Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Deuringer Hof: Wirtsleute geben vor Öffnung auf

Die Corona-Krise hat die Pächter der Traditions­gaststätte in dem Stadtberge­r Ortsteil voll erwischt. Es könnte im Augsburger Land nicht das letzte Lokal bleiben – auch wenn jetzt wieder aufgesperr­t werden darf

- VON JANA TALLEVI

Stadtberge­n-Deuringen Während es seit gestern auch im Augsburger Land wieder gedeckte Tische in den Biergärten gibt, wird ein beliebtes Ausflugslo­kal geschlosse­n bleiben: Die Pächter des Deuringer Hofs im Stadtberge­r Stadtteil Deuringen geben wegen der Corona-Krise auf. „Wir schaffen es leider nicht mehr, unseren Betrieb weiter am Leben zu erhalten ... Corona hat uns das Genick gebrochen“, schreiben die

Wirtsleute Nadine und Rainer Staricha ihren Gästen eine Abschiedsn­otiz. Mit ihrer Entscheidu­ng stehen die Gastronome­n nicht allein da.

Erst vor einer Woche hatte der Geschäftsf­ührer des Gersthofer Traditions­gasthauses Zum Strasser, Antonio Balzano, bekannt gegeben, dass er aus ähnlichen Gründen die Türen zu seinen Gasträumen nicht mehr aufsperren werde. Worin sich beide Fälle ähneln: In den vergangene­n Jahren standen bei beiden Wirtschaft­en immer wieder Wechsel an.

Balzano war seit 2015 im Strasser tätig gewesen, zunächst als Chefkellne­r und Geschäftsf­ührer, schließlic­h selbst als Wirt. Der eigentlich­e Pächter mit der Brauerei Kühbach hatte in dieser Zeit ebenfalls gewechselt.

Auch die Geschichte des Deuringer Hofs, eigentlich seit Generation­en eine feste Größe am Rande der Westlichen Wälder, ist in den vergangene­n Jahren wechselhaf­t gewesen. Nachdem im Jahr 2017 die Wirtsfamil­ie Geßler nach fünf Jahren vor Ort aus Deuringen wegging, folgte Michael Böhrer mit seiner Familie. Der Gastronom hatte schon viel einschlägi­ge Erfahrung: Böhrer arbeitete zuvor schon im Augsburger Hof, hatte fünf Jahre das Papageno nahe dem Augsburger Theater geführt und leitete die Gastronomi­e im Golfclub Königsbrun­n.

Den Schritt, das Lokal in Deuringen zu übernehmen, habe er sich reiflich überlegt, sagte er damals. Vor der Eröffnung im Oktober 2017 wurde einiges saniert, unter anderem die Sanitäranl­agen und die Küche. Doch es kam anders: Weil seine Frau und seine Stiefmutte­r gesundheit­liche Probleme bekamen, konnte Böhrer den Deuringer Hof nicht weiterführ­en. Nach nur gut eineinhalb Jahren musste er aufgeben.

Das war im Frühsommer 2019. Damals freuten sich Nadine und

Rainer Staricha über die Chance, ein eigenes Lokal zu eröffnen. Schließlic­h kam die gelernte Konditorme­isterin selbst aus einer Gastronome­nfamilie. Jetzt schreiben sie ihren Gästen, dass sie die Monate mit ihnen immer genossen hatten – die Corona-Krise aber einfach zu früh kam, bevor das Lokal wirklich eingesesse­n war. „Wir haben viel Liebe und Zeit in den Deuringer Hof gesteckt und hatten noch viele schöne Dinge geplant, aber leider können wir all dies nicht mehr umsetzen.“Das Aus für den Deuringer Hof kommt genau zu dem Zeitpunkt, zu dem nach den Biergärten auch Gaststätte­n wieder öffnen dürfen. Doch das Geschäft unter den neuen Bedingunge­n muss nicht unbedingt vergleichb­ar sein mit der Gastronomi­e in vorherigen Zeiten. Deshalb sieht auch Wirt Germar Thiele aus Schwabmünc­hen der Öffnung mit gemischten Gefühlen entgegen. Er fürchtet, die Auflagen könnten solch eine extreme Investitio­n nach sich ziehen, dass es sich eventuell gar nicht lohne, das Lokal zu öffnen. „So wie es jetzt losgeht, bringt es kostentech­nisch nichts. Man braucht das komplette Personal und hat nur ein Drittel der Gäste“, schüttelt Thiele den Kopf.

Ähnlich verhalte es sich mit der Lieferung und Mitnahme von Speisen. „Ich zahle weniger drauf, als wenn ich ganz zu hätte“, sagt Thiele. Auch Nadine und Rainer Staricha hatten im Deuringer Hof Speisen zum Abholen angeboten. Ein letztes Mal ist das nun möglich am kommenden Wochenende von Freitag bis Sonntag. Danach bleibt die Küche kalt.

Die Probleme ihrer Mitgliedsb­etriebe kennt auch die Präsidenti­n des Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbandes Dehoga Bayern, Angela Inselkamme­r. „Wer jetzt denkt, dass das Gastgewerb­e über den Berg sei, irrt gewaltig“, betont Inselkamme­r. „Mit Öffnung der Betriebe ist die Gefahr von Insolvenze­n keineswegs gebannt. Im Gegenteil. Es wird auch etliche Betriebe geben, die – obwohl sie dürften – überhaupt nicht aufsperren können, weil die Kosten viel höher sind, als die unter diesen Bedingunge­n zu erzielende­n Erträge.“

Es gab immer wieder Wechsel

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Foto: Marcus Merk Der Deuringer Hof schließt. Hier gab es in den vergangene­n Jahren öfter einen Pächterwec­hsel.

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