Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bienenweid­en: Bauern warten auf Nachfrage

Warum Landwirte in Augsburg und der Region hoffen, dass die Unterschri­ften beim Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“nicht alles waren – eine Zwischenbi­lanz

- VON EVA MARIA KNAB

Junglandwi­rt Andreas Burkhardt, 20, will es wissen. In Augsburg und dem Umland haben besonders viele Menschen beim Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“unterschri­eben. Aber wie viele Bürger sind bereit, selbst Geld in die Hand zu nehmen und Landwirte zu finanziere­n, die auf ihren Äckern blühende Bienenweid­en statt Monokultur­en mit Mais anlegen?

Burkhardts Familie betreibt im Augsburger Stadtteil Lechhausen eine kleine Landwirtsc­haft im Nebenerwer­b. Nach dem Krieg hatte dieser Bauernhof mit rund zwölf Hektar eine normale Größe, sagt Andreas Burkhardt, heute sei er zu klein, um davon zu leben. Die Landwirtsf­amilie betreibt deshalb noch einen wesentlich größeren Hof bei Burgau.

In Augsburg will Burkhardt nach dem Volksbegeh­ren für mehr Artenvielf­alt nun aber ein Angebot für Bürger machen: Am Stadtrand in Richtung Friedberg hat er einen Acker, der normalerwe­ise mit Mais bepflanzt worden wäre. Stattdesse­n soll dort eine große Bienenweid­e entstehen – wenn sich genügend Paten finden, die mitmachen. Interessen­ten können bei ihm blühende Parzellen zwischen 20 und 500 Quadratmet­ern finanziere­n, zu einem Preis zwischen 15 und 149 Euro.

Der Augsburger Junglandwi­rt und Student der Agrarwisse­nschaften ist nicht der Einzige in der Region mit einem solchen Angebot. Zahlreiche Bauern haben dieses Geschäftsm­odell für sich entdeckt: Ein Großaiting­er Landwirt will die Bienen retten – gegen Gebühr: Für einen Euro legt Johannes Mayr einen Quadratmet­er Blühwiese an. Er selbst gibt für jeden Ein-Euro-Blütentepp­ich einen weiteren Quadratmet­er dazu. Markus Brem, Landwirt ín Hirblingen und Freie-Wähler-Politiker, plant Gleiches. Bei ihm kostet der Quadratmet­er 50 Cent. Mindestmen­ge sind allerdings 20 Quadratmet­er für zehn Euro. Brehm wirbt zudem mit dem Augsburger Bienenzert­ifikat und verspricht Mengenraba­tt ab 100 Quadratmet­ern. Auch Bauern aus dem Wittelsbac­her Land und im Raum Schwabmünc­hen bieten Modelle mit Blühstreif­en an.

In der Stadt Augsburg haben beim Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“über 20 Prozent der Bürger unterschri­eben, im Kreis AichachFri­edberg waren es fast 21 Pozent und im Landkreis Augsburg sogar 22 Prozent. Mit dem Begehren sollen vor allem auch Landwirte in die Pflicht genommen werden, mehr gegen das rasant fortschrei­tende Artensterb­en zu tun.

Andreas Burkhardt in Augsburg ist bereit, mit neuen Bienenweid­en auf seinem Maisacker einen Beitrag zu leisten. Er hofft aber, dass sich noch mehr Interessen­ten melden. Bislang hätten rund 40 Leute eine Parzelle bei ihm bestellt, sagt er, maximal könnte er jedoch 500 Interessen­ten versorgen. Insgesamt scheint die Nachfrage bei Landwirten in der Region allerdings recht groß zu sein. Mit 2729 Euro verzeichne­te das Spendenkon­to für des Geflügelho­fes Mayr aus Großaiting­en am Dienstag einen Stand, der Initiator Johannes Mayr zufrieden stimmt.

Durch die vom Hof versproche­ne Verdoppelu­ng der Blühwiesen­fläche sind jetzt mindestens 5,5 Hektar gesichert. Mayr zufolge gingen Spenden von Bürgern und Firmen ein, die Spitzenspe­nde über 1000 Euro sei aber von einer Privatpers­on gekommen. Auch bei den Landwirten Andreas und Barbara Karl in Kühbach fällt die erste Bilanz positiv aus. Sie sprechen von 70 bis 100 festen Interessen­ten, die eine Bienenweid­e finanziere­n wollen. Die Blühwiese habe sich zu einer ÖkoGeschen­kidee entwickelt. Das Landwirtsp­aar hat seine erste vorgesehen­e Blühfläche damit voll, eine weitere soll folgen.

Inzwischen gibt es aber nicht nur engagierte Bürger, die zusammen mit Bauern mehr für die Artenvielf­alt tun wollen. Es melden sich auch Kritiker zu Wort, die Landwirten Geschäftem­acherei vorwerfen. Junglandwi­rt Andreas Burkhardt kennt die Kritik. Er räumt ein, dass mit Bienenweid­en mehr Geld pro Quadratmet­er zu verdienen ist als mit üblichen Feldfrücht­en. Allerdings sei der Aufwand für Werbung und Vermarktun­g deutlich höher und das Saatgut für Blühstreif­en auch nicht billig. „Warum darf ein Landwirt nicht mehr verdienen, wenn er eine kreative Idee hat?“, fragt der 20-Jährige.

Anders sieht man die Sache bei Unternehme­n, die sich ebenfalls im Bereich der Artenvielf­alt engagieren. Im Landkreis Augsburg gibt es das Kies- und Sandwerk Thaler. „Durch den Kiesabbau in Gablingen haben auch wir einige Ackerfläch­en, die wir durch Landwirte bewirtBlüh­wiesen schaften lassen“, schreibt Lisa Thaler von der Geschäftsl­eitung. Schon im vergangene­n Jahr habe man einen Acker mit 2,5 Hektar vorbereite­t, um dort in Zusammenar­beit mit einer Expertin eine mehrjährig­e Blütenwies­e für Insekten anzulegen. Durch die Berichters­tattung der letzten Tage und Wochen stehen nach Thalers Eindruck jedoch die Aktivitäte­n von Landwirten im Vordergrun­d, die auch von „Profitgier“angetriebe­n seien. „Wir erstellen unsere Blütenwies­e nur für die Insekten und verlangen keine Miete, die dann bei den Mietern nur für ein gutes Gewissen sorgen soll“, so Thaler. Zudem sei die Firma seit Jahren für den Artenschut­z tätig und habe einen Vertrag mit dem Landesverb­and für Vogelschut­z abgeschlos­sen. Denn nicht nur den Bienen gehe es schlecht. (mit cf, cli

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Bienen, Hummeln und viele andere Insekten sollen von Blühwiesen profitiere­n – mehrere Landwirte aus der Region Augsburg haben daraus nun ein Geschäftsm­odell entwickelt. Symbolfoto: Stefan Häfele
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A. Burkhardt

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