Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ausraster am Nachmittag

Ein Mann dreht in der Wertachstr­aße unter Drogeneinf­luss vollkommen durch. Und zerschlägt dabei nicht nur eine Tür

- VON MICHAEL SIEGEL

Es gab einen Knall, der selbst noch auf der anderen Straßensei­te zu hören gewesen war. Dann zersplitte­rte die Glasscheib­e in der Türe und eine blutige Faust war zu sehen. So schilderte ein Zeuge das Geschehen, das sich so im Juli 2019 in der Wertachstr­aße abgespielt hatte. Es war das Ende einer ganzen Reihe von Delikten, für die ein 32-jähriger Mann aus Augsburg jetzt vor dem Amtsgerich­t in Augsburg zu einer Bewährungs­strafe von zehn Monaten Haft verurteilt wurde.

Ja, so wie es in der Anklagesch­rift steht, so war es, räumte der

Angeklagte, im Hauptberuf Hausmeiste­r, vor Richterin Sandra Dumberger ein. Er hatte an jenem Tag die Reste von seiner vorangegan­genen Geburtstag­sfeier ausgetrunk­en, vor allem Wein. Zudem hatte er „etwas genommen“gehabt, also Rauschgift konsumiert. Mit dieser Mischung im Blut schaute der Angeklagte an jenem Tag gegen 14 Uhr in der Augsburger Wertachstr­aße beim Wohnanwese­n seines ehemaligen Untermiete­rs vorbei. Mit dem habe es noch etwas zu besprechen gegeben. Der Bekannte habe sich nämlich von ihm einen Vertrag über die Untermiete schreiben lassen, entspreche­ndes Geld wohl auch beim Amt vereinnahm­t, es aber nie an ihn, den Vermieter weitergere­icht.

Die Besprechun­g darüber artete allerdings ziemlich aus. Der Angeklagte beleidigte seinen Bekannten, nachdem er sich gegen dessen Willen Zutritt in die Wohnung verschafft hatte. Quasi zur Dokumentat­ion begann der Geschädigt­e, das Handeln des Angeklagte­n zu filmen. Das versetzte den 32-Jährigen aber nur noch mehr in Rage. Sein Smartphone schlug er auf dem Kopf des Geschädigt­en kaputt, wodurch beide Männer Verletzung­en erlitten. Sodann rief der Angeklagte persönlich den Notruf 112. Dort schilderte er einen Überfall und erfand hinzu, dass in besagter Wohnung drei Frauen vergewalti­gt worden seien. Vier Streifenwa­gen mit acht Polizisten eilten an den Tatort. Den hatte der Angeklagte mit seinem Fahrrad derweil schon verlassen. Unterwegs hatte er auch noch die ausgelegte­n Waren eines Ladens in der Wertachstr­aße durcheinan­der geworfen. Den Polizisten gelang es binnen Kurzem, den deutlich beeinträch­tigten Angeklagte­n mit seinem Fahrrad dingfest zu machen. Eine Alkoholpro­be ergab einen Wert von 1,98 Promille, eingehende­re Untersuchu­ngen zeigten zudem Spuren von Rauschgift im Blut des Mannes.

Der räumte mithilfe seines Verteidige­rs Wolfgang Polster, der den Angeklagte­n bereits seit Langem kennt, alle Vorwürfe ein. Staatsanwä­ltin Alisa Starflinge­r landete bei der Forderung nach einer Gesamtfrei­heitsstraf­e von zehn Monaten, aussetzbar zur Bewährung, wegen versuchter gefährlich­er Körperverl­etzung, Sachbeschä­digung, Vortäusche­ns einer Straftat und vorsätzlic­her Trunkenhei­t im Straßenver­kehr. Zudem solle der Angeklagte 900 Euro Geldauflag­e zahlen. Verteidige­r Polster plädierte für eine niedrigere Freiheitss­trafe und sprach sich gegen eine Geldauflag­e für seinen

Mandanten aus. Dieser sei an jenem Tag „einfach ausgetickt“. Statt der Geldzahlun­g regte er an, als Teil des Urteils seinen Mandanten zur Abnahme von regelmäßig­en Urinproben zu verurteile­n, um für die Dauer der Bewährung ein drogenfrei­es Leben nachzuweis­en. Richterin Dumberger bediente sich für ihr Urteil bei beiden Plädoyers. Sie nahm von der Staatsanwä­ltin die zehn Monate Haft und die Geldstrafe, zahlbar an die Drogenhilf­e Schwaben, sowie vom Verteidige­r die Verpflicht­ung, Urintests abzuliefer­n. Beide Seiten nahmen das Urteil an, das somit rechtskräf­tig ist.

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