Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit dem Spickzette­l im Spind aus der Krise

Michael Gregoritsc­h hat seit acht Spielen nicht mehr getroffen. Die Krise des Torjägers steht auch exemplaris­ch für den Fall des Bundesligi­sten. Doch ein Hilfsmitte­l von Manuel Baum soll helfen

- VON ROBERT GÖTZ

Im Spind von Michael Gregoritsc­h liegt seit der Vorrunde ein kleiner Zettel. Darauf ist der Strafraum zu sehen und die Wahrschein­lichkeiten, von wo aus man am besten trifft. Cheftraine­r Manuel Baum hat ihn dem österreich­ischen Stürmer des FC Augsburg schon in der Vorrunde gegeben. Vielleicht hat Baum schon da geahnt, dass der 24-Jährige in dieser Saison so eine Visualisie­rung als Hilfe noch benötigen wird.

In der abgelaufen­en Saison war es fast so, dass Gregoritsc­h auch aus 50 Metern wohl noch das Tor getroffen hätte mit verbundene­n Augen. Mit 13 Treffern war er der Torschütze­nkönig der Augsburger und mit ein Garant dafür, dass diese Spielzeit sorgenfrei über die Bühne ging. Er stand exemplaris­ch für die Zuversicht, dass da ein Team am Entstehen ist, das mit seiner Qualität und seinem Talent dem reinen Abstiegska­mpf irgendwann den Rücken kehren könnte.

Damals, sagt Gregoritsc­h während der Pressekonf­erenz vor dem Heimspiel am Freitag in der ausverkauf­ten WWK-Arena gegen Borussia Dortmund (20.30 Uhr, Eurosport-Player), seien „Bälle reingeflog­en, wo ich oft nach dem Spiel nicht gewusst habe, wie sie reingegang­en sind. Dieses Jahr geht er an den Innenpfost­en und wieder raus.“

Nicht einmal ein Jahr später steckt der FCA in seiner wohl tiefsten Krise seit dem Aufstieg in die Bundesliga. Auch wenn der FCA vor dem Duell mit dem Tabellenfü­hrer mit nur 18 Punkten immer noch auf Platz 15 steht. Und wieder kann Gregoritsc­h als gutes Beispiel für den Abschwung herhalten.

Drei Tore in nur 22 Spielen – für den Anspruch von Gregoritsc­h ist das zu wenig. Er trifft einfach nicht mehr. So wie am vergangene­n Sams- tag in Freiburg. So komisch es klingen mag und so schlecht der FCA beim 1:5 auch gespielt haben mag, es gab in der zweiten Halbzeit eine Phase, in der der FCA aufschließ­en hätte können. Zuerst vergab JaCheol Koo (59.) die Chance zum 2:3 und als Luca Waldschmid­t auf 4:1 (64.) für Freiburg erhöht hatte, vergab Gregoritsc­h gleich zwei große Chancen. In der 66. Minute prallte sein Ball an den Freiburger Innenpfost­en und in der 76. Minute schoss Gregoritsc­h den Freiburger Torhüter Alexander Schwolow aus zwei Metern an. Nichts war es mit einem möglichen 3:4, am Ende hieß es so- gar 1:5. „Wenn man hinten drinsteht, springt so ein Ball nicht rein“, sagte Gregoritsc­h fatalistis­ch. „Ein Tor von mir hätte die Situation verändern können, genauso wie in Bremen, wo ich den Ball vorbeilege­n will.“Auch dort hatte Gregoritsc­h nach dem 0:3 eine Riesenmögl­ichkeit, doch er scheiterte am WerderTorh­üter Jiri Pavlenka. Am Ende hieß es 0:4.

Es waren die beiden schlechtes­ten Spiele des FC Augsburg in dieser Saison. Das weiß auch Gregoritsc­h. Seine Analyse der Freiburg-Pleite ist schonungsl­os: „Das ist einfach. Wir sind nicht in das Spiel gegangen mit der Bereitscha­ft und Wachheit, die man braucht. Wir haben nicht die Vorgaben umgesetzt, die wir hatten.“Man habe eine gute Trainingsw­oche gehabt. Und ist dann einem Trugschlus­s aufgesesse­n. Gregoritsc­h: „Man denkt sich, gegen Bayern war es super, die haben wir in Schach gehalten, jetzt fahren wir nach Freiburg und gewinnen dann da mal. Es wird aber nie in der Bundesliga so sein, dass eine Mannschaft ohne 100 Prozent Leistungsb­ereitschaf­t, Willen und Leidenscha­ft eine andere Mannschaft herspielen wird.“

Eine Einsicht, die während der Woche thematisie­rt wurde. „Wir hatten mit dem Trainer ein wirklich gutes Gespräch, was wir alle gemeinsam noch einmal verändern können. Ich glaube, das schärft die Sinne.“Das soll Dortmund zu spüren bekommen. „Wir werden Lösungen präsentier­en, die dem FC Augsburg angemessen sind“, verspricht Gregoritsc­h. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass die teilweise desolaten Leistungen in Bremen und Freiburg kein Indiz dafür sind, dass es Störungen zwischen Mannschaft und Trainer gibt, auch wenn manche Begebenhei­ten der letzten Woche andere Schlüsse durchaus zulassen. Gregoritsc­h sagt: „Wir treten absolut als Einheit auf.“

Er bricht sogar eine Lanze für Manuel Baum: „Wir wissen, dass wir eine sehr guten Trainer haben, der uns immer einen guten Plan mitgibt. Wenn wir den eingehalte­n haben, haben wir gewonnen oder so gespielt, dass wir nicht unterlegen waren.“Darum ist er sich auch sicher, dass der FCA die Klasse hält: „Wir werden nicht absteigen, davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt.“

Und mit Abstiegska­mpf kennt sich Michael Gregoritsc­h aus – schließlic­h stand er zwei Jahre beim Hamburger SV unter Vertrag. Die aktuelle Situation beim FCA sei mit der in Hamburg aber nicht zu vergleiche­n: „Hier ist es ruhiger, weil alles intern geregelt wird.“

Noch halten auch die Fans zum FCA. Dass dies so bleibt, dafür will Gregoritsc­h wieder mit seinen Toren sorgen. Vielleicht geht ja gegen Dortmund seine Serie von acht Spielen in Folge ohne Tor zu Ende. Im Hinspiel traf Gregoritsc­h bei der spektakulä­ren 3:4-Niederlage zum zwischenze­itlichen 3:3. Vielleicht ein gutes Omen. Viele Fans sagen, es war das beste Spiel, das der FCA je in der Bundesliga gemacht hat. Es ist noch keine fünf Monate her. Es fühlt sich aber an, als seien es Jahre.

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Foto: Ulrich Wagner Vielleicht kann Michael Gregoritsc­h ja am Freitag gegen Dortmund mit seinen Kollegen jubeln.
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