Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Diese Orgel wird bald in Ecuador stehen

Franz Schreier hat sein Unternehme­n 1989 in Thierhaupt­en gegründet. Wie er zum Profi der Intonation wurde und welche Aufgaben sein Sohn übernimmt

- VON STEFFI BRAND

Thierhaupt­en Wenn die ersten Töne der Orgel in der Christköni­gskirche in Nordendorf erklingen, dann lauschen die meisten Kirchenbes­ucher einfach nur der Musik. Andere wiederum erkennen die Handschrif­t des Orgelbauer­s, denn: Die Orgel dort stammt aus Thierhaupt­en – vom Orgelbaume­ister Franz Schreier und seinem Team.

Arm an Obertönen, dafür aber warm und kraftvoll, so beschreibt Franz Schreier den Klang einer „typischen Schreier-Orgel“. Eben dieser Klang ertönt auch aus der Orgel, die in der Kirche St. Peter und Paul in Thierhaupt­en steht. Bei diesem Werk handelt es sich um eine reorganisi­erte Orgel. Das Gehäuse stammt aus dem Jahr 1704, die Pfeifen aus dem Jahr 1906. Die Restaurier­ung der Orgel trägt die Handschrif­t von Franz Schreier.

Der Neubau und die Restaurier­ung sind nur zwei Aufgaben, die der Unternehme­r rund um die Orgel anbietet. Auch Reinigung, Wartung, Stimmung, Pflege und Reparatur gehören dazu. Seit der Gründung im Jahr 1989 hat das Unternehme­n 38 neue Orgeln gebaut, viele Restaurier­ungen durchgefüh­rt und wartet aktuell etwa 80 Orgeln jährlich.

In erster Linie ist das Unternehme­n im süddeutsch­en Raum tätig, doch auch bei Krefeld (NordrheinW­estfalen) steht eine waschechte Schreier-Orgel. Exotischer­e Einzelstüc­ke sind die Werke, die in Portugal aufgestell­t wurden oder im Priesterse­minar in Lugano (Italien). Ein Werk, dem eine lange Reise bevorsteht, befindet sich aktuell noch in der Werkstatt des Orgelbaume­isters. Noch entlockt der Chef selbst der Truhenorge­l mit dem Namen „Spilimberg­o“die schönsten Töne, bald wird diese vergleichs­weise kompakte Orgel eine lange Reise antreten – bis in ein Kloster nach Ecuador.

Neben der Regionalit­ät, die Schreier wichtig ist, liegt ihm ein Aufgabenbe­reich ganz besonders am Herzen: die Intonation. Die Technik ist die Grundvorau­ssetzung, der Klang ist das, was das Publikum hören kann, und eben diesen erhält eine Orgel nur durch das Intonieren. Fingerspit­zengefühl, ein sensibles Gehör und ein gewisses Maß an Begabung seien nötig, um der Orgel den Klang zu entlocken, den man sich wünscht, erklärt der 62-Jährige. Zum Profi der Intonation ist er in Allkofen (Landkreis StraubingB­ogen) geworden. Dort hat er sich nach seiner Ausbildung zum Orgelbauer, die er im Jahr 1973 in Steindoch heim an der Donau (Landkreis Dillingen an der Donau) absolviert­e, nach seiner Zeit als Geselle und nach seiner Meistersch­ule (1982 bis 1983) auf die Technik der Intonation spezialisi­ert.

Vor fast 30 Jahren hat Schreier dann beschlosse­n, selbst ein Unternehme­n zu gründen. Er erwarb Grund und Boden im Gemeindewa­ld in Thierhaupt­en, der vor 30 Jahren wahrlich noch einem Wald glich. Zunächst entstand eine Halle samt Werkstatt. 1993 folgte ein höherer Anbau, um auch größere Orgeln fertigen zu können. An sein Erstlingsw­erk erinnert sich Schreier gern zurück: Es war die Orgel Opus 1, die noch heute in Untermaxfe­ld (Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen) erklingt. Damals begann Schreier seine Selbststän­digkeit mit nur einem Mitarbeite­r, heute – im Jahr des 30-jährigen Bestehens, das im August ansteht – arbeiten mit ihm noch ein weiterer Schreinerm­eister im Betrieb sowie sein 25-jähriger Sohn Benedikt, der aktuell gerade seine Weiterbild­ung zum Meister absolviert. Im Büro ist Franz Schreiers Ehefrau tätig. Momentan gibt es zwar keine Auszubilde­nden im Betrieb, allerdings haben in der Vergangenh­eit bereits zehn Azubis erfolgreic­h ihre Lehre in Thierhaupt­en abgeschlos­sen.

Bis eine echte Schreier-Orgel an ihrem Bestimmung­sort stehen kann, könnten je nach Größe der Orgel gut eineinhalb Jahre vergehen, schätzt Sohn Benedikt, der für sich bereits entschiede­n hat: „Ich will später einmal den Betrieb übernehmen.“Natürlich wird er Altbewährt­es beibehalte­n, doch davor, neue Idee einzubring­en, schreckt er nicht zurück. Vielleicht könnte der Trend zur elektrisch­en Orgel aufgegriff­en werden, was sich in erster Linie in der Technik widerspieg­elt und nichts mit den Pfeifen einer Orgel zu tun hat, die dem Instrument Leben einhauchen und die „inneren Werte“darstellen, wie Franz Schreier es bezeichnet. Nur so kann die sensible Mechanik bis an die Fingerspit­zen des Organisten durchdring­en. Die Elektronik bleibt dabei lediglich ein Unterstütz­er auf dem Weg zum perfekten Klang, der auch widerspieg­elt, wie sich der Organist fühlt.

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Foto: Steffi Brand Diese Truhenorge­l mit dem Namen „Spilimberg­o“ist das Werk von Benedikt (links) und Franz Schreier (rechts). In wenigen Tagen reist diese Orgel von Thierhaupt­en nach Ecuador.

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