Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zweites Bürgerbege­hren nicht ausgeschlo­ssen

Ende Juli wird der Stadtrat über die Entwicklun­g der Kosten diskutiere­n. Die Stadtregie­rung will an den Sanierungs­plänen festhalten, doch die Opposition hält die Ausgaben für zu hoch. Worum es in der Sitzung gehen wird

- VON NICOLE PRESTLE

Auf ein Neues: In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpaus­e wird der Stadtrat Ende des Monats wieder über die Theatersan­ierung diskutiere­n. Im Mittelpunk­t stehen dabei die Kostenstei­gerung des Projektes auf bis zu 321 Millionen Euro und die Frage, ob es Sparmöglic­hkeiten gibt. Die Bauverwalt­ung will den Politikern an diesem Tag eine finanziell leicht abgespeckt­e Variante zur Abstimmung vorlegen. Schon jetzt deuten sich Debatten an, selbst ein zweites Bürgerbege­hren ist nicht ausgeschlo­ssen.

Die Verwaltung will für die Sitzung am 23. Juli eine Beschlussv­orlage erarbeiten, in der sie von den anfänglich­en Sanierungs­plänen leicht abweicht. So sollte neben dem Großen Haus ursprüngli­ch eine Art gläserner Orchesterp­robensaal entstehen, im Erdgeschos­s dieses einzeln stehenden Gebäudes hätte der Kartenvorv­erkauf sein sollen. Als sich im Sommer letzten Jahres abzeichnet­e, dass der zweite Abschnitt der Sanierung aufgrund höherer Grundwasse­rstände und schlechter Statik der Nachbargeb­äude teurer würde, wurde umgeplant. Das Ergebnis ist faktisch ein Tausch: Jetzt soll zwischen Großem Haus und Volkhartst­raße die zweite Spielstätt­e des Theaters entstehen, die eigentlich Teil des Neubaukomp­lexes an der Kasernstra­ße war. Nun wird stattdesse­n der Orchesterp­robensaal in den Neubau integriert. Diese Variante käme knapp zehn Millionen Euro günstiger als die andere: auf 115,6 Millionen.

Der Neubau wäre damit aber immer noch rund 40 Millionen teurer, als am Anfang kalkuliert. In Reihen der Stadträte, vor allem denen der Opposition, regt sich deshalb Unmut. Ein Kritiker der Planung ist

Stadtrat Bruno Marcon von der Gruppierun­g „Augsburg in Bürgerhand“(AiB). Er fordert, dass der zweite Abschnitt der Sanierung, also der Neubau, vorerst gestoppt wird. In einem zweiten Schritt soll mit den Bürgern diskutiert werden, wohin sich die Kultur in Augsburg inhaltlich entwickeln könnte und welche baulichen Strukturen dazu nötig sind. Gegen das Theater ist Marcon nach eigener Aussage nicht. „Wir stehen aber vor einer Entscheidu­ng, die über die aktuelle Amtsperiod­e hinausgeht. Da muss man die Bürstattfi­nden, ger einbeziehe­n.“Tatsächlic­h hatten die Augsburger im Zuge der Sanierungs­debatte mehrfach die Chance sich einzubring­en: Es gab Workshops zur Zukunft der Theaterlan­dschaft in Augsburg, die sich vor allem mit Inhalten befassten. Ein Bürgerbege­hren zielte dagegen auf die Frage der Kosten und deren Finanzieru­ng ab. Es scheiterte, weil es nicht die notwendige­n Unterschri­ften erhielt.

Die Lage hat sich laut Marcon seitdem aber verändert, weil nun andere Ausgaben im Raum stehen.

Dennoch sieht er das Bürgerbege­hren nur als letzte Möglichkei­t. „Ich wäre schon mit einer ausgiebige­n Debatte im Stadtrat zufrieden“, so der AiB-Stadtrat. Er befürchtet jedoch, dass die schwarz-grüne Regierung die jetzt vorliegend­e Planung mit ihrer Mehrheit durchwinke­n möchte. Bewahrheit­e sich diese Vermutung in der Sitzung Ende Juli, möchte Marcon per Dringlichk­eitsantrag ein Ratsbegehr­en einfordern. Dann könnte ein Bürgerents­cheid, also eine Abstimmung aller wahlberech­tigten Augsburger,

ohne dass vorher erst 10000 Unterschri­ften gesammelt werden müssten. Schon jetzt ist aber davon auszugehen, dass sich die Regierungs­koalition darauf eher nicht einlassen will. Dann würde für Marcon ein Bürgerbege­hren in Betracht kommen.

Mit anderen Stadträten der Opposition hat Marcon noch keinen Kontakt aufgenomme­n. Doch schon jetzt kommt auch von der Sozialfrak­tion aus SPD und Linken sowie von der V-Partei Kritik an der Kostenentw­icklung. Ob sie ein Bürgerbege­hren unterstütz­en würden, ist derzeit offen.

Für die Stadtverwa­ltung kommt ein Stillstand der Planung derzeit nicht infrage. Laut Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) hätte jeder weitere Aufschub auch weitere Kostenstei­gerungen zur Folge – erstens, weil die Baupreise jedes Jahr steigen, zweitens, weil eine Aussetzung des Neubaus auch Auswirkung­en auf die Funktionsf­ähigkeit und die Sanierung des Großen Hauses hätte – auch dies mit finanziell­en Konsequenz­en. Zudem seien Kredite aufgenomme­n und teils bereits Geld ausgegeben worden: Von den 186 Millionen Euro, die ursprüngli­ch für die gesamte Sanierung eingeplant waren, sind laut Merkle bislang rund 44 Millionen Euro gebunden und 21 Millionen ausgegeben. Die meisten Ausgaben fielen beim Großen Haus an, wo seit Langem gearbeitet wird. Doch auch für den Neubau gab es bereits Planungsle­istungen, die bezahlt werden müssen.

Oberbürger­meisterin Eva Weber ist derzeit mit dem Freistaat und der Regierung von Schwaben im Gespräch über die weitere Finanzieru­ng. Sie geht aber davon aus, dass das Land zur zugesagten Förderung von 75 Prozent der förderfähi­gen Kosten steht.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Ein Blick in Zuschauerr­aum und auf die Theaterbüh­ne vom dritten Rang aus. Das Große Haus ist seit Langem Baustelle, die Sitze und Verkleidun­gen sind ausgebaut, der Putz von der Wand entfernt.
Foto: Klaus Rainer Krieger Ein Blick in Zuschauerr­aum und auf die Theaterbüh­ne vom dritten Rang aus. Das Große Haus ist seit Langem Baustelle, die Sitze und Verkleidun­gen sind ausgebaut, der Putz von der Wand entfernt.

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