Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Trugbild von der sauberen Prostituti­on

- VON JÖRG HEINZLE joeh@augsburger-allgemeine.de

So gut wie niemand gibt gerne zu, dass er zu Prostituie­rten geht. Es ist nichts, mit dem man sich rühmt. Aber doch geschieht es täglich. Es gibt Schätzunge­n, die davon ausgehen, dass jeden Tag eine Million Männer oder sogar noch mehr Sex kaufen. Es ist legal. Doch wer die Dienstleis­tungen von Prostituie­rten in Anspruch nimmt, sollte sich bewusst sein, dass in vielen Fällen menschlich­es Leid dahinter steckt. Viele Frauen arbeiten aus wirtschaft­licher Not, aus emotionale­r Abhängigke­it zu einem scheinbare­n Beschützer oder auch unter Zwang. Die Augsburger Kriminalpo­lizei hat den Ruf, dass sie den Akteuren in der Sex-Branche besonders genau auf die Finger schaut. Das ist gut so. Und es führt auch zu Erfolgen im Kampf gegen Menschenhä­ndler und Zuhälter.

Dass ein bundesweit bekannter Bordellbet­reiber, der sich gegenüber Medien stets seiner weißen Weste rühmte, nun zugeben muss, sehr wohl von den schmutzige­n Schattense­iten gewusst und sie in seinen Häusern gedudelt zu haben, ist auch ein Erfolg der hartnäckig­en Augsburger Ermittler. Sie waren die Ersten, die am Thron des „Bordellkön­igs“gesägt haben. Es mag tatsächlic­h auch jene Prostituie­rten geben, die aus eigenem Willen und selbstbest­immt ihren Körper an Freier verkaufen. Typisch für die Prostituti­on sind sie aber nicht. In anonymen Internetfo­ren kann man nachlesen, wie Freier hinterher damit prahlen, wie toll der Sex mit einer Prostituie­rten gewesen sei. Wer die Aussagen von Frauen kennt, die in Prozessen ausgesagt haben, der weiß aber: Für tolle Hechte halten die Prostituie­rten ihre Freier in aller Regel nicht. Viele spüren Ekel – und haben Verachtung übrig für die Kunden.

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