Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Über 1000 Menschen im Fördervere­in

Als das Spital in Dinkelsche­rben vor dem Aus steht, gründet sich ein Verein. Das Ziel: Die beiden Seniorenhe­ime der Stiftung erhalten und stärken. Innerhalb kürzester Zeit wächst die Gruppe rasant. Heute gibt es große Visionen

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben Die Nachricht zum bevorstehe­nden Aus für das Dinkelsche­rber Seniorenhe­im erschütter­te viele Dinkelsche­rber. Das über 400 Jahre alte Spital sollte geschlosse­n werden. Hunderte gingen auf die Straße und protestier­ten dagegen. Immer wieder gab es Protestakt­ionen. Und: Es gründete sich ein Fördervere­in für die beiden Seniorenhe­ime in Dinkelsche­rben und Zusmarshau­sen. Der Verein ist eine Erfolgsges­chichte. Nach nicht einmal einem Jahr hat er nun über 1000 Mitglieder. Und ambitionie­rte Ziele.

Auf die Idee dazu kam der 70-jährige Dinkelsche­rber Josef Guggemos. Beim Bäcker sei er vor etwa einem Jahr auf die Schließung des Spitals angesproch­en worden. Er wollte etwas dagegen tun. Kurzerhand nutzte der gut vernetzte Dinkelsche­rber seine Kontakte und trommelte eine Gruppe Gleichgesi­nnter zusammen. Innerhalb einer Woche gründete sich der „Fördervere­in Bündnis Hospital Dinkelsche­rbenZusmar­shausen“. Von Anfang an standen nicht nur die Dinkelsche­rber hinter der Aktion. Zweiter Vorsitzend­er des Fördervere­ins ist Zusmarshau­sens Zweiter Bürgermeis­ter Robert Steppich. Er sagt: „Wenn das Mutterhaus Probleme hat, können wir als Nachbarn nicht nur zusehen.“Auch wenn ein großer Teil der Mitglieder des Vereins aus Dinkelsche­rben kommt, gibt es zahlreiche Förderer aus Zusmarshau­sen und dem ganzen Landkreis. Guggemos ist es wichtig zu betonen, dass der Verein sich nicht politisch sieht. „Jeder ist bei uns willkommen“– solange er sich für den Erhalt und Ausbau der Seniorenhe­ime starkmache­n möchte.

Lange Zeit war ungewiss, ob das traditions­reiche Spital in Dinkelsche­rben tatsächlic­h erhalten werden kann. Weil es dringend saniert werden muss, wollte die alte Führung des Heims das Spital schließen. Mittlerwei­le hat die Sanierung – unter neuer Führung – begonnen. Auch im Fördervere­in war man zu Beginn skeptisch. „Viele haben am Anfang nicht an die Zukunft des Seniorenhe­ims geglaubt“, sagt Robert Steppich. Erst als die ersten Aktionen des Fördervere­ins starteten, wuchs das Vertrauen. „Josef kam mit der Idee, den Dachboden des Spitals auszuräume­n“, erinnert sich Steppich. „Ich dachte mir: Was soll das bringen?“Schnell wurde klar, dass die Aktion ein Erfolg werden sollte. Denn auf dem alten Dachboden des Spitals schlummert­en teils uralte verborgene Schätze. Die Fundstücke wurden vom Staub befreit, in eine Lagerhalle gebracht und versteiger­t. Der Erlös wurde in den Erhalt des Spitals gesteckt. Weitere Aktionen des Vereins folgten.

So wurde zum Beispiel der alte Innenhof im Spital neu gestaltet. Er galt als Symbol des Stillstand­s und der drohenden Schließung. „Über zwei Jahre lang war er geschlosse­n“, sagt Steppich. Als der Verein damit begann, den Innenhof neu zu pflastern, hatte das eine große Symbolik. Freiwillig­e legten in etwa 400 Stunden ein stolperfre­ies Pflaster in den Hospizgart­en. Einige Unternehme­n aus der Region unterstütz­ten die Aktion. Auch in der Einrichtun­g Zusmarshau­sen ist der Fördervere­in damit beschäftig­t, die Außenanlag­en herzuricht­en. Im Frühjahr soll neu bepflanzt werden. Insgesamt habe der Verein bereits über 4000 ehrenamtli­che Arbeitsstu­nden in diese Aktionen gesteckt, sagt Vereinsvor­sitzender Josef Guggemos. Außerdem ist eine Menge Geld an Spenden zusammenge­kommen. Aktueller Kontostand: 50000 Euro. Hinzu kommt das Geld, das bereits wieder investiert wurde.

Allein durch die Mitgliedsb­eiträge des Vereins geht das nicht. Die liegen bei symbolisch­en 16,05 Euro im Jahr, eine Anspielung auf das Gründungsj­ahr 1605 des Spitals. Außerdem finanziert der Verein seine Aktionen durch Spenden, zum Beispiel von Benefizver­anstaltung­en oder Firmenfeie­rn. Guggemos setzt des Weiteren auf sogenannte „XXL-Förderer“, also Menschen, die jährlich mehr als 1000 Euro an den Fördervere­in zahlen.

Davon gebe es derzeit 17, Tendenz steigend. Auch wenn die Vorsitzend­en mit der Entwicklun­g der Mitglieder­zahlen zufrieden sind, am Ziel sind sie noch lange nicht. „Wir wollen mehr Mitglieder als der FC Augsburg“, sagt Guggemos selbstbewu­sst. Das sind derzeit etwa 18000 Menschen. Ein ambitionie­rtes Ziel. Der 70-Jährige hat allerdings eine große Vision. Der Fördervere­in setze sich für eine Schule für Pflegeberu­fe ein, die auf einem der Grundstück­e der Stiftung entstehen solle. Noch ist das nur eine Idee. Pläne dazu hat er aber bereits unter anderem der noch amtierende­n Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml vorgestell­t. „Unser Ziel ist es, eine solche Schule bis 2025 zu realisiere­n“, sagt Guggemos. Damit könne der Landkreis dem Mangel an Pflegepers­onal begegnen. Bis dahin gibt es auch bei den bestehende­n Heimen noch viel zu tun. Derzeit wird der erste Abschnitt des Spitals renoviert – und natürlich unterstütz­en auch ehrenamtli­che Mitglieder des Fördervere­ins auf der Baustelle.

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 ?? Archivfoto­s: Marcus Merk ?? Nicht nur die Bürger von Dinkelsche­rben machten gegen die geplante Schließung des 400 Jahre alten Spitals mobil. Es gründete sich ein Fördervere­in, dem mittlerwei­le mehr als 1000 Menschen angehören.
Archivfoto­s: Marcus Merk Nicht nur die Bürger von Dinkelsche­rben machten gegen die geplante Schließung des 400 Jahre alten Spitals mobil. Es gründete sich ein Fördervere­in, dem mittlerwei­le mehr als 1000 Menschen angehören.
 ??  ?? Diese Koffer sind nur ein Teil der Fundstücke, die auf dem Dachboden des Dinkelsche­rber Spitals gefunden und verkauft wurden.
Diese Koffer sind nur ein Teil der Fundstücke, die auf dem Dachboden des Dinkelsche­rber Spitals gefunden und verkauft wurden.
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Selbst Kirchenbän­ke fanden sich auf dem Dachboden.

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