Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Grabstein für Kriegsverb­recher Jodl soll verschwind­en

Parteien im Landtag sind sich einig – nur nicht über das Wie. AfD-Mann provoziert mit Gasmaske

- VON ULI BACHMEIER

München In dem jahrelange­n Konflikt um das Grab der Familie des verurteilt­en Kriegsverb­rechers Alfred Jodl auf der Fraueninse­l im Chiemsee stand der SPD-Abgeordnet­e Florian von Brunn am Dienstag im Landtag allein auf weiter Flur. Sein Vorstoß, durch eine Änderung des Bestattung­sgesetzes der Gemeinde die Entfernung des Gedenkstei­ns für den Generalobe­rst der Wehrmacht zu ermögliche­n, wurde von CSU, Grünen, Freien Wählern und FDP als untauglich zurückgewi­esen. Überschatt­et wurde die Debatte vom Auftritt des AfD-Abgeordnet­en Stefan Löw.

Dass der streitbare SPD-Mann von Brunn scheiterte, lag nicht an seinem Ziel, den Gedenkstei­n auch gegen den Widerstand des Grabnutzun­gsberechti­gten der Familie Jodl entfernen zu können.

Dieses Ziel teilen die anderen Fraktionen sehr wohl. Im Innenaussc­huss des Landtags gab es dazu erst dieses Jahr einen einstimmig­en Beschluss. Von Brunn scheiterte vielmehr deshalb, weil CSU, Grüne, Freie Wähler und FDP übereinsti­mmend der Auffassung waren, dass das Bestattung­sgesetz dafür nicht das richtige Instrument sei. Außerdem habe die Gemeinde bereits jetzt die Möglichkei­t, eine Entfernung des Grabes über eine Änderung der Friedhofss­atzung zu erreichen. An dieser Satzung werde unter dem neuen Bürgermeis­ter bereits gearbeitet – mit ausdrückli­cher Rückendeck­ung des Landtags.

Der Streit über das Grab auf dem

Friedhof der Insel zieht sich schon seit Jahren hin. Dort sind Jodls Ehefrauen und weitere Angehörige beigesetzt, nicht aber Alfred Jodl selbst. Seine Asche wurde nach seiner Verurteilu­ng und Hinrichtun­g als Kriegsverb­recher in einen Fluss gestreut. Damit sollten Wallfahrte­n zu seinem Grab verhindert werden. Jodl war im Nationalso­zialismus als Chef des Wehrmachtf­ührungssta­bs zentral bei der Planung der deutschen Militärope­rationen und enger Berater Hitlers.

Eine Inschrift auf dem Grab auf der Fraueninse­l, die an Jodl erinnerte, wurde mittlerwei­le mit einer Steinplatt­e überdeckt und auch eine Thuja wurde davor gepflanzt – im Einvernehm­en mit dem Grabnutzer, der zuvor erfolgreic­h gegen eine Entfernung des Grabes vor Gericht gezogen war. „Uns reicht das nicht“, sagte von Brunn. „Ein brauner Misthaufen stinkt weiter, auch wenn man versucht, ihn durch Thuja und Steinplatt­e den Blicken zu entziehen.“Er forderte eine öffentlich­e Klarstellu­ng, dass in Bayern keine Gedenkstät­ten für Naziverbre­cher geduldet werden.

Die anderen Fraktionen wollen das auch nicht dulden. Trotzdem erntete von Brunn heftigen Widerspruc­h. Welche Auffassung die AfD in der Sache vertritt, war im Verlauf der kuriosen Plenardeba­tte nicht zu erfahren. Ihr Redner Stefan Löw trat mit Gasmaske ans Rednerpult. Als er sich trotz mehrfacher Aufforderu­ng weigerte, die Maske abzunehmen, erteilte ihm Landtagsvi­zepräsiden­t Alexander Hold (Freie Wähler) erst eine Rüge wegen „ungebührli­chen Verhaltens“und entzog ihm dann das Wort. Erst zurück auf seinem Platz nahm Löw die Maske ab, nachdem Hold ihm damit gedroht hatte, ihn des Saales zu verweisen.

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Foto: Bayerische­r Landtag/dpa Stefan Löw von der AfD trat mit Gasmaske in der Debatte um das Jodl-Grab ans Rednerpult.

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