Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die ersten Störche sind gelandet
Heuer sind die Vögel extrem früh da. Experten kennen die Gründe und sagen: Gefährlich wird es für die Tiere in einigen Wochen
Landkreis Augsburg Die Störche in Diedorf sind mittlerweile wieder sehr aktiv. Den Winter hat das Paar laut Landesbund für Vogelschutz zusammen vor Ort verbracht, und bei den aktuell hohen Temperaturen bereiten sich die Tiere schon auf die Brut vor. Sie sind nicht allein. Im ganzen Landkreis werden wieder vermehrt Störche gesichtet.
Sieghart Muthsam beobachtet die Störche im Zusamtal schon seit langer Zeit. Er arbeitet mit dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) zusammen und weiß immer, wann der Horst in Zusamzell besetzt ist, und meistens auch, wo sich die Tiere aufhalten. Mindestens einmal am Tag besucht er die Störche in seinem Beobachtungsgebiet.
Erst vergangene Woche hat er zum ersten Mal einen Storch im Zusamtal gesichtet. Das Tier scheint noch keine Partnerin gefunden zu haben. Ob es ein bekannter Storch ist, kann Muthsam noch nicht genau sagen. Er nimmt aber an, dass die Saison jetzt losgeht.
Das Phänomen, dass Störche früh im Jahr zurückkehren, ist nicht neu. Oda Wieding, Storchexpertin beim LBV, erklärt zwar, dass die Literatur von einem Zeitraum zwischen März und April spreche, eine frühere Ankunft ist allerdings nichts Ungewöhnliches mehr.
Außerdem fliegen immer mehr Störche gar nicht Richtung Süden, sondern überwintern in der Region. Wieding erklärt die Sondersituation: Störche seien langlebige Vögel und würden voneinander lernen. „Tiere, die hiergeblieben sind, verleiten auch andere dazu zu bleiben“, sagt die Expertin. Verantwortlich sei der Mensch, der viele Zuchtstörche ausgewildert habe, die nicht mehr Richtung Süden fliegen.
Prinzipiell sei das für die Tiere allerdings kein Problem, erklärt Wieding. Störche bräuchten nicht täglich Futter, und „ihre Daunenjacke haben sie ja schon an“, sagt die Expertin. Die Vögel treten die wochenlange Reise in den Süden eigentlich nur wegen Nahrungsknappheit an, solange aber keine geschlossene Schneedecke liegt oder strenger Frost herrscht, finden die Vögel noch genügend Nahrung, hier vor Ort. Wieding rät auch deshalb davon ab, Störche zu füttern. Außerdem bestehe die Gefahr, dass sich die Tiere an das Futter gewöhnen und „faul“werden.
Oda Wieding erklärt außerdem, dass Störche sehr flexible Tiere sind. „Es gibt das Phänomen der Winterflüchtler“, erklärt sie. Tiere, denen in der Region doch zu kalt ist, fliegen einfach in nähere warme Regionen. Auch im Landkreis haben laut einer Onlinekarte des LBV einige Tiere überwintert. Zwei in Diedorf zum Beispiel, genauso in Zusmarshausen. In Dinkelscherben haben des LBV zu Folge sogar vier Tiere überwintert.
Zwei Tiere konnte Thomas Wurschy, der Horstbetreuer in Dinkelscherben, den ganzen Winter über beobachten. Geschlafen hätten die beiden Vögel eigentlich immer in ihrem Horst auf dem Dach der Annakirche, sagt er. Tagsüber waren sie auf Futtersuche.
Allerdings stellt Wurschy aktuell fest, dass sich die Anwesenheitszeiten verlängern. Für den Beobachter ist das ein Zeichen, dass wieder mehr Störche in die Region kommen. „Die bewachen ihr Nest, daauch mit es kein anderes Paar übernimmt“, erklärt er. Dass die Vögel früher im Jahr zurückkehren, hat einen zweiten Grund. Viele Tiere, die auf der „Westroute“unterwegs sind, überwintern laut Wieding mittlerweile häufig auf Müllkippen oder bewässerten Reisfeldern in Spanien und fliegen nicht bis nach Afrika. Entsprechend kürzer ist auch der Heimweg.
Was Störche angeht, hat Oda Wieding den Überblick über ganz Bayern. Vor allem in Mittel- und Oberfranken seien seit dem 20. Februar „relativ viele“Tiere angeInformationen kommen. Aber auch aus Dasing, Pöttmes und Wörleschwang liegen ihr Meldungen vor. Wieding erklärt, dass die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, dass die Rückkehrer dieselben Vögel sind wie in den letzten Jahren. Wenn sie in einem Horst erfolgreich gebrütet haben, kehren Störche gerne zurück. Wieding erwartet, dass die ersten Tiere Mitte März anfangen zu brüten. Erst in diesem Stadium werde Kälte zum Problem. Bei niedrigen Temperaturen sei das Brüten für die Tiere besonders anstrengend, sagt die Expertin.