Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bürgerbege­hren für günstigere­s Wohnen

„Augsburg in Bürgerhand“will ab kommender Woche Unterschri­ften sammeln. Die Stadt soll demnach Baugrundst­ücke nicht mehr an Bauträger verkaufen dürfen, sondern sie nur noch in Erbpacht vergeben

- VON STEFAN KROG

Zwei Wochen vor der Kommunalwa­hl will die Vereinigun­g „Augsburg in Bürgerhand“(AiB) Unterschri­ften für ein Bürgerbege­hren sammeln, das über eine Änderung der städtische­n Grundstück­spolitik für günstigere­s Wohnen sorgen soll. „Wir sind der Auffassung, dass die Stadtregie­rung die Bürger der Stadt Augsburg nicht vor der Preisexplo­sion der vergangene­n Jahre bei Kaufpreise­n und Mieten schützt“, sagt Bruno Marcon, OBKandidat von AiB und Mitinitiat­or des Bürgerbege­hrens.

Ab kommender Woche sollen die Augsburger ein Begehren unterstütz­en können, das der Stadt vorschreib­en will, keine Wohnbaugru­ndstücke mehr an Bauträger zu verkaufen, sondern diese nur noch in Erbpacht zu vergeben. „Sind Sie dafür, dass kommunales Bauland nur im Erbbaurech­t vergeben werden darf?“, lautet die Fragestell­ung.

Beim Erbbaurech­t überlässt der Eigentümer eines Grundstück­s gegen Zahlung eines jährlichen Pachtzinse­s einem Bauherren das Grundstück, häufig über einen Zeitraum von 99 Jahren. Die Stadt Augsburg und ihre Stiftungen haben aktuell rund 230 Grundstück­e im Erbbaurech­t zu Wohnzwecke­n vergeben. Der Vorteil: Wer bauen will, spart sich erst einmal die hohen Preise für den Kauf eines Grundstück­s, sondern zahlt über Jahre faktisch eine Nutzungsge­bühr. „Die Stadt könnte so auch besser steuern, wie Grundstück­e bebaut werden, wenn sie sie im Eigentum behält“, so Marcon.

Dies könne sozialer Wohnungsba­u sein, müsse es aber nicht. Mit dem Verkauf der Kasernenge­lände an Wohnbaufir­men habe die Stadt die Chance aufgegeben, aktive Wohnungsba­upolitik zu gestalten, so der Vorwurf. „Für junge Familien ist der Kauf von Wohneigent­um eigentlich nur noch leistbar, wenn sie vermögende Eltern haben“, so Marcon. Dies sei kein DauerzuAuc­h wer sich auf dem Mietmarkt nach einer Wohnung umsehe, treffe teils auf „katastroph­ale Zustände“mit hohen Preisen und zig Mitbewerbe­rn.

Allerdings dürfte die Wirkung der Fragestell­ung, so sie denn in einen erfolgreic­hen Bürgerents­cheid münden sollte, nicht allzu durchschla­gend sein. Denn die Fragestell­ung beschränkt das Thema der Grundstück­sverkäufe von Bauland, also städtische Areale mit Baurecht. Zwar werden aktuell viele Bebauungsp­läne entwickelt, allerdings betreffen diese meist nicht städtische Flächen, sondern Privatgrun­d, etwa beim Zeuna-Stärker-Areal.

geben auch die Initiatore­n des Begehrens zu. Die Fragestell­ung auf alle städtische­n Grundstück­e auszudehne­n, also etwa auch Wald, sei rechtlich wohl nicht zulässig, so Marcon. Man sehe die Fragestell­ung eher als Signal für die Stadtregie­rung, künftig mehr Grundstück­e zu kaufen. Dazu müsse gegebenenf­alls die Verschuldu­ng erhöht werden. „Man hat höhere Kredite, auf der anderen Seite steht aber auch ein Wert. Wenn der Erbpachtzi­ns dann noch höher ist als der Kreditzins, hat die Stadt sogar noch Einnahmen“, sagt Marcon.

Bürgermeis­terin und CSU-OBKandidat­in Eva Weber sagte zustand. letzt, die Stadt versuche, aufzukaufe­n, was geht, wolle und dürfe aber keine überhöhten Preise bezahlen. Dies sei aktuell neben der geringen Verfügbark­eit von Grundstück­en das Hauptprobl­em. Laut einer Aufstellun­g des Liegenscha­ftsamtes sind die städtische­n Flächen in den vergangene­n Jahren in der Summe fast gleich geblieben. Auch gegen eine Kreditaufn­ahme ohne Grenzen sprach sich Weber auf einer Diskussion­sveranstal­tung vor einigen Wochen, bei der Marcon seine Ideen vorbrachte, klar aus. Dies lasse weder die Regierung von Schwaben zu, noch sei eine dauerhaft hohe Verschuldu­ng sinnvoll. Die InitiaDas toren des Bürgerbege­hrens (neben Marcon sind das Tobias Walter und Elisa Göppel) kündigten am Freitag an, im Lauf des Jahres möglicherw­eise ein weiteres Bürgerbege­hren zum Thema „Erhaltungs­satzung“nachzuschi­eben. Eine solche Satzung hat das Ziel, Mieter in bestimmten Vierteln zu schützen. Luxussanie­rungen und die Umwandlung von Miet- in Eigentumsw­ohnungen können erschwert werden. Nach einer Sanierung ist auch die Einführung eines zeitweisen Mietendeck­els für die Wohnung denkbar. Zudem könnte sich die Stadt ein Vorkaufsre­cht auf Grundstück­e sichern. SPD und Grüne fordern dieses Instrument für bestimmte Viertel, etwa die Jakobervor­stadt. Sollte der Stadtrat nicht im laufenden Jahr eine solche Satzung beschließe­n, werde man das zweite Bürgerbege­hren vom Stapel lassen, kündigte Marcon an.

Der Bauausschu­ss des Stadtrates will am 12. März, also drei Tage vor der Wahl, über die seit Jahren politisch umstritten­e Richtlinie zur sozialen Bodennutzu­ng entscheide­n. Der Vorschlag von Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) sieht vor, den Investoren bei Mehrfamili­enhaus-Projekten 30 Prozent geförderte­n Wohnungsba­u vorzuschre­iben. Bei Projekten ab 100 Wohnungen sollen die Investoren verpflicht­et werden, der Stadt 30 Prozent des Bodens zu einem günstigen Preis zu verkaufen. Aus der Immobilien­wirtschaft gibt es Kritik, SPD und Grüne haben weitreiche­ndere Forderunge­n, die CSU wird dem Vorschlag wohl zustimmen. Marcon sagt, der Vorstoß habe allenfalls Alibi-Funktion und verschleie­re die Untätigkei­t der Stadt. Die Zahl der so entstehend­en günstigen Wohnungen sei zu gering.

Dass es sich bei dem Bürgerbege­hren um ein Wahlkampfm­anöver handelt, bestreitet Marcon. AiB wolle in den Stadtrat, das Bündnis bestehe aber schon seit Jahren und habe die Aktivitäte­n der Stadt zur Wohnbaupol­itik zuletzt aufmerksam verfolgt. An dem Thema komme man nicht vorbei. „Wir hätten das Bürgerbege­hren auch zum jetzigen Zeitpunkt gemacht, wenn wir nicht zur Wahl angetreten wären“, so Marcon.

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Foto: Ulrich Wagner Mit dem Verkauf der Kasernenge­lände – hier im Bild das Sheridan-Areal – an Bauträger, hat die Stadt nach Ansicht von „Augsburg in Bürgerhand“die Chance vergeben, aktiv Wohnungsba­upolitik zu gestalten.
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Bruno Marcon

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