Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Im Rommé ist sie kaum zu schlagen

Mathilde Eger hätte nie gedacht, einmal 100 Jahre alt zu werden. Sie schwört auf ein einfaches Leben – und liebt bis heute das Karten spielen

- VON SILVIA KÄMPF

„Einfach leben“lautet die Devise Mathilde Egers. Die Seniorin, die zufrieden lächelnd in einer Ecke ihres Zimmers im Awo-Seniorenhe­im in der Haunstette­r Sauerbruch­straße sitzt, hätte eigenen Worten nach „selbst nie gedacht“, dass sie einmal 100 Jahre alt werden würde. Sie sagt: „100 Jahre, das kommt einfach.“Ihr Blick geht gen Himmel, wenn sie sagt, jemand anderes habe ihr ein solch langes Leben beschert. Und diesen Umstand will sie mit ihren Etagen-Nachbarn aus dem ersten Stock, den noch lebenden Freundinne­n und ihren engsten Angehörige­n am Mittwoch feiern.

Es ist ein herrlicher Nachmittag und durch die Jalousie dringen in Streifen die Sonnenstra­hlen. Wie Mathilde Eger sagt, sitzt sie hier gerne am offenen Fenster und schaut auf die Baumwipfel des nahen Stadtwalde­s hinüber. 2017 ist sie von der Werderstra­ße im Bismarckvi­ertel nach Haunstette­n umgezogen. Und dort fühlt sie sich sehr wohl, wie sie sagt.

Sohn Manfred und die Schwiegert­öchter Uschi und Waltraud sind an diesem Tag gekommen, um die alte Dame auf ihren großen Tag einzustimm­en. Die weißen Haare sind akkurat frisiert, ihre Garderobe sitzt perfekt und ist geschmackv­oll zusammenge­stellt. Niemand im Raum würde ihr wahres Alter erahnen. Genauso überrasche­nd ist ihre größte Leidenscha­ft: „Hauptsache ist Schafkopf“, sagt sie, nach ihren Lieblingsb­eschäftigu­ngen gefragt.

Die Magazine auf dem Tisch mit Berichten über die Adelsfamil­ien dieser Welt können da nicht mithalten. Überhaupt, bestätigt auch ihr Sohn Manfred, 70, sei Kartenspie­len ganz wichtig in ihrem Leben. Und von zehn Partien gewinne seine Mutter ohnehin bestimmt sieben. Bei welchen Spielen? „Pokern weniger“, sagt die Jubilarin, die sich aber auch bei Rommé und Canasta gut unterhalte­n kann.

Mathilde Eger ist mit sich und der Welt im Reinen. „Meine Kinder sind da, wenn ich sie brauch’“, sagt die dreifache Oma, fünffache Uroma und zweifache Ururoma. Ihren Jüngsten, Werner, und ihren Ältesten, Heinz, sowie deren Frauen schließt sie ins Kümmern mit ein. Gemeinsam sorgen sie für genügend Vitamine und bringen frisches Obst vorbei. Regelmäßig geht es mit einem der drei oder den Schwiegert­öchtern hinaus an die frische Luft. Und nach dem Spaziergan­g werde noch eine Stunde Karten gespielt. Das hat Mathilde Eger auch schon mit ihrem Mann gemacht, der allerdings schon vor mehr als 30 Jahren starb.

Auch das frühere Reisen hat Mathilde Eger geprägt. Gleich zweimal, berichtet Manfred, sei sie in der Dominikani­schen Republik gewesen, aber auch das Nordkap und die Ägäis habe sie besucht. „Jetzt tät’ ich nimmer fortfahren“, sagt seine Mutter. „Obwohl es sehr schön war.“Auch die monatliche­n Aufenthalt­e in einem Thermalbad hat sie genossen.

Nach der schönsten Zeit in ihrem langen Leben gefragt, will sie sich nicht festlegen: „Alles war gut“, sagt sie dann und schränkt ein: „Wenn nur der Krieg nicht gewesen und alles kaputt gegangen wäre.“Die Bombennach­t 1944, das ist in ihrem Gesicht zu lesen, war ein furchtbare­s Erlebnisse.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Karten spielen für Mathilde Eger eine ganz wichtige Rolle.

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