Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ärger in der Ägäis
Streit um neue Flüchtlingslager eskaliert: Mehr als 50 Polizisten verletzt
Athen Auf den griechischen Inseln in der östlichen Ägäis spitzen sich die Spannungen um den geplanten Bau neuer Flüchtlingslager weiter zu. Bei Auseinandersetzungen wurden mehr als 52 Polizisten und zehn Demonstranten verletzt. Die Regierung will die Aufnahmelager auf den Inseln, die total überfüllt sind und wegen ihrer menschenunwürdigen Bedingungen international in der Kritik stehen, durch geschlossene Container-Camps ersetzen. Ziele sind bessere Lebensbedingungen für die Migranten und mehr Sicherheit für die Inselbewohner.
Auf der Insel Lesbos, wo die Regierung für den Bau eines neuen Lagers Grundstücke enteignen will, protestierten aufgebrachte Einwohner mit Steinwürfen und Schrotflinten gegen das auf dem Bauplatz stationierte Polizeiaufgebot. Die Beamten antworteten mit Tränengas, Pfefferspray und dem Einsatz von Schlagstöcken. Auf der Nachbarinsel Chios stürmten Bewohner ein Hotel, in dem Bereitschaftspolizisten untergebracht sind. Die Eindringlinge schlugen auf die schlafenden Polizisten ein. Geprüft wird, ob die Demonstranten bei der Erstürmung des Hotels auch Schusswaffen der Beamten erbeuteten. In Athen rief Migrationsminister Notis Mitarakis zur Besonnenheit auf.
Auf den Ägäis-Inseln, die unmittelbar vor der türkischen Küste liegen und deshalb bevorzugt von den Schleusern angesteuert werden, warteten nach offiziellen Angaben am Mittwoch 42162 Migranten auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge. Die Unterkünfte sind für weniger als 8000 Menschen ausgelegt.
Die Überfüllung ist ein Ergebnis der schleppenden Asylverfahren, die sich Jahre hinziehen können. Zudem kommen wieder mehr Migranten aus der Türkei. Seit Anfang Januar stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent. Die Regierung will jetzt die Asylverfahren beschleunigen. Sie sollen höchstens drei Monate dauern. Abgelehnte Bewerber will man zügig in die Türkei zurückschicken, um die Inseln zu entlasten. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die geplanten geschlossenen Lager. Sie sollen verhindern, dass abgelehnte Asylbewerber untertauchen.