Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das Trugbild von der sauberen Prostitution
So gut wie niemand gibt gerne zu, dass er zu Prostituierten geht. Es ist nichts, mit dem man sich rühmt. Aber doch geschieht es täglich. Es gibt Schätzungen, die davon ausgehen, dass jeden Tag eine Million Männer oder sogar noch mehr Sex kaufen. Es ist legal. Doch wer die Dienstleistungen von Prostituierten in Anspruch nimmt, sollte sich bewusst sein, dass in vielen Fällen menschliches Leid dahinter steckt. Viele Frauen arbeiten aus wirtschaftlicher Not, aus emotionaler Abhängigkeit zu einem scheinbaren Beschützer oder auch unter Zwang. Die Augsburger Kriminalpolizei hat den Ruf, dass sie den Akteuren in der Sex-Branche besonders genau auf die Finger schaut. Das ist gut so. Und es führt auch zu Erfolgen im Kampf gegen Menschenhändler und Zuhälter.
Dass ein bundesweit bekannter Bordellbetreiber, der sich gegenüber Medien stets seiner weißen Weste rühmte, nun zugeben muss, sehr wohl von den schmutzigen Schattenseiten gewusst und sie in seinen Häusern gedudelt zu haben, ist auch ein Erfolg der hartnäckigen Augsburger Ermittler. Sie waren die Ersten, die am Thron des „Bordellkönigs“gesägt haben. Es mag tatsächlich auch jene Prostituierten geben, die aus eigenem Willen und selbstbestimmt ihren Körper an Freier verkaufen. Typisch für die Prostitution sind sie aber nicht. In anonymen Internetforen kann man nachlesen, wie Freier hinterher damit prahlen, wie toll der Sex mit einer Prostituierten gewesen sei. Wer die Aussagen von Frauen kennt, die in Prozessen ausgesagt haben, der weiß aber: Für tolle Hechte halten die Prostituierten ihre Freier in aller Regel nicht. Viele spüren Ekel – und haben Verachtung übrig für die Kunden.