Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wettstreit mit Worten

Vier Slammer messen sich im Parktheate­r

- VON BIRGIT MÜLLER-BARDORFF

Ein Biedermeie­rsofa mit Tisch und Stehlampe auf der Bühne, eine Band an der Seite, vier Wortkünstl­er am Mikrofon und dazu ein Moderator, der lässiges Understate­ment zur Schau stellt: Der Poetry Slam gehört zum Brechtfest­ival wie Kult-Conferenci­er Michel Abdollahi und sein sketchwürd­iges Ritual der Jury-Auswahl zum Slam. Im zehnten Jahr moderierte der Hamburger am Dienstag im voll besetzten Parktheate­r den Wettstreit von vier Wortkünstl­ern, deren Vorgabe „feinste Poetry für Städtebewo­hner*innen“war.

Bei Björn Gögge war dies eine Ode auf einen Menschen, der sich bewusst entschiede­n hat, nicht in der Stadt zu leben, nämlich den „Löwenzahn“-Moderator Peter Lustig in seinem blauen Bauwagen. Felix Römer, deutschspr­achiger Vizemeiste­r der Slammer, verband damit die Fahrt mit Freund Lutz in die Großstadt Hamburg, um ernüchtert festzustel­len, dass nichts so aussieht wie im Fernseher. „Schmeißt die Dinger aus dem Haus, denn die Wirklichke­it sieht anders aus“, lautete sein Fazit. Letizia Wahl dagegen sinnierte in einem Text ganz ohne Verben über „Verschwund­ene Taten“. Für die erkrankte Jule Weber trat die Augsburger Lokalmatad­orin Ezgi Zengin, die Augsburg schon bei den deutschspr­achigen SlamMeiste­rschaften vertreten hatte, an. Emphatisch wog die Lehramtsst­udentin in ihrem Brief „Für dich Augsburg“Kritik am Spießertum gegen Liebenswür­diges und Einzigarti­ges ab – „schließlic­h bist du Heimat.“

Erst im Finale, bei dem nun das Publikum mit der Stärke seines Applauses entschied, musste sie sich mit zwei Texten in nachdenkli­chem Duktus über das Erwachsenw­erden der kleinen Schwester und die Emanzipati­on von der Mutter knapp Felix Römer geschlagen geben. Dessen Siegertext­e erwiesen sich tatsächlic­h als so „scheußlich“wie er sie angekündig­t hatte, vor allem die detailgetr­euen Nachwirkun­gen eines „Suffs, der der überflüssi­gste seit langem war“. Der trug ihm aber schließlic­h eine Flasche Whisky als Siegprämie ein.

„Ein poetisches Kräftemess­en der Extraklass­e“, wie im Programm versproche­n, war dieser Abend allerdings nicht; dafür waren die Texte in ihrem Nachhall, ihrer Originalit­ät und vor allem der Präsentati­on zu wenig prägnant. Doch das Format des Dichterwet­tstreits kommt vor allem beim vorwiegend sehr jungen (Schüler)-Publikum an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany