Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was die Lebensqualitä
Es gab Zeiten, in denen Augsburg als versn galt. Sie sind Vergangenheit. Heute ziehen viele hierher, auch wegen der Lebensqualität. Wie vier Menschen auf die Staauen – und was die Politik noch anpacken kann
Stefan Schwab lebt seit ein paar Jahren in Millionenmetropolen. Im australischen Melbourne etwa, oder in Singapur. Jetzt gerade ist das Silicon Valley südlich von San Francisco sein Zuhause. Dort, wo die ganz großen Technologieunternehmen sitzen. Facebook, Google, Apple, und wie sie alle heißen. Näher am Puls der Zeit geht wohl nicht. Und der Puls schlägt dort schnell. Umso überraschter ist der 40-Jährige immer, wenn er wieder in seine Heimatstadt Augsburg zurückkehrt. Auch wenn die Uhren am Perlachturm ab und an nachgehen, in der von ihm 9401 Kilometer entfernten Fuggerstadt bleibt die Zeit freilich auch nicht stehen. Das stellt der Geschäftsführer eines Start-up-Unternehmens jedes Mal aufs Neue fest, wenn er hier Familie und Freunde besucht. „Augsburg wird über die Jahre immer jünger. Ständig gibt es etwas Neues, egal ob neue Restaurants, Shoppingmöglichkeiten oder kulturelle Angebote.“Stefan Schwab hat schon einige Städte kennengelernt. Doch Augsburg bleibt sein Lieblingsdomizil. Warum? „Weil es die richtige Größe hat und unglaublich viel Lebensqualität bietet“, sagt Schwab. Lebensqualität – ein schwammiger Begriff, der von vielen subjektiven Eindrücken zusammengehalten wird. Was macht die Lebensqualität aus und wie ist es um sie in Augsburg bestellt? Begeben wir uns auf Spurensuche.
Wir starten bei Markus Hilpert. Der 49-Jährige ist als Privatdozent an der Augsburger Universität am Lehrstuhl für Humangeografie und Transformationsforschung tätig. Hilperts Steckenpferd ist die Stadtentwicklung. Dazu zählt er auch die Lebensqualität, die eine Stadt bietet. Wie es sich in Augsburg und im Landkreis lebt, haben der Dozent und Studenten vor einigen Jahren mit aufwendigen Bürgerbefragungen untersucht. Die Ergebnisse erschienen 2013 in einem sogenannten Wohlfühlatlas. „Das war damals interessant“, sagt er rückblickend. „Es ging die Mär um, dass der Augsburger ein unzufriedener Grantler sei. Dabei kam bei der großen Untersuchung heraus, dass die Augsburger sehr glücklich sind und gerne in ihrer Stadt leben.“Für Lebensqualität, sagt er allerdings, „gibt es bislang keine allgemein anerkannte Definition“. Durchgesetzt habe sich das Begriffsverständnis der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Demnach handelt es sich bei der Lebensqualität um die subjektive Wahrnehmung eines Menschen, über seine Stellung im Leben in Relation zur Kultur und zu den Wertesystemen, in denen er lebt – und in Bezug auf seine Ziele, Erwartungen, Standards und Anliegen. „Lebensqualität“, so ist es auch im 2013 erschienenen Wohlfühlatlas zu lesen, „ist ein komplexes Produkt, das durch eine Vielzahl harter und weicher Faktoren beeinflusst wird.“
Das städtische Amt für Statistik fühlt alle zwei Jahre in seiner Bürgerumfrage, in Kooperation mit der Uni, den Augsburgern auf den Zahn. Dabei werden eher die harten Faktoren abgeklappert. Wie etwa die Zufriedenheit mit Angeboten und Einrichtungen der Stadt. Die Untersuchung aus 2019 muss noch ausgewertet werden. Die aktuellste Bürgerumfrage, die vorliegt, ist aus dem Jahr 2017. Sie gibt einen guten Überblick, was die Augsburger an ihrer Stadt schätzen und was sie stört. 4532 Bürger nahmen daran teil. Befragt nach den Stärken und Schwächen der Stadt gibt es zwei Ausreißer nach oben und zwei nach unten. Beginnen wir mit denen nach unten. Sie überraschen kaum.
Am negativsten bewerten die Bürgerinnen und Bürger die Grundstücks- und Immobilienpreise sowie die Mietpreise. Das ist kein Wunder. Schließlich sind die Immobilienpreise in den vergangenen vier Jahren um 60 Prozent gestiegen. Die Kaufpreise gehen sogar noch steiler nach oben als die Mieten. Bezahlbarer Wohnraum wird in der Stadt demnach immer knapper. Das merken auch Neu-Augsburger, wie Kate Allen. Die ausgebildete Opernsängerin aus dem irischen Dub wohnt erst seit dem vergangenen Juli in Augsburg. A beruflichen Gründen kam sie hierher. Die 34-Jähr singt am Augsburger Staatstheater. Schwer sei es gew sen, in Augsburg eine Wohnung zu bekommen, me sie. In Lechhausen wurde die Künstlerin schließl fündig. „Kein Wunder, dass die Wohnungssuche schwierig ist“, sagt Allen und lacht. „Augsburg ist e fach so schön.“Und damit wären wir bei den Vorzüg der Stadt. Als die größte Stärke Augsburgs gilt bei d Bürgern laut zuletzt veröffentlichter Umfrage die G schichte der Stadt, wie übrigens die Jahre zuvor au schon. Die Geschichte? Moment – was hat die mit L bensqualität zu tun?
Wissenschaftler Hilpert erklärt es. „Diese außer wöhnliche Geschichte der Stadt ist etwas, worauf Augsburger stolz sind. Sie hat einfach so viele Facet von den Römern über die Fugger und Leopold Moz bis hin zu Bertolt Brecht und Rudolf Diesel.“Wa Amerikaner Stefan Schwab etwa ist ein Augsburger, sich damit identifiziert. Er schätzt die Geschichte sei Heimatstadt. „Wenn ich im Ausland bin, kennt m dort meist nur München, aber nicht Augsburg.“Er kläre dann umgehend, dass Augsburg viel älter sei u eine über 2000 Jahre alte Geschichte habe. „Das find viele interessant. Einige meiner Kollegen sind sch nach Deutschland gereist, um sich Augsburg an schauen.“So kann er sich anhören, der Stolz der Au burger auf ihre Stadt. Was die Bürger noch sehr posi bewerten? Das, worum es hier geht: die Lebensquali ihrer Stadt. Schließlich ist es wicht was die Stadt bietet. Am bes schneiden bei der Bürgerumfrage Naherholungsmöglichkeiten ab. H fällt die jüngste Bewertung sogar no positiver aus als in den Jahren zuv Sicherlich auch, weil die Mensch immer mehr Wert auf Freizeit u Natur legen. Denn, wie Humang graf Markus Hilpert betont, die We der Gesellschaft haben sich in den vergangenen Jah massiv verschoben – weg von den materiellen Ding hin zu den immateriellen. Dazu zählt freilich die Um bung mit ihrer Natur. Von der ist die irische Operns gerin Allen besonders angetan. Die 34-Jährige schä an der Stadt die Naherholungsmöglichkeiten. „Man schnell in den Alpen oder am Starnberger See. Auß dem ist Augsburg selbst so eine grüne Stadt. Ich lie zum Beispiel den Kuhsee“schwärmt sie.
Auch in der Augsburger Naherholung habe sich in d vergangenen Jahren einiges getan, bekräftigt Hilpert. denkt etwa an die Wertach. „Früher war die Wertach ihrem Hochwasser ein Schreckgespenst. Mit Wertach tal hat sie sich vom Angstraum zu etwas Schönem ent ckelt.“Allein die Kulperhütte sei ein schönes und beli tes Ausflugsziel. Ähnliche Anziehungskraft verspricht sich von der geplanten Gastronomie am Lechhauser F ßerpark, direkt am Lech. „Solche Dinge sind gute Ans ze.“Was die Bürger laut der Umfrage ebenso schätz ist das Angebot der Büchereien und Bibliotheken in Stadt. Hier dürfte die Zufriedenheit künftig weiter st gen. Schließlich werden die Stadtteilbüchereien in G gingen und Lechhausen nicht nur größer, sondern au modernisiert. Die Lechhauser Bücherei soll sogar e der modernsten Deutschlands werden. Unzufriede zeigen sich die Augsburger mit den Schwimmbäde Gut schneiden die allgemeinen Einkaufsmöglichkei ab. 88,5 Prozent der Befragten sind demnach mit d Shopping-Angeboten zufrieden, wobei sich die jünge Altersgruppen positiver zeigen als die älteren. Über Drittel der 60- bis 70-Jährigen bemängeln das Ange an Fachgeschäften.
Die Angebotsvielfalt der Sportvereine wird ebenf als ein Vorzug Augsburgs betrachtet. Stefan Schw selbst sportbegeistert, bestätigt das. Was Sportmögli
„Augsburger sind sehr glücklich und leben gerne hier.“