Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Dünne Luft in Dinkelscherben
Der Markt muss neue Schulden machen, um seine Projekte stemmen zu können. In den nächsten Jahren wird der Kurs fortgesetzt. Was aktuell am meisten Geld verschlingt
Dinkelscherben Die Rücklagen schrumpfen, der Schuldenberg wächst: Die Haushaltslage von Dinkelscherben bleibt angespannt. Um die Sanierung der Turnhalle, die Erschließung des Ferrum-Gewerbegebiets, die Erneuerung der Wasserversorgung und Grunderwerb möglich zu machen, muss der Markt neue Kredite in Höhe von mehr als drei Millionen Euro aufnehmen. Trotz der Neuverschuldung gab es Zuspruch von den Fraktionen.
Als „annehmbar“bezeichnete Tobias Mayr das Zahlenwerk, das der neue Kämmerer Georg Vill in der jüngsten Marktgemeinderatssitzung anschaulich und verständlich präsentierte. Der neue Haushalt zeige: „Wir können wirtschaften“, sagte Mayr. Schließlich seien auch Schulden abgebaut worden. Dass trotzdem ein offener Finanzierungsbedarf von etwa drei Millionen Euro besteht, liegt an den vier Großprojekten. Die werden zum Teil zwischenfinanziert. Mayr war wichtig, dass nicht am „Herzstück“, also an den Vereinen und den Feuerwehren, gespart werde. Er bat darum, dass sich die Gemeinde auch in Zukunft Gedanken über den Tellerrand hinaus macht – zum Beispiel, welche Folgen die Uniklinik für Dinkelscherben haben kann.
Dass Themen wie Natur- und Umweltschutz oder Ortsentwicklung in Zukunft auf der Strecke bleiben, befürchtete indes Reinhard Pentz (SPD). Er prophezeite: Die steigende Kreditaufnahme werde sich 2020 und 2021 mit Sicherheit fortsetzen. Es werde erhebliche Investitionen vor allem bei der Wasserversorgung, im Hochwasserschutz und in Baugebiete geben – da bleibe keine Luft mehr für andere Themen. Apropos Luft: Es sei kein Haushalt des Durchschnaufens, meinte Peter Kraus von den Freien Wählern. „Wir müssen uns ordentlich anstrengen, um Geplantes durchzuführen.“Die Einnahmemöglichkeiten der Gemeinden müssten mehr in den Blick gerückt werden, also beispielsweise neue Gewerbe-Ansiedlungen, die Geld in die Kassen spülen. Er warnte vor dem roten Balken der Pro-Kopf-Verschuldung: „Wir nähern uns deutlich der Grenze, an der es kritisch wird“, sagte Kraus. Nach der aktuellen Berechnung wird die ProKopf-Verschuldung im Markt Ende 2019 einen Wert von 1358 Euro erreichen. Zuletzt lag er bei 995 Euro. Zum Vergleich: Die Schuldenlast der bayerischen Kommunen lag laut Statistischem Bundesamt in Wiesbaden Ende 2016 bei 2295 Euro. Bundesweit wurde ein Durchschnitt von 3509 Euro errechnet.
Die Hoffnung auf neue und „vernünftige“Firmen teilte Arthur Guggemos (UWG) – im Frühjahr soll das
Großprojekte werden zum Teil zwischenfinanziert
Pro-Kopf-Verschuldung steigt weiter an
Gewerbegebiet nahe der Bahn auf dem ehemaligen Ferrum-Gelände ausgewiesen werden. Guggemos betonte, wie wichtig es in den vergangenen Jahren gewesen war, zwischen rentierlichen und nicht rentierlichen Projekten zu unterschieden. Eine klare Kosten- und Zeitstruktur sei ebenfalls wichtig gewesen. Dass die Pro-Kopf-Verschuldung weiter ansteige, sei klar – schließlich habe es auch einen Projektstau gegeben. Er sagte: „Dann ist es auch hinnehmbar, dass man die Pro-Kopf-Verschuldung nicht am Landesdurchschnitt misst, sondern weiter denkt und sagt: ,Ich muss es so in den nächsten Jahren in Kauf nehmen.‘ “
Bürgermeister Edgar Kalb sah im neuen Zahlenwerk eine gute Basis, wenngleich er warnte: „Uns steht ein schwieriges Jahr bevor.“Aber: „Lassen Sie uns alles Schritt für Schritt machen. Dann ist mir um die Zukunft nicht bange.“Der neue Haushaltsplan samt Satzung wurde einstimmig abgesegnet.