Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mehr Geld: Krankenhaus darf Belegärzten helfen
Weil die Versicherungsbeiträge enorm steigen, wird die Arbeit für viele Ärzte unrentabel
Bobingen/Schwabmünchen Die Geburtshilfe steckt vielerorts in der Krise. Der Hebammenmangel ist bekannt, in der Region mussten bereits die Geburtsstation in Schwabmünchen sowie in Aichach schließen. Aber auch die Belegärzte haben Probleme. Seit einigen Jahren steigen die Beiträge für deren Haftpflichtversicherung überproportional an. Neueinsteiger zahlen derzeit rund 80000 Euro im Jahr. Und die Verträge für bereits praktizierende Belegärzte werden kontinuierlich an dieses Niveau angepasst. Damit wird die Arbeit für viele Ärzte unrentabel. Und die Krankenhäuser müssen hilflos zusehen, weil sie auf- grund des Antikorruptionsgesetzes keine Zuschüsse zu den Versicherungen bezahlen dürfen – so zumindest war die allgemeine Rechtsauffassung bisher.
In Friedberg gab es deshalb bereits Gerüchte, dass dort die Geburtsstation ebenfalls schließen müsse, weil es nicht mehr genug Belegärzte gebe. Um dieser Entwicklung zuvor zu kommen, bemüht sich der Verwaltungsrat der Wertachkliniken schon seit längerer Zeit um eine Möglichkeit, die Ärzte bei der Haftpflichtversicherung zu unterstützen. Vom bayerischen Justizministerium kam nun eine erlösende Antwort: Der Bundesminister für Gesundheit habe erklärt, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass Krankenhäuser die Haftpflichtversicherungsprämien von Belegärzten ganz oder teilweise bezahlen dürfen, wenn diese im Einzelfall dazu führen würde, dass die Tätigkeit unwirtschaftlich wäre. Das ist eine gute Nachricht. Doch auch dieser Schritt öffnet die Türen der Geburtsstation an der Wertachklinik Schwabmünchen nicht wieder. Noch immer fehlen Hebammen.
Überraschend kam dann noch die Nachricht, der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung hätten sich darauf geeinigt, dass die Krankenkassen sich stärker an den Versicherungskosten beteiligen. Für jede Geburt würden künftig 97,30 Euro mehr bezahlt. Der Haken an der Erhöhung der Gebührenverordnung ist, dass der Betrag nicht reicht, um die zusätzlichen Kosten für die Haftpflichtversicherung zu decken. Darüber hinaus ist die Haftpflichtversicherung eine Fixprämie, während die Honorare pro Geburt erhöht wurden. Damit werden die Belegärzte kleinerer Krankenhäuser schlechter gestellt, denn für eine 24-Stunden-Versorgung sind in der Regel drei Gynäkologen erforderlich, egal wie viele Kinder tatsächlich geboren werden.
In der Vergangenheit kamen in den Wertachkliniken im Jahr rund 700 bis 800 Kinder auf die Welt. Jeder Belegarzt führte also im Schnitt 133 Geburten pro Jahr durch, die er nun mit je 214 Euro honoriert bekommt. Das ergibt rund 28500 Euro pro Jahr und deckt nicht einmal die Versicherungsprämie.
Der Verwaltungsrat der Wertachkliniken hat einstimmig beschlossen, die Belegärzte zu unterstützen, damit sich die Chancen für eine Wiederinbetriebnahme der Geburtshilfe in Schwabmünchen erhöhen und die Geburtshilfe in Bobingen weiterhin aufrecht erhalten werden kann.