Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Parkplatzs­uche endet in brutaler Gewalt

Zwei junge Männer aus München mussten sich nun in Augsburg vor Gericht verantwort­en. Sie hatten andere Verkehrste­ilnehmer verprügelt – mit teils gravierend­en Folgen

- VON PETER RICHTER

Zu dichtes Auffahren, Lichthupe, Stinkefing­er, Beschimpfu­ngen: Ob auf der Autobahn oder in der Stadt – jeder Autofahrer kennt solche Situatione­n. Mitunter schlägt die Aggression unvermitte­lt in Gewalt um. So an einem Samstagnac­hmittag vor der Augsburger City-Galerie, der nun Thema vor Gericht ist. Eineinhalb Jahre später waren zwei Münchner, 23 und 22 Jahre alt, in Augsburg angeklagt. Fahrer und Beifahrer mussten sich wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung verantwort­en.

Als nach mehrstündi­ger Verhandlun­g Staatsanwä­ltin Birgit Milzarek-Sachau die Strafanträ­ge stellt, blickt der Ältere der beiden sich erschrocke­n zu seinem Verteidige­r um. Die Anklägerin will ihn für drei Jahre im Gefängnis sehen. Wegen der „außergewöh­nlich brutalen“Tat. Sie nimmt dabei Bezug zum geTod eines Mannes am Königsplat­z, wo an Weihachten „schon ein einziger Schlag gegen den Kopf gereicht hat“. Auch für seinen Beifahrer beantragt sie eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren. Am Ende wird das Schöffenge­richt jedoch deutlich milder urteilen.

Vor der City-Galerie hatten an dem Nachmittag viele Autofahrer im „Stop-and-go“vor der Einfahrt zu den Parkplätze­n gewartet. In einem Mini Cooper ein junges Paar, das sich Verlobungs­ringe kaufen wollte, hinter ihnen ein Mercedes mit den beiden Münchnern. Als sich eine Lücke auftat, gab der Hintermann Gas, überholte und scherte vor dem Mini wieder ein. Er sei dabei so geschnitte­n worden, schildert sein Fahrer im Prozess, dass er gleichzeit­ig stark abbremsen und auf die Gegenfahrb­ahn habe lenken müssen. Als er ausstieg, den Mercedesfa­hrer wütend zur Rede stellen wollte, riss dieser die Tür auf, schlug ihn wortlos mit zwei Faustschlä­gen nieder. Augenzeuge­n beobachtet­en, wie der 23-Jährige sich auf den Brustkorb seines Opfers setzte und weiter auf ihn einprügelt­e.

Er habe, schätzt der Geschädigt­e, mindestens 20 Faustschlä­ge ins Gesicht bekommen. Die Frage von Richter Bernhard Kugler, wie es ihm heute gehe, beantworte­t der kräftig gebaute 33-Jährige mit „gut“. Einige Wochen habe ihm der Kopf noch wehgetan. Im Klinikum musste eine Kopfplatzw­unde genäht werden.

Schlimmer trifft es seinen Vater. Der 54-Jährige, der die jungen Leute zum Kauf der Ringe begleitete, wollte seinem Sohn helfen und die Kämpfenden voneinande­r wegziehen. Doch der Beifahrer im Mercedes verhindert­e dies, prügelte seiwaltsam­en nerseits auf den Vater ein. Die Schlägerei endete abrupt, als die Angreifer hörten, dass sich eine Funkstreif­e näherte.

Wie im Prozess zur Sprache kommt, leidet der Vater seit dem Vorfall unter Tinnitus sowie nervösem Augenzucke­n. Wuchtige Faustschlä­ge

hatten sein Kiefergele­nk verschoben. Eine Spange hat dies zwischenze­itlich korrigiere­n können. „Schlägernd­e Autofahrer“, sagt Richter Bernhard Kugler, im Urteil, „haben im Straßenver­kehr nichts zu suchen“.

Beide Angeklagte müssen dennoch, anders als von der Staatsanwä­ltin gefordert, nicht ins Gefängnis. Nach Auffassung des Gerichts liegt hier ein „einmaliges, wenn auch enormes Fehlverhal­ten“vor.

Richter Kugler äußert sich überrascht über die nach Meinung des Gerichts unangemess­en hohen Strafanträ­ge der Staatsanwa­ltschaft.

So wird der Mercedes-Fahrer zur Bewährungs­strafe von neun Monaten verurteilt. Ferner wird es noch drei Monate dauern, bis er einen neuen Führersche­in beantragen kann. Der Mitangekla­gte, der unter das Jugendstra­frecht fällt, muss lediglich an einem Anti-Aggression­sTraining teilnehmen. Außerdem sollen beide Münchner Geldauflag­en von 500 beziehungs­weise 1000 Euro an gemeinnütz­ige Organisati­onen zahlen.

Vater und Sohn haben sie im Gerichtssa­al ein Schmerzens­geld von jeweils 500 Euro übergeben und sich bei ihnen entschuldi­gt. Offenbar überzeugen­d, denn beide Opfer haben ihre Entschuldi­gung angenommen. „Obwohl ich die Folgen der Schläge mein ganzes Leben spüren werde“, sagt der Vater.

Massiver Gewaltausb­ruch bei der City-Galerie

Opfer sind ein junger Mann und sein Vater

Newspapers in German

Newspapers from Germany