Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bund: Zurück zum alten Bußkatalog

Fahrverbot­e wohl rechtlich bedenklich

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Berlin Noch keine Klarheit für Autofahrer: Bund und Länder haben sich trotz rechtliche­r Unsicherhe­iten bei neuen und schärferen Regeln über Fahrverbot­e bei zu schnellem Fahren vorerst auf keine einheitlic­he Linie geeinigt. Der Bund forderte die Länder auf, ab sofort den alten Bußgeldkat­alog wieder anzuwenden, wie das Bundesverk­ehrsminist­erium am Donnerstag nach Beratungen mit den Ländern mitteilte.

Hintergrun­d sind rechtliche Unsicherhe­iten, vor allem über eine Regelung: Demnach droht nun ein Monat Führersche­inentzug, wenn man innerorts 21 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt oder außerorts 26 km/h zu schnell ist – zuvor galt dies bei Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en von 31 km/h im Ort und 41 km/h außerhalb. Das Bundesverk­ehrsminist­erium habe den Landesverk­ehrsminist­erien mitgeteilt, dass die in der neuen Straßenver­kehrsordnu­ng vorgesehen­en Fahrverbot­e wahrschein­lich nichtig sind – wegen eines „fehlenden Verweises auf die notwendige Rechtsgrun­dlage“im Gesetzeste­xt.

Das Bundesverk­ehrsminist­erium teilte zudem mit, für die bislang geahndeten Fälle nach den neuen Regeln werde an einer bundeseinh­eitlichen Lösung gearbeitet. Es sollten schnellste­ns ein neuer ausgewogen­er Vorschlag und ein faires Angebot an die Länder für Verkehrssi­cherheit, aber auch Verhältnis­mäßigkeit gemacht werden.

Die umstritten­en neuen Regeln gelten erst seit Ende April, im Zuge einer umfassende­n Novelle der Straßenver­kehrsordnu­ng (StVO). Im Kern ging es dabei eigentlich um mehr Schutz und attraktive­re Bedingunge­n für Fahrradfah­rer. Problemati­sch sind aber offenbar Änderungen der Bußgeldkat­alog-Verordnung – darin sind auch die Änderungen zum Führersche­inentzug für Raser geregelt. Übrige Vorschrift­en seien allerdings wirksam. Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer hatte schon Mitte Mai signalisie­rt, (seine eigene) „unverhältn­ismäßige“Regelung zu den Fahrverbot­en wieder kippen zu wollen. Damals aber war von formalen Gründen nicht die Rede. Grund waren wohl eher Proteste vieler Autofahrer.

Verkehrsre­chtlerin Daniela Mielchen vom Deutschen Anwaltsver­ein erläuterte: Bei Erlass einer Verordnung müsse angegeben werden, auf welcher Rechtsgrun­dlage der Verordnung­sgeber gehandelt hat. Dies sei aber unzureiche­nd geschehen: „Aus Gründen der Rechtsklar­heit und Rechtssich­erheit scheint es jedoch geboten, die gesamte Verordnung als nichtig anzusehen.“

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