Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Abwehrbollwerk gegen den Abstieg
Wie der TSV Gersthofen mit nur fünf Feldspielern und einer ganz speziellen Taktik den TSV Bobingen bezwingt und jetzt den Klassenerhalt in der Bezirksoberliga wieder selbst in der Hand hat
Gersthofen Eine unfassbare Leistung zeigten die Handballer des TSV Gersthofen beim 22:21-Sieg gegen die hochfavorisierten Gäste aus Bobingen. Allein die Tabellensituation (Elfter gegen Fünfter) sprach gegen die Hausherren. Deutlich schwerwiegender war allerdings der Umstand, dass die Gersthofer noch nicht einmal mit einer Rumpftruppe antreten konnten, sondern sogar den derzeit inaktiven 39-jährigen Abteilungsleiter Samir Babovic mit ins Aufgebot nehmen „mussten“. Tatsächlich bestand das Häuflein der letzten Acht aus dem letzten Rest, der nicht verletzt oder beruflich abwesend war.
Zu den drei Rückraumspielern Markus Walter, Timm Erhard und Andreas Polz und zwei Kreisläufern Andreas Kraus und Florian Küch gesellten sich die beiden etatmäßigen Torhüter Michael Müller und Samir Babovic, die sich während der Angriffe in der eigenen Hälfte aufhielten und versuchten, Tempogegenstöße der Gäste zu verhindern. Interimscoach Andreas Polz (Chefcoach Alexander Polz war zu allem Übel an diesem Tag zudem verhindert) ließ also über die gesamte Spieldauer lediglich die fünf etatmäßigen Feldspielern angreifen. „Dieses Konzept wurde hervorragend umgesetzt und der Gegner so immer in das deutlich schwierigere Positionsspiel gedrängt“, freute sich der Coach, der vor seinem letzten Häuflein der Aufrechten nur den Hut ziehen konnte.
Auf der Gegenseite standen 14 hoch motivierte und junge Spieler, die kein Interesse daran hatten, ihr Auswärtsspiel zu verlieren. Doch das Spiel gestaltete sich dann doch ausgeglichen, die Führung wechselte hin und her. Einen 9:12-Rückstand holten die Gersthofer zum 11:12-Pausenstand auf. Bis zu diesem Zeitpunkt schien die taktische Vorgabe gut zu funktionieren und die Gäste mit dieser ungewöhnlichen Situation nicht gut zurechtzukommen. Die Gersthofer mussten sich immer mit einer Unterzahl-Situation auseinandersetzen und versuchen, individuelle Lösungen zu finden, was der Mannschaft hervorragend gelang. So konnte sich auch Kreisläufer Florian Küch des Öfteren aus ungewohnter Linksaußenposition in die Torschützenliste ein- tragen und insgesamt sechs Treffer erzielen.
Mit Beginn der zweiten Hälfte änderte sich auch die Stimmung in der Halle ganz gewaltig. Die anwesenden Zuschauer haben offenbar bemerkt, dass hier doch vielleicht eine Sensation in der Luft lag und feuerten die Mannschaft aktiv und massiv an. Dieser zusätzliche Schub hat die Hausherren weiter bestärkt und beflügelt. Selbst als diese durch mehrere Zwei-Minuten Strafen nochmals dezimiert waren, konnten sogar eigene Torerfolge verbucht werden. Auch ein 16:18-Rückstand (40.) schreckte die Gersthofer nicht ab, weiter an ihrem Spielkonzept und der aufopferungsvollen Leistung festzuhalten und weiter an Punkte zu glauben. Zwischen Minute 44 und Minute 56 folgte ein unglaublicher 6:0-Zwischenspurt zum 22:18. Bobingen machte in dieser Phase so ziemlich alles falsch, was man nur falsch machen kann.
Normalerweise tritt zu diesem Zeitpunkt die Schwächephase der Gersthofer ein, nicht so in diesem Spiel. Nach diesem Zwischenspurt waren die Kräfte endgültig aufgebraucht und man versuchte, diesen Vorsprung irgendwie über die Zeit zu bringen. In dieser schwierigen Phase konnte sich auch Torhüter Johannes Wittgen auszeichnen und zwei Minuten vor Schluss einen Siebenmeter abwehren. Zwar erzielten die Gäste mit dem Schlusspfiff noch den 22:21-Anschlusstreffer, dieser ging allerdings in dem übermäßigen Jubel der Gersthofer unter.
„Die Leistung ist nicht hoch genug zu bewerten. Allein die Umstände, dass keine Wechselmöglichkeiten im Rückraum vorhanden waren und die Mannschaft über 60 Minuten mindestens mit einem Mann weniger im Angriff auskommen musste, hätten niemanden daran glauben lassen, dass hier ein derartiger Sieg überhaupt infrage kommt“, konstatierte Andreas Polz erschöpft aber überglücklich. „Die Art und Weise, wie hier ein Gegner mit voll besetzter Bank und lauter jungen Spielern in die Knie gezwungen wurde, ist schon recht außergewöhnlich.“
Dieser Sieg führt dazu, dass der Klassenerhalt für den TSV Gersthofen keine Utopie mehr ist, sondern die Mannschaft das wieder selbst in der Hand hat. So steht am Wochenende das wohl wichtigste Spiel der Rückrunde gegen den direkten Tabellennachbarn in Ichenhausen an. „Hier ist ein Sieg Pflicht“, so Andreas Polz.
TSV Gersthofen: Wittgen (Tor), Müller, Babovic, Markus Walter (5/2), A. Kraus (1), Erhard (3), Polz (7), Küch (6).