Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Linie 5: Thema ist kein Knaller für Wahlkampf
Im Noch-Regierungsbündnis gibt es zweieinhalb Wochen vor der Wahl Ärger wegen des Vorstoßes der Sozialdemokraten zur Trassierung der Straßenbahnlinie
Zweieinhalb Wochen vor der Kommunalwahl fangen die Parteien jetzt doch noch an, Themen-Ping-Pong zu spielen. Der Vorstoß der SPD, die Rosenau-Variante für die Straßenbahnlinie 5 vorrangig zu prüfen, stößt postwendend auf Widerspruch der CSU und auch der Grünen. Vermutlich wird die Debatte aber damit ihr Ende haben, denn zum Wahlkampfschlager taugt das Thema nicht.
Die Politik kann momentan nicht fundiert diskutieren, geschweige denn entscheiden, weil öffentlich keine Entscheidungsgrundlagen bekannt sind. Die arbeiten die Stadtwerke gerade aus, in Abstimmung mit der Regierung von Schwaben, die letztlich über die Zulässigkeit der Pläne zu entscheiden hat. Welche Trasse wäre technisch und verkehrlich möglich, brächte welche Fahrtzeiten und Fahrgastpotenziale, hätte welche Umweltauswirkungen – all das sind interessante Fragen, auf die es aktuell noch keine Antworten gibt. Die SPD hat schon recht, dass die Streckenführung geradeaus zur Ackermannbrücke der schnellste Weg wäre, doch die Frage der Leistungsfähigkeit der Kreuzung Pferseer/Rosenaustraße ist unbeantwortet. Dass an dieser seit dem Kö-Umbau staugeplagten Kreuzung noch zwei Linien (bestehende 3 und geplante 5) abbiegen bzw. geradeaus durchfahren könnten, ist schwierig vorstellbar. Auch dazu braucht es aber mehr Informationen.
Insgesamt hat sich die Politik in der Trassendiskussion bisher nicht mit Ruhm bekleckert. Die Planungen dieser zugegebenerweise schwierig zu führenden Linie dauern Jahre, mit einem Hin und Her zwischen verschiedenen Trassenvarianten (auch abweichend vom Bürgervotum aus der Beteiligung). Nun läuft die Zeit davon, denn wenn bis 2023 aus dem bis dahin voraussichtlich fertiggestellten Bahnhofstunnel auf der Westseite eine Straßenbahn herauskommen soll, darf es keine Verzögerungen beim Gleisanschluss mehr geben. Nach jahrelangem Vorlauf wird der Stadtrat im Sommer eine Entscheidung unter Zeitdruck zu fällen haben.
Zweieinhalb Wochen vor der Kommunalwahl liefern sich die Koalitionspartner CSU und SPD einen Schlagabtausch um den Verlauf der geplanten Straßenbahnlinie 5. CSU-Fraktionsvorsitzender Bernd Kränzle wirft SPD-OB-Kandidat Dirk Wurm vor, mit seinen Vorschlägen „unangebracht“und „unseriös“zu agieren. Die nördliche Rosenaustraße aktuell zum Favoriten zu erklären, wirke eher aktionistisch, denn besonders sachkundig, so Kränzle.
Wie berichtet hat die SPD gefordert, von der aktuell bevorzugten Variante durch Pferseer bzw. Hörbrotstraße und Holzbachstraße Abstand zu nehmen und stattdessen im Hinblick auf die Fahrzeit zur Uniklinik die nördliche Rosenaustraße verstärkt in die Prüfung zu nehmen. Die SPD setzt damit auf einen Vorschlag, der von den Verkehrsexperten
Herbert König (früher SPD-Stadtrat in Augsburg und zuletzt Chef der Münchner Verkehrsbetriebe) und Rainer Schnierle (früherer Netzplaner der Stadtwerke) stammt und seit etwa einem Jahr in der Diskussion schwebt.
Hier setzt die Kritik der CSU an, die damals eine Prüfung dieser Konzeption forderte, wobei zwischen den Zeilen deutlich herauszulesen war, dass man wenig von der Rosenau-Variante hält. In jedem Fall, so Kränzle, frage er sich, was die SPD nun veranlasst habe, dieses Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Die RosenauVariante wurde schon in der Bürgerbeteiligung vor sieben Jahren voruntersucht. Die Stadtwerke prüfen den Vorschlag – wie viele andere Varianten auch – zusammen mit der Regierung von Schwaben, die für die Genehmigung der Trasse zuständig ist, schon seit Monaten. Einen offiziellen Bauantrag für die Linie 5 haben die Stadtwerke noch nicht gestellt, weil vorab der Stadtrat noch über eine Vorzugsvariante abschließend entscheiden muss. Das wird wohl eine Aufgabe des künftigen Stadtrats sein.
„Es ist nicht Aufgabe der Politik,
Archivfoto: Silvio Wyszengrad die Ergebnisoffenheit hellseherisch vorwegzunehmen, schon gar nicht wenn man wie Herr Wurm in keinem einzigen Aufsichtsrat der Stadtwerke sitzt“, sagt Kränzle. Wer seriös sein wolle, müsse „verkehrspolitische Ideenfeuerwerke“ erst auf ihre Machbarkeit prüfen, bevor er damit an die Öffentlichkeit gehe.
Voraussichtlich werden auch die Grünen auf Distanz zum Regierungspartner SPD gehen. Sie wollen am Donnerstag auf einer Pressekonferenz zum Thema Verkehr Stellung zur Linie-5-Diskussion beziehen. Auch das Thema 365-Euro-Ticket dürfte eine Rolle spielen, wobei SPD und Grüne gleichermaßen ein solches fordern.
Die CSU zieht bei diesem Thema hingegen nicht mit. Dass die Sozialdemokraten „nach altem SPDMuster wieder den schwarzen Peter in Richtung Freistaat schieben“, sei bezeichnend.
Wer ein 365-Euro-Ticket fordere, müsse selbst Vorschläge zur Finanzierung unterbreiten, statt auf andere zu verweisen, so Kränzle. Die SPD werde angesichts schlechter bayernweiter Umfragewerte wohl nervös.