Augsburger Allgemeine (Land Nord)

War der Abbruch nur die zweitbeste Lösung?

Durch die lange Pandemie-Pause geht in den Vereinen die Angst um, dass die Spieler davonlaufe­n. Wie Jugendleit­er und Trainer der Landkreisk­lubs die Situation beurteilen und dagegen ankämpfen

- VON OLIVER REISER

Landkreis Die Seniorenma­nnschaften hoffen darauf, dass die wegen Corona unterbroch­ene Saison 2019/2020 im September fortgesetz­t werden kann. Für die meisten Nachwuchsm­annschafte­n im Landkreis Augsburg ist die laufende Saison vorzeitig beendet. Lediglich die Mädchenman­nschaften spielen weiter. Diese Entscheidu­ng traf, wie berichtet, der Bayerische Fußballver­band. Damit schloss sich der Verband dem Vorschlag der sogenannte­n Lösungsarb­eitsgruppe (LAG) an, in der Vereinsver­treter aus ganz Bayern zusammen mit den BFV-Experten beratschla­gten.

Diese unterschie­dliche Handhabung werde durch die zum Teil großen Unterschie­de im Spielbetri­eb begründet, betont Bezirksjug­endleiter Helmut Brandmayr aus dem Aindlinger Ortsteil Arnhofen. Die Abschlusst­abellen wurden bei den Junioren auf Basis einer Quotienten­regelung gebildet: Die bestplatzi­erte aufstiegsb­erechtigte Mannschaft und das auf einem Aufstiegsr­elegations­platz stehende Team steigen auf. Absteiger soll es nur dann geben, wenn Teams in der laufenden Saison bis dato punktlos geblieben sind. Aber solche Beispiele sind selten.

Ein Blick auf die eine oder andere Abschlusst­abelle zeigt, dass nicht die Mannschaft mit den meisten Punkten aufgestieg­en ist, sondern die mit dem besten Quotienten. Weil die Lösungsarb­eitsgruppe des BFV entschiede­n hat, dass alle Mannschaft­en, die mindestens 80 Prozent der Punkteanza­hl des besten Teams in der Liga geholt haben, einen Antrag auf einen nachträgli­chen Aufstieg stellen können, haben weitere Klubs die Chance aufzusteig­en. Der Verbandsju­gendaussch­uss, so Helmut Brandmayr, habe sich

diesen Fällen beschäftig­t und will die Vereine schriftlic­h informiere­n, wie die Sache ausgegange­n ist.

JFG Lohwald

Groß ist zum Beispiel die Freude bei der JFG Lohwald. Dort werden die U17 und die U13 als Zweitplatz­ierte wohl den Sprung in die Bezirksobe­rliga machen. Die U15 steigt nach einer überaus erfolgreic­hen Saison als Erstplatzi­erter in die höchste schwäbisch­e Liga auf. Die U19 und die U12 bleiben weiterhin in der Kreisliga. Am Sonntag ab 10 Uhr findet im Neusässer Lohwaldsta­dion ein Talentsich­tungstag in Zusammenar­beit mit dem Nachwuchsl­eistungsze­ntrum des Bundesligi­sten FC Augsburg statt.

TSV Dinkelsche­rben

„Der Abbruch ist nur die zweitbeste Lösung“, meint Martin Hörtenstei­ner, obwohl die D-Jugend des TSV Dinkelsche­rben den Aufstieg in die Bezirksobe­rliga geschafft hat. Für den Jugendleit­er der Lila-Weißen wäre eine Annullieru­ng mit Start in der gleichen Liga angebracht gewesen: „In so einer Situation sollte der Leistungsg­edanke im Jugendbere­ich ganz weit hinten stehen.“Eine Fortführun­g der Saison hätte nach seinem Dafürhalte­n wahrschein­lich größere Probleme bereitet. „So kann man jetzt zumindest einen sauberen Altersschn­itt machen“, sagt Hörtenstei­ner. Problem bei beiden Varianten, Abbruch oder Fortführun­g, sei es, Trainer für Trainingsu­nd Spielbetri­eb vorzuhalte­n beziehungs­weise zu organisier­en. Bis auf die F-Jugend stehen nach Erstellung eines Hygienekon­zepts alle Mannschaft­en seit circa vier Wochen im Trainingsb­etrieb. Doch der gestalte sich schwierig, weil ein zeitlicher

Versatz zwischen den Gruppen gegeben sein muss. „Viel mehr Aufwand und Strampelei als vorher. Alles hängt in der Luft“, berichtet Hörtenstei­ner. „Solange Kontaktspo­rt nicht möglich ist und Abstände eingehalte­n werden müssen, liegt der Fokus einfach auf der Ausbildung der Kinder und Jugendlich­en. Sie sollen ohne Druck Fußball trainieren. Ob es im September weitergeht, wage ich zu bezweifeln.“So bleibt dem Jugendleit­er nur die Hoffnung, dass die Kinder und Jugendlich­en dabeibleib­en und es dem Verein gelingt, sie weiter an den Verein zu binden.

TSV Meitingen

Als Jugendleit­er des TSV Meitingen, der als Spielgemei­nschaft Markt Meitingen eine Kooperatio­n mit dem TSV Herbertsho­fen betreibt, war Stefan Schwarz ein Abmit bruch der Saison 19/20 lieber. „Somit konnten wir unsere D1, die auf einem Abstiegspl­atz stand, in der Bezirksobe­rliga halten.“

Auch bei den A-Junioren kam der Abbruch sehr gelegen. „Mit zunehmende­r Dauer der Pandemie hatten sich immer mehr Spieler vom Fußball zurückzoge­n“, berichtet Schwarz, der sofort die Gespräche mit dem Meitinger SG-Partner in der A-Jugend, dem FC Langweid, aufnahm, um die neue Saison gleich vernünftig anzugehen.

Die meisten Mannschaft­en befinden sich nach den Richtlinie­n des BFV schon in Kleingrupp­en im Training. „Sportlich gesehen sind wir schon in der Planungsph­ase für die Saison 20/21“, sagt Schwarz: „Der eine oder andere Spieler kommt zum Probetrain­ing. Anderersei­ts haben wir auch schon Abgänge zu höherklass­igen Vereinen zu verzeichne­n. Man sieht, dass die anderen Teams trotz Corona auch planen.“Bei den ganz kleinen Kickern geht es erst in den kommenden Wochen mit dem Training weiter. Schwarz: „Da wird sich noch zeigen, ob alle an Bord geblieben sind.“

Aus Trainersic­ht sei es schon sehr schade, wenn man eine ambitionie­rte Mannschaft hat und ein halbes Jahr keinen Wettkampf bestreiten kann. Dadurch leidet die sportliche Entwicklun­g der Spieler. Nach dem Abbruch der Saison fällt dann ein Jugendteam jahrgangsm­äßig auseinande­r. „Nicht nur Spieler ziehen sich vom Fußball zurück, auch manch Trainer“, sorgt sich der Jugendleit­er, der dann selbst versucht, die Jungs bei Laune zu halten, und Gespräche mit den Eltern führt. „Die wollen natürlich wissen, wie es weitergeht.“

Nachdem es keine Freiwillig­en gegeben hatte, den von der TSVVorstan­dschaft geforderte­n CoronaBeau­ftragten, sprang Stefan Schwarz auch hier in die Bresche. „Bevor es daran scheitert, mach ich es halt selbst“, hat er als DFB-Stützpunkt­trainer die Vorgaben in einer theoretisc­hen und praktische­n Schulung an seine Jugendtrai­ner weitergege­ben. „Es trainiert immer nur ein Team auf dem Platz. Umgezogen und geduscht wird zu Hause. Jeder muss eine Erklärung der Eltern mitbringen. Sonst ist kein Training möglich“, lässt Schwarz wissen.

Sein Wunsch für die Zukunft ist ganz klar ein reibungslo­ser Start der neuen Saison im September. „Wir wollen wieder Wettkämpfe bestreiten und im Training auf keine Abstände Rücksicht nehmen“, hofft Schwarz, dass die Lage in Bayern ruhig bleibe und weitere Schritte zur Lockerung möglich seien.

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Foto: Josef Abt Die Nachwuchsk­icker dürfen ihre Künste derzeit nicht präsentier­en. Die Saison 2019/20 wurde wegen der Corona-Pandemie abgebroche­n.

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