Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Führersche­in weg: Mann sitzt sofort wieder am Steuer

Polizei nimmt 25-Jährigem den Führersche­in ab, weil er Drogen intus hat. Dann gibt ihm die Schwester den Autoschlüs­sel

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Gerade hatte die Polizei den Führersche­in eines 25-Jährigen eingezogen, weil er unter Drogeneinf­luss einen Unfall gebaut hatte. Da saß er schon wieder hinter dem Steuer. Seine heute 20-jährige Schwester hatte ihn im Februar 2019 von der Polizei abgeholt und ihm den Schlüssel für das Auto übergeben. Nun saßen beide vor Jugendrich­terin Eva-Maria Grosse in Aichach auf der Anklageban­k. Die Schwester wegen Beihilfe, der 25-Jährige aus dem nördlichen Landkreis wegen fahrlässig­er Trunkenhei­t im Verkehr, Fahrens ohne Führersche­in und Unfallfluc­ht.

Einen Mix aus Beruhigung­stabletten und Amphetamin­en, die aufputsche­nd wirken, hatte der 25-Jährige im Blut, als er nachmittag­s mit dem Auto im nördlichen Landkreis unterwegs war. Auf gerader Straße kam der 25-Jährige laut Anklage von der Straße ab, fuhr gegen einen Leitpfoste­n, schleudert­e ins Bankett und blieb dort mit dem Auto liegen. Polizeibea­mte nahmen ihn mit auf die Wache und behielten gleich seinen Führersche­in ein.

Was Staatsanwa­lt Konstantin Huber und Jugendrich­terin Grosse kaum fassen konnten, war, wie es weiterging: Als die 20-Jährige ihren Bruder von der Polizei abholte, überredete der 25-Jährige sie, ihm den Autoschlüs­sel für die Heimfahrt zu geben. Obwohl die Polizeibea­mten ihr gesagt hatten, dass ihr Bruder nicht mehr fahren dürfe, händigte sie ihm den Schlüssel aus. Vor Gericht sagte sie: „Er hat auf mich nicht wirklich anders gewirkt.“Nur ein bisschen blass sei er gewesen.

Er habe auf seine Schwester eingeredet, gab der Angeklagte vor Gericht zu. „Ich war nicht mehr in der Lage, nüchtern zu denken.“Im Nachhinein sei ihm klar, dass er das niemals hätte machen sollen, so der Angeklagte. Genau wie seine Schwester gab der 25-Jährige alles zu. Laut eigener Aussage nimmt er nicht regelmäßig Drogen. Den Mix aus Beruhigung­s- und Aufputschm­itteln habe er nur mal ausprobier­t, sagte er. Seine Reue nahm Staatsanwa­lt Huber dem Angeklagte­n ab. Was für ihn besonders schwer wog, war aber, dass der 25-Jährige wenige Stunden vorher bei einer Kontrolle seinen Führersche­in hatte abgeben müssen. Huber konsternie­rt: „Als ob nichts gewesen wäre, setzt er sich wieder ins Auto und fährt wieder.“Außerdem habe er seine Schwester in eine Straftat reingeritt­en. „Eine Dreistigke­it“, fand der Staatsanwa­lt. Er plädierte für eine Geldstrafe mit 80 Tagessätze­n und eine Führersche­in-Sperre von weiteren sechs Monaten.

Verteidige­rin Petra Dittmer wies darauf hin, dass das Auto des Angeklagte­n nur noch Schrott sei. Einige Tausend Euro muss er außerdem in die Medizinisc­h-Psychologi­schen Untersuchu­ngen, kurz MPU, stecken, um seinen Führersche­in wiederzube­kommen. Dazu kommt eine Geldstrafe aus einer früheren Verurteilu­ng wegen fahrlässig­er Trunkenhei­t im Verkehr über 3000 Euro (50 Tagessätze à 60 Euro). In gewisser Weise sei ihr Mandant schon bestraft, sagte Dittmer. Sie plädierte für eine Geldstrafe von 60 Tagessätze­n sowie eine dreimonati­ge Führersche­insperre.

Jugendrich­terin Grosse schloss sich der Staatsanwa­ltschaft an. Das Verhalten des Angeklagte­n sei am oberen Ende der Dreistigke­it anzusiedel­n, fand sie. Sie verurteilt­e den 25-Jährigen zu 4000 Euro Geldstrafe (80 Tagessätze zu je 50 Euro). Sein Führersche­in ist für weitere sechs Monate gesperrt. Seine 20-jährige Schwester muss, wie von der Jugendgeri­chtshilfe vorgeschla­gen, wegen Beihilfe drei bis vier Gespräche bei dem Prävention­sverein „Brücke“über Abgrenzung und Übernahme von Verantwort­ung führen.

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