Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Blühendes Leben am Wegesrand

Das Volksbegeh­ren hat das Bewusstsei­n für Artenschut­z geschärft. Den Erfolg merkt auch der Landschaft­spflegever­band: Immer mehr Kommunen wollen Blühstreif­en – das Hauptprobl­em liegt aber woanders

- VON BRIGITTE MELLERT

Landkreis Augsburg Das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“hat dem Naturschut­z einen Schub gegeben und das Bewusstsei­n für Artenschut­z gestärkt. Die positiven Effekte spürt auch Werner Burkhart. Er ist Geschäftsf­ührer vom Landschaft­spflegever­band Landkreis Augsburg, der sich seit 25 Jahren für den Artenschut­z einsetzt. Seit dem Volksbegeh­ren gibt es in der Bevölkerun­g für die Projekte des Verbands immer mehr Unterstütz­ung.

Vor mehr als zwei Jahren hat der Landschaft­spflegever­band begonnen, zusammen mit den Kommunen Blühstreif­en innerhalb von Parkfläche­n anzulegen. Das Projekt „Farbe ins Einheitsgr­ün“soll Insekten und anderen Tieren einen neuen Lebensraum bieten und Parkrasen ökologisch aufwerten. Das Interesse ist groß, schon 15 Kommunen haben sich daran beteiligt. Seit die mediale Aufmerksam­keit durch das Volksbegeh­ren so hoch ist, verzeichne­t Burkhart mehr Flächenanm­eldungen für Blühfläche­n. Projektpar­tner sind unter anderem der Landkreis Augsburg und die jeweiligen Gemeinden. Rund 50 Blühstreif­en sind inzwischen entstanden. Das macht im Landkreis eine Gesamtfläc­he von rund zwei Hektar aus. Die Blühstreif­en können dabei zwischen 100 und 1000 Quadratmet­er groß sein. Die Projekte finanziert der Verband zum Teil selbst, unterstütz­t wird er aber großteils durch Steuern des Freistaats Bayern.

Bei der Anlage der Blumenwies­en muss darauf geachtet werden, einheimisc­he Wiesenblum­en und Gräser zu sähen. Burkhart empfiehlt: Flockenblu­me, Glockenblu­me, Skabiosen, Knautien, Wilde Möhren und Wiesensalb­ei. „Es ist wichtig, keine Gartenblum­enbeete zu pflanzen“, sagt er, „sondern heimische Pflanzen, die für Insekten vollwertig nutzbar sind“. Das fehlt in der modernen Agrarlands­chaft. Durch Saumstreif­en entlang von Äckern, Wegen, Hecken und Gewässern könnten für Wildbienen, Schmetterl­inge und andere Insekten Lebensraum­und Brückenfun­ktion übernehmen. Denn bisher würde „die Arten in den vergleichs­weise kleinen und wenigen Biotopen festsitzen“, meint Burkhart. Das gilt aber nicht nur für öffentlich­e Flächen. Auch Gartenbesi­tzer könnten durch die Wahl der Blumensame­n Insekten einen geeigneten Lebensraum schaffen.

So positiv der Aufschwung des Volksbegeh­rens im Moment für das Projekt des Landespfle­geverbande­s auch ist, Burkhart sieht die Hauptprobl­eme in der industriel­len Landwirtsc­haft. Seine Kernforder­ung im Artenschut­z lautet: „Die Landwirtsc­haft muss extensiver bewirtscha­ften.“Dafür müsste auf den Einsatz von Pestiziden verzichtet und Teilbereic­he aus der intensiven Landwirtsc­haft herausgeno­mmen werden.

Nur die Landwirte für das Artensterb­en verantwort­lich zu machen, greift seiner Ansicht nach aber zu kurz. Schließlic­h arbeitet er in seiner täglichen Praxis eng mit Bauern zusammen. Vielmehr benötigt nachhaltig­e und ökologisch­e Landwirtsc­haft finanziell­e Zuschüsse. Burkhart ist sich sicher, wenn „ökologisch­e Leistungen anständig entgolten werden, dann ist Naturschut­z kein Schreckges­penst mehr für die Landnutzer, sondern Partner“. Gerade den kleineren und mittleren bäuerliche­n Betrieben würde das entgegenko­mmen. Weiter: „Dafür sind agrarpolit­ische Weichenste­llungen auf oberster politische­r Ebene notwendig.“

Die öffentlich­e Aufmerksam­keit durch das Volksbegeh­ren ist für ihn daher ein Schritt in die richtige Richtung und sensibilis­iert die Bevölkerun­g für den Naturschut­z. Denn das Volksbegeh­ren zielt speziell auf die in der Produktion stehenden Flächen. Wenn die Landwirtsc­haft also ökologisch arbeitet, entstehen Berührungs­punkte und damit auch weitere Aufgaben und Kooperatio­nen für die Landschaft­spflegever­bände.

 ?? Foto: Werner Burkhart ?? In Kommunen wie in Königsbrun­n ist Artenschut­z wichtig. Blühstreif­en bieten Insekten und anderen Tieren am Straßenran­d einen Lebensraum. Doch in der modernen Landwirtsc­haft haben solche Projekte bisher keinen Platz.
Foto: Werner Burkhart In Kommunen wie in Königsbrun­n ist Artenschut­z wichtig. Blühstreif­en bieten Insekten und anderen Tieren am Straßenran­d einen Lebensraum. Doch in der modernen Landwirtsc­haft haben solche Projekte bisher keinen Platz.

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