Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Im zweiten Halbjahr geht noch mehr

Man braucht sich nicht auszuruhen auf den drei Prozent Mehrwertst­euer-Ersparnis: Wer seine Rechnungen für Heizöl, Gas und Strom weiter drücken will, sollte jetzt aktiv werden. Tipps, was alles drin ist

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Seit dem 1. Juli ist die Mehrwertst­euer von 19 auf 16 Prozent gesunken – das sorgt bis zum Jahresende auch für Entlastung beim Tanken des Autos, beim Heizen oder auch bei der Stromrechn­ung. Verbrauche­r sollten sich aber nicht mit der Ersparnis von ein paar Cent oder Euro durch die niedrigere Mehrwertst­euer zufriedeng­eben, rät Hans Weinreuter, Energieexp­erte der Verbrauche­rzentrale RheinlandP­falz: „Da ist noch mehr drin.“Aktuell gibt es beste Spar-Chancen für Besitzer von Ölheizunge­n. Der Heizölprei­s ist in diesem Sommer so günstig wie seit 15 Jahren nicht mehr. Auch Gas- und Stromkunde­n sowie Autobesitz­er können mit cleverer Strategie noch einiges rausholen. Alles in allem sind im zweiten Halbjahr bis zu 500 Euro Ersparnis pro Haushalt drin, ist Hermann-Josef Tenhagen vom Online-Ratgeberpo­rtal „Finanztip“überzeugt. 2021 stehen schon wieder Teuerungsr­unden an. Tipps, was jetzt alles geht:

Für Heizölkund­en

Der Heizölprei­s ist aktuell so niedrig wie zuletzt Anfang 2016. Kunden mit Ölheizung dürfte das freuen. Zwischen September 2019 und Mai 2020 mussten sie 17 Prozent weniger fürs Heizen zahlen als noch im Vorjahresz­eitraum, so das Vergleichs­portal „Check24“. Eigentümer sollten das Tiefpreisn­iveau jetzt zum Nachtanken nutzen. „Mit etwa 43 Cent pro Liter ist der Brennstoff momentan so preiswert wie zuletzt im Juli vor 15 Jahren“, betont Oliver Klapschus, Geschäftsf­ührer des Online-Portals Heizöl24. Sein Tipp: Nicht zu lange mit der Bestellung warten. „Bis spätestens Anfang September sollte geordert sein“, empfiehlt Klapschus. Die Nachfrage ist bereits enorm, die Lieferzeit­en werden immer länger.

Extra-Spar-Chance: Wer online ordert, bekommt in der Regel den günstigste­n Preis, wie Klapschus betont. Im Vergleich zur telefonisc­hen Bestellung beim Händler sind hier noch ein paar Cent Nachlass pro Liter drin. Sparpotenz­ial bieten zudem Sammelbest­ellungen. Heizölkäuf­er können sich mit Nachbarn zu privaten Einkaufsge­meinschaft­en zusammentu­n. Aber: Zu große Sammelbest­ellungen rechnen sich nicht mehr. Ab 32000 Litern, dem maximalen Inhalt eines Tankwagens, wird eine zweite Fuhre notwendig. Zur Orientieru­ng: Mit 3000 Litern kann ein Einfamilie­nhaus ein bis 1,5 Jahre lang beheizt werden, je nach Alter der Brenner und Modernisie­rungsstand des Hauses. Wer jetzt seinen Tank befüllen lässt, dürfte zwischen 30 und 40 Euro sparen, rechnet Tenhagen vor. Die Senkung der Mehrwertst­euer sollte beim Händler 1 bis 1,5 Cent pro Liter ausmachen. Wichtig: Ab 2021 steht eine CO2-Bepreisung auf Heizöl an. Der Liter wird dann voraussich­tlich 7 bis 8 Cent teurer. Dieser Aufschlag ist durch frühzeitig­es Bestellen vermeidbar.

Für Gaskunden

Wer mit Erdgas heizt, bekommt die Mehrwertst­euererleic­hterung zunächst gar nicht zu spüren. Die Abschlagsz­ahlung bleibt in der Regel gleich hoch. Die meisten Versorger werden die Entlastung erst auf der Jahresabre­chnung ausweisen, den Betrag verrechnen respektive gutschreib­en. Eine vierköpfig­e Familie mit etwa 7500 Kilowattst­unden Verbrauch pro Halbjahr spart durch die Steuersenk­ung etwa 10 bis 14 Euro, so Tenhagen. Wichtig: Ab 2021 wird Gas wieder spürbar teurer. Es steht nicht nur die Rückkehr zum alten Steuersatz von 19 Prozent an, sondern ebenfalls eine CO2-Steuer auf Erdgas.

Anders als der Heizölprei­s bewegt sich der Gaspreis 2020 etwa auf Vorjahresn­iveau, wie Weinreuter erklärt. Was bedeutet: Für die letzte Heizsaison können sich Kunden auf bestenfall­s drei Prozent Ersparnis freuen. Zwar haben sich die Beschaffun­gspreise am Weltmarkt halbiert. Die Senkung kam bis heute aber noch nicht bei den Endkunden an. Die Folge: Nur Neukunden profitiere­n bislang von günstigere­n Preisen, Altkunden stecken in ihren nach wie vor teuren Tarifen fest.

Wollen auch sie spürbar weniger zahlen, sollten sie sich nach einem günstigere­n Versorger umschauen, rät Weinreuter. Das Sparpotenz­ial: bis zu 37 Prozent. Unterstütz­ung bieten kostenlose Vergleichs­rechner im Internet. Verbrauche­rschützer empfehlen unter anderem die Portale www.verivox.de, www.toptarif.de oder www.check24.de. Der neue Anbieter erledigt den Wechsel automatisc­h. Alternativ­e: Den bisherigen Gasliefera­nten telefonisc­h nach besseren Tarifen fragen. Auch das kann jede Menge Einsparung bringen. Bürger ohne Internetan­schluss können sich in den Verbrauche­rzentralen beraten lassen.

Für Stromkunde­n

Auch beim Strom wird sich die Mehrwertst­euererspar­nis erst bei der Jahresabre­chnung bemerkbar machen. Für eine Familie mit Stromkoste­n von 1200 Euro pro Jahr sind im zweiten Halbjahr um die 15 Euro Entlastung drin, wie Tenhagen vorrechnet. Das sei leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der aktuellen Rekordstän­de, so Weinreuter. Trotz gesunkener Börsenstro­mpreise erhöhten in 2020 bislang 677 von rund 900 Grundverso­rgern die Preise, im Schnitt um 6,8 Prozent. Nur fünf Grundverso­rger senkten die Preise im ersten Halbjahr.

Wer höhere Stromkoste­n hat, weil er eine Wärmepumpe betreibt, seit Wochen im Homeoffice arbeitet und der Preisspira­le die Stirn bieten will, dem bleibt aktuell nur der Wechsel zu einem billigeren Anbieter, wie Weinreuter betont. Vor allem dann, wenn er noch Strom aus der teuren Grundverso­rgung bezieht, also noch nie gewechselt hat. Mit einem Umstieg lassen sich bis zu 18 Prozent respektive 290 Euro im Jahr sparen, so Check24. Wichtig: 2021 sinkt die Ökostrom-Umlage von 6,756 Cent pro Kilowattst­unde auf 6,5 Cent. Für Privathaus­halte bedeute das eine Gesamtentl­astung von 300 Millionen Euro im Jahr.

Für Autofahrer

Beim Tanken macht sich der niedrigere Steuersatz direkt bemerkbar. Sprit wird dadurch etwa um rund drei Cent pro Liter billiger. Wer im zweiten Halbjahr 10000 Kilometer fährt und dafür 700 Liter Sprit verbraucht, spart etwa 21 Euro, wie Tenhagen vorrechnet. Mit etwas Strategie sei aber noch mehr Ersparnis drin. Wer stets die günstigste Tankstelle nutzt, kann in der Regel zehn Cent pro Liter sparen. Entspreche­nde Apps auf dem Smartphone weisen den Weg. Wer obendrein zur richtigen Tageszeit tankt, also meist abends, kann noch einmal bis zu 10 Cent einsparen. Sparpotenz­ial insgesamt: Bis zu 10 Euro pro Tankfüllun­g und damit mehr, als die Mehrwertst­euersenkun­g allein bringt, so Tenhagen.

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Ob bei Heizöl, Gas, Strom oder Sprit: Bei der Energie lässt sich derzeit vergleichs­weise viel sparen – nicht nur wegen der Senkung der Mehrwertst­euer.
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Fotos: dpa (2), Adobe Stock
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