Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Probleme mit Gewicht und Motivation

Nach einer langen Winterpaus­e fällt es nicht allen Kickern leicht, sich für das Training neu zu begeistern. Vor allem dann, wenn die Pfunde mehr geworden sind und das Wetter schlecht ist. Aber einer will von 101 auf 84 Kilo

- VON GÜNTHER HERDIN UND OLIVER REISER

Landkreis Ihr Gewicht hat sie nie daran gehindert, Tore zu schießen. Ob Bremens „Kugelblitz“Ailton oder Bayern Münchens „Kleines dickes Müller“– sie waren von ihren Gegenspiel­ern nur schwer zu stoppen. Auf die Waage sind die beiden Bundesliga-Goalgetter, so sagt man, nie gerne gestiegen. Gleiches gilt auch für Ali Dabestani, der während seiner aktiven Zeit oft mit dem „Bomber der Nation“verglichen wurde.

„Ich war schon lange nicht mehr auf der Waage“, gesteht der 40-Jährige, der als Torjäger für den TSV Gersthofen, TSV Landsberg, TSV Wertingen oder TSV Meitingen serienweis­e ins Schwarze traf. „Schon zu meiner aktiven Zeit hatte ich 94 Kilo. Das hat mich ziemlich aufgeregt. Jetzt liegt mein Gewicht vermutlich im dreistelli­gen Bereich“, lacht der Gersthofer, der vor sechs Jahren mit dem Kicken aufgehört hat. Seitdem liegen die sportliche­n Aktivitäte­n mehr oder weniger brach. „Dabei ist meine Frau TRXTrainer­in. Sie hat es mit mir schon ein paar Mal versucht, zumal hier mit dem eigenen Gewicht gearbeitet wird“, berichtet Dabestani. Aber: „Ich esse gerne und manchmal auch viel“, gibt der gebürtige Iraner zu. Oft komme es vor, dass er sich abends die Schokolade spart, aber am nächsten Tag den Schokorieg­el dann doch verspeist. „Zur Champions League greife ich auch schon mal zu Chips“, gesteht er.

Als Trainer hatte es Ali Dabestani seltenst mit übergewich­tigen Spielern zu tun gehabt. Er hat jedoch hier die Erfahrung gemacht, dass einem topfit austrainie­rten Kicker zwei Kilo Übergewich­t aus der Winterpaus­e wesentlich stärker zu schaffen machen, als einem, „der von Haus aus breit ist.“Nach der Trennung vom TSV Friedberg fehlt ihm jetzt schon etwas. „Ich werde aber in allernächs­ter Zeit wieder etwas machen“, verrät er. Mehr lässt er sich dazu nicht entlocken.

Ein absoluter Spezialist für den bekannten Jo-Jo-Effekt ist Nicolas Korselt. Der inzwischen 33-Jährige schnürte seine Fußballsti­efel für den FC Gundelfing­en, die SSV Höchstädt, den TSV Gersthofen. Jetzt kickt er beim TSV Wertingen II in der Kreisklass­e. Sein aktuelles Gewicht schätzt Korselt auf 101 Kilogramm. Viel zu viel, um beim ersten Punktspiel am 29. März in bester Form zu sein. „Ich werde bis dahin auf 84 Kilogramm abspecken“, sagt der Vollblutst­ürmer den überflüssi­gen Pfunden einmal mehr den Kampf an.

Im Advent, über Weihnachte­n, Neujahr und in den Wochen danach genießt Korselt seit vielen Jahren die schwäbisch­e Küche und gönnt sich neben gut belegten Salamibrot­en am Abend auch so manches Feierabend­bier. „Ich bin schon ein Genussmens­ch“, gesteht der Wertinger. Doch damit ist für ihn seit Faschingse­nde Schluss. Seitdem ist

Korselt wieder voll auf Fußball fixiert, hängt sich voll im Training rein und isst allenfalls noch die Hälfte. Um einigermaß­en fit zu werden, wird er im März zwei Wochen lang nur vegane Kost zu sich nehmen. Die Wintervorb­ereitung sei angesichts seines sprunghaft­en Gewichts mitunter schon etwas stressig, Motivation­sprobleme habe er aber deshalb nicht. Korselt: „Dafür macht mir der Fußball noch immer zu viel Spaß.“

Dass die Winter-Vorbereitu­ng nach fast drei Monaten Pause nicht allen Akteuren leicht fällt, das hat

Peter Piak vom SV Kicklingen-Fristingen auch bei seinen vorigen Trainer-Stationen in Schretzhei­m, Wertingen, Meitingen, Höchstädt, Gundelfing­en und Pfaffenhof­en erlebt. Nicht nur manches lästige Kilo nerve die Spieler, auch Nebel, Regen, Schnee und Frost seien keine Motivation­shilfen. Schlechtes Wetter begleite laut Piak aber nicht nur die Fußballer, sondern die Menschen allgemein. „Wer steht denn gerne auf, wenn es draußen noch Nacht ist und betreibt Feierabend­sport, wenn es schon wieder dunkel geworden ist?“, stellt er eine berechtigt­e Frage.

Die Übergewich­tigen habe es früher durchaus gegeben, und auch heutzutage gebe es Typen, die schneller zunehmen als andere. „Der eine schaut sich ein Schnitzel mit Pommes nur an, und schon geht sein Gewicht nach oben, der andere isst zweimal Ochs am Spieß und nimmt dabei sogar noch etwas ab“, lächelt Max Mordstein, langjährig­er Trainer und Funktionär des FC Pfaffenhof­en/Untere-Zusam bei seiner überspitzt­en Darstellun­g.

Selbst bei Eis und Schnee hatte Helmut Gumpp in seiner aktiven Zeit als Spieler nie Probleme, sich fürs Wintertrai­ning zu motivieren. „Wir haben uns auch ohne Coach zusammenge­tan und gebolzt“, denkt der heute 63-Jährige an die 70er- und 80er-Jahre zurück. Nach seiner aktiven Zeit trainierte der ehemalige Torjäger des TSV Wertingen unter anderem den TSV Unterthürh­eim und TSV Herbertsho­fen. Dabei hat er festgestel­lt, dass sich bei immer mehr jungen Kickern die Prioritäte­n im Laufe der Jahre verändert haben. Da stehe in der Freizeit längst nicht mehr der Fußball an erster Stelle, sondern die Freundin, die Kumpels und so manche Festivität. Früher, so Gumpp, sei man nach einer Spielerver­sammlung mitunter bis zwei Uhr nachts im Sportheim gesessen, heutzutage scharren die Spieler nach dem Duschen schon mit den Hufen, damit sie schnell wieder weg sein können.

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Fotos: fupa,Günther Herdin Nicht alle Fußballer stellen sich gerne auf die Waage. Vor allem nach einer langen Winterpaus­e könnte diese Werte anzeigen, die zum Nachdenken Anlass geben.
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Ali Dabestani
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Nicolas Korselt
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Helmut Gumpp

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