Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Herzlichkeit und Tatendrang auch ohne Fußball
Vor fünf Jahren hat der TSV Ellerbach seine Kicker aus dem Spielbetrieb abgemeldet, auf der Sportanlage im Ortsteil Fultenbach rührt sich aber trotzdem viel – vom Country-Fest bis zum Bogenschießen
Ellerbach Wenn Vorsitzender Robert Ertl von der schmucken Gaststätte über das Treppenhaus in die Kabinen im unteren Bereich des von 2005 bis 2007 renovierten und erweiterten Sportheims geht, dann werden bei dem 54-Jährigen Erinnerungen wach. Der Vorsitzende des TSV Ellerbach schreitet dann nämlich an mehreren Mannschaftsfotos vorbei, die hier an den Wänden hängen und verschiedene Fußballteams des Vereins aus sechs verschiedenen Jahrzehnten zeigen. Darunter zwei Mannschaften, die den Aufstieg von der damaligen C-Klasse in die B-Klasse geschafft haben (1963 und 1967). Die letzte Aufnahme stammt aus dem Jahr 2017, als die Ellerbacher Altstars zum 70-jährigen Jubiläum ein Freundschaftsspiel gegen die Dillinger „Landkreisbomber“um Landrat Leo Schrell bestritten und 0:3 verloren. Robert Ertl stand mit auf dem Platz.
Seine Karriere hat der Boss des 272 Mitglieder starken Klubs aus der Großgemeinde Holzheim im Sommer 2015 beendet. In diesem Jahr meldeten die Ellerbacher ihre Mannschaft aus dem Spielbetrieb ab. „Der Spielermangel war einfach zu groß“, blickt Ertl auf das Aus vor fünf Jahren zurück. Knapp 500 Einwohner zählen die beiden unmittelbar an der westlichen Grenze des Landkreises Augsburg gelegenen Ortsteile Ellerbach und Fultenbach, aus denen der Löwenanteil der Mitglieder kommt. Trotz aller Bemühungen, wenigstens im Nachwuchsbereich noch eine Mannschaft auf die Beine zu stellen, gelang dies nicht. „Buben, die trotzdem Fußball spielen wollen, tun dies seitdem beim benachbarten SV Holzheim“, schildert Ertl, der den Verein nun schon 21 Jahren führt. Zuvor war er Jahre als Kassierer tätig. Insgesamt ist der ledig gebliebene Fultenbacher mit seinem TSV Ellerbach quasi 35 Jahre „verheiratet“.
Kein Wunder, dass Robert Ertl der Verein wie auch vielen anderen Mitglieder fest ans Herz gewachsen ist. Die Sportanlage, die an der Staatsstraße 2032 auf Fultenbacher Territorium steht, ist der ganze Stolz des Ersten Vorsitzenden. Das einstige Hauptspielfeld der Fußballer wird von Platzwart Manuel
Brenner noch immer so gepflegt, als ob die Ellerbacher am Spielbetrieb teilnehmen würden. Das Nebenfeld haben inzwischen die im Jahr 2010 in den Verein aufgenommen Bogenschützen unter Beschlag genommen. Die junge Abteilung erlebte in den vergangenen Jahren einen großen Zulauf, auch aus benachbarten Gemeinde im Landkreis Augsburg.
Überwiegend wird im Freien trainiert, und wenn immer möglich, auf einem 3D-Parcours. „Wir ge14
nießen dabei die Natur in der Gemeinschaft und die Herausforderung der physischen Konstellation“, betont Erl, der nach Beendigung seiner Fußballkarriere zu den Bogenschützen gewechselt ist.
Höhepunkt jedes Jahr ist ein eigenes Turnier an zwei Tagen mit bis zu 200 Schützen. Dabei kommt auch die Geselligkeit beim Country-Fest im am Sportheim angebauten Veranstaltungsstadel der Ellerbacherund Fultenbacher Vereine nicht zu kurz. Mehr als 100 Helferinnen und Helfer sind dann auf den Beinen, um mit ihrer Herzlichkeit und ihrem Tatendrang all die Gäste bewirten zu können. Diese Bereitschaft, bei solchen Festen mitzuhelfen, ist für Robert Ertl auch ein Beweis dafür, dass die Mitglieder seines kleinen Vereins zusammenhalten. In diesem Zusammenhang erinnert der 54-Jährige auch an die legendären Jäger-Partys mit Tausenden von Gästen auf dem Sportgelände, das allerdings nicht vom TSV, sondern von der Landjugend veranstaltet wurde. In Corona-Zeiten leidet auch in Ellerbach und Fultenbach aufgrund der auferlegten Beschränkungen das soziale Miteinander. Froh ist Robert Ertl deshalb, dass die Gaststätten und Vereinsheime unter bestimmten Auflagen wieder den Betrieb aufnehmen können. Dass in die verpachtete Gaststätte des TSV schnell wieder Leben einkehren wird, dessen ist sich Ertl sicher.
Gut möglich, dass in absehbarer Zeit, auch die Ellerbacher „Aschbergfüßler“, eine eigenständige Nordic-Walking-Gruppe“im Ort, die Umkleideeinrichtungen und Einkehrmöglichkeiten im Sportheim nutzen. Jedoch als eigene Abteilung wie es vor zehn Jahren die Bogenschützen getan haben, dürften sie sich laut Ertl dem Verein noch nicht anschließen.
Auch wenn die Aussicht höchst unwahrscheinlich ist, dass sich eines Tages vielleicht doch wieder eine Mannschaft mit jungen Kickern aus den beiden Dörfern bilden könnte, ihren Fußballplatz wollen und werden die Ellerbacher und Fultenbacher laut Ertl weiter pflegen und hegen wie eh und je. Und wer weiß, vielleicht kann in einigen Jahren die Bildergalerie im Treppenhaus im Sportheim dann doch noch ergänzt werden.