Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Merkel will Klimapakt mit China
Europa stehe vor „Transformationen von gigantischem historischem Ausmaß“, warnt die Kanzlerin in Davos
Davos Im Kampf gegen den Klimawandel hat Kanzlerin Angela Merkel vor gesellschaftlichen Konflikten gewarnt. Es gebe eine „Sprachlosigkeit“und „Unversöhnlichkeit“zwischen Menschen, die den Klimawandel leugneten, und denjenigen, für die Klimaschutz höchste Dringlichkeit habe. Dies mache ihr Sorgen und müsse überwunden werden, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag bei der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos. „Wir müssen die Emotionen mit den Fakten versöhnen“, so Merkel.
Klimaschutz bedeute Existenzsicherung. Mit den derzeitigen Verpflichtungen der Staaten werde das Ziel nicht erreicht, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf 1,5 Grad zu begrenzen. Darum sieht Merkel die Industrieländer in der Bringschuld. Die Gruppe der 20 größten Industriestaaten (G20) sei für 80 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Daraus entstehe eine technologische Verpflichtung. Nötig sei, unterm Strich keine Treibhausgase mehr auszustoßen und nicht vermeidbare Emissionen auszugleichen. Das seien „Transformationen von gigantischem historischem Ausmaß“. Produktionsprozesse etwa in der Stahlindustrie müssten umgestellt werden. Dabei werde „grüner“Wasserstoff eine große Rolle spielen. Dieser könne außerhalb Europas besser erzeugt werden.
Chancen sieht Merkel in einer Klima-Zusammenarbeit mit China. Dies sei eines der Themen auch beim geplanten EU-China-Gipfel im September in Leipzig. China führe ein Emissionshandelssystem ein, dies könne mit dem europäischen System verknüpft werden, sagte sie. Mit Blick auf den Handelskonflikt zwischen den USA und China sagte Merkel: „Ich möchte keine neue Bipolarität der Welt.“Die gesellschaftliche Ordnung der USA stünde Europa näher, zugleich sei nun aber ein Land, in dem eine kommunistische Partei die „Herrschaft“habe, wirtschaftlich erfolgreich. Europa müsse einen „klugen Weg“finden zwischen der Partnerschaft
mit den USA bei Grundwerten und einem ökonomischen Wettbewerb, in dem Entscheidungen „anders fallen“könnten.
Die Europäer müssten „sehr klug entscheiden, wie wir gerade im Zeitalter der Digitalisierung auch mit chinesischen Angeboten umgehen“, sagte Merkel, ohne den chinesischen Mobilfunkausrüster Huawei beim Namen zu nennen. Es gelte abzuwägen zwischen Sicherheit und der Frage, sich von chinesischer Wertschöpfung zu entkoppeln. „Ich glaube nicht, dass ich mich so besonders sicher mache, wenn ich ganze Anbieter völlig ausschalte und nicht mehr weiß, wie die sich entwickeln“, sagte Merkel.
Mit Blick auf die Lage im Bürgerkriegsland Libyen betonte Merkel, dort dürfe sich nicht wiederholen, was in Syrien geschehen sei. Es dürfe keinen neuen Stellvertreterkrieg geben. Die EU müsse sich stärker für eine geordnete Migration einsetzen. Die ärmsten Länder der Welt wie Niger oder Mali in der Sahelzone bräuchten Unterstützung.