Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Neusäß will bei Parkplätzen umdenken
Die Stadtverwaltung hat ein neues Konzept vorgelegt. Möglich wäre, für ein Carsharing-Angebot auf Stellplätze zu verzichten. Auch E-Mobilität soll gefördert werden
Neusäß Die Stadt Neusäß will beim Thema Parken andere Wege gehen. Für neue und auch bestehende Häuser könnte bald schon gelten: Wer einen Stellplatz für einen Carsharing-Wagen anbietet, soll insgesamt weniger Parkplätze anlegen müssen. Bei neuen Bauvorhaben ab einer bestimmten Wohnungsgröße könnte zudem eine Verpflichtung der Anlage von Elektroladestationen in die Stellplatzsatzung der Kommune aufgenommen werden. Noch sind die Änderungen nicht beschlossen. Bislang handelt es sich um einen Vorschlag der Stadtverwaltung.
Hintergrund ist ein Antrag der Stadtratsfraktion der Grünen. Sie hat den Anstoß dazu gegeben, sich mit der Stellplatzverordnung zu befassen. Von ihnen stammt auch die Idee, die Zahl der geforderten Stellplätze zu reduzieren, wenn es in der direkten Umgebung CarsharingAngebote gibt. Bislang sieht die Stellplatzordnung der Stadt beispielsweise vor, dass etwa für eine 65-Quadratmeter-Wohnung ein Parkplatz nachgewiesen werden muss, für ein Einfamilienhaus zwei. Möglicherweise, so Bauverwaltungsleiter Gerald Adolf, könnte diese Zahl noch verringert werden. In Wohnanlagen könnte ein Carsharing-Platz höchstens drei Stellplätze ersetzen. Wenn eine Wohnanlage zehn Wohneinheiten hat, könnte zudem verlangt werden, dass 20 Prozent der Stellplätze mit einem leistungsfähigen Stromanschluss ausgestattet sind, so Gerald Adolf weiter.
Hintergrund der Debatte ist, dass bei der Erstellung neuen Wohnraums oft nicht genügend Platz für die geforderten Stellplätze vorhanden ist. Das betrifft vor allem Nachverdichtungsvorhaben im Zentrum von Neusäß. Grünen-Stadträtin Ulla Schwinge-Haines spricht sich seit Langem für eine veränderte Denkweise aus. „Es ist gut, dass jetzt Bewegung in die Sache kommt“, so Wolfram Haines (Grüne) jetzt im Bauausschuss. Aufgenommen werden könnte zudem, ob in zentraler Wohnlage ein gut ausgebauter Nahverkehr einen Verzicht auf das eigene Auto möglich mache, sagte er.
CSU-Fraktionsvorsitzende Karin Zimmermann unterstützt zwar die Ansätze, Carsharing und E-Mobilität zu fördern. Die mögliche Forderung von weniger Stellplätzen bei großen Wohnungen oder Häusern sieht sie aber skeptisch: „Bei jeder Bürgerversammlung haben wir Ärger mit zugeparkten Straßen“, erinnerte sie. Ähnlich sieht das auch Stadtrat Wolfgang Weiland (FW): „Überall fehlen Parkplätze“, sagte er. Die Zahlen geben ihnen recht: In den vergangenen vier Jahren stieg die Zahl der Autos in Neusäß um knapp zehn Prozent auf jetzt mehr als 13 700. Gleichzeitig stieg die Einwohnerzahl nur um drei Prozent, rechnete Gerald Adolf vor. Wolfgang Weiland möchte jedoch E-Ladestationen bei Wohnungen nicht vorschreiben, sondern nur bei gewerblichen Objekten. „Sonst machen wir das Bauen mit weiteren Vorschriften noch teurer“, ist sein Argument.
Vor einer Entscheidung wollen sich nun die Fraktionen mit den Vorschlägen genauer beschäftigen. Kompromissbereit zeigte sich Wolfram Haines: „Das Ziel muss die Reduzierung des Individualverkehrs sein“, sagte er. Wenn aktuell aber Stellplätze benötigt würden, müsse es diese auch geben.
Carsharing oder nicht, der überzeugte Radfahrer und Dritte Bürgermeister Wilhelm Kugelmann (CSU) erinnert: Ob Carsharing oder Privatwagen – jedes Auto auf der Straße produziere bei jeder Fahrt gleich viel Abgase. „Erst müssen wir die Autos abschaffen, dann die Parkplätze.“
Der Bauausschuss beschloss zudem, dass das Stellplatzkonzept für das geplante Wohngebiet Schusterareal nicht mehr verändert werden sollte. Auch das war Teil des Antrags der Grünen.
Auch ein Carsharing-Auto produziere Abgase, erinnert der Bürgermeister