichen. In Bayern seien von 515 Bienenarten mindestens ein Drittel auf der Roten Liste, von 3250 Schmetterlings-Arten im Freistaat seien 400 Arten seit 2000 nicht wieder aufgefunden worden, so der Bund Naturschutz. Jedes Jahr verschwinden danach wertvolle und unersetzbare Arten.