Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Nichts bringt ihn aus der Fassung“: Ein Freund erzählt vom Dalai Lama
Orwells „Farm“auf dem Kunstrasen
„Wie schön, dass man am Abend wieder so was erleben kann“, meinte ein Besucher zu seiner Begleiterin nach der Vorstellung beim Verlassen des Martini-Parks. Er war glücklich über die Schauspiel-Lesung „Die Farm der Tiere“auf dem „Kunstrasen“des Staatstheaters Augsburg. Mit seinen 50 Minuten Dauer war es ein kleines, feines Format. Drei Schauspieler – Gerald Fiedler, Roman Pertl und Karoline Stegemann – lasen eine Bearbeitung von George Orwells 1945 entstandenem Roman. Auch in dieser Kurzfassung behielt die Fabel ihre politisch-prophetische Kraft. Sie beschreibt die Entstehung einer Diktatur. Im Stück ist vom System des „Animalismus“die Rede, mit seinem Grundprinzip: „Alle Tiere sind gleich.“
Die Zuschauer auf der Wiese – alle wieder in vorgezeichnete Karrees abstandsgerecht eingezirkelt – wurden hörend mitgenommen auf die Farm, auf der sich die Tiere per „Rebellion“von ihrem Herrn befreien und selbst das Kommando übernehmen. Streng ihrem Gleichheitsprinzip gehorchend, bringt sich jedes Tier in die Arbeit ein, einer „strahlenden Zukunft“entgegen. Doch dieses System bröckelt bald. Erst verschwindet die Milch der Kühe, dann schwingen sich die Schweine, allen voran „Napoleon“, zu Anführern auf, weil sie sich „mit höherem Wissensstand“begabt verstehen.
Nach und nach entstehen alle Elemente einer Diktatur stalinistischen Zuschnitts: Es werden alle auf Parolen eingeschworen („Vier Beine gut, zwei Beine schlecht“), die Jugend – neun Hundewelpen – wird im Sinne des Systems „geformt“, Kritiker werden als Verräter verfolgt und später hingerichtet, Debatten werden gestrichen, und zuletzt richten sich die Schweine „auf zwei Hinterbeinen“im Bauernhaus ein und benennen die Farm wieder um in „Herrenfarm“. Das Gebot „Alle Tiere sind gleich“wird ergänzt um „… aber andere Tiere sind gleicher als andere“.
Die drei Schauspieler lasen so lebendig, so präsent, dass sich die Zuhörer mitten im Geschehen wähnen konnten. Herrlich gaben sie den verschiedenen Tieren Stimme und Charakter. Was war das für ein Schnauben, Quieken, Gackern, Meckern und Muhen! Zum Schmunzeln vor allem dann, wenn alles wild durcheinander ging. Eine ganze Hühnerschar stand einem da vor Augen, die Schweine, der Esel, die etwas sensible Stute, die immer über ihren „Stein im Huf“klagte, oder das gutwillige, etwas behäbige Zugpferd „Boxer“. Und über allem lag der Ernst der Wissenden, wie haarscharf doch George Orwell die Grundzüge einer Diktatur getroffen hat.