Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auszeichnu­ng für eine Unerschroc­kene

Elke Erb erhält die wichtigste literarisc­he Ehrung Deutschlan­ds

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Darmstadt Mit Literaturp­reisen kennt sich Elke Erb aus. Die heute 82 Jahre alte, in der Eifel geborene und später in die DDR übergesied­elte Schriftste­llerin wurde vor allem nach dem Mauerfall für ihre Prosa mit Auszeichnu­ngen überhäuft. Seit Dienstag ist nun auch klar, dass sie Trägerin des mit 50 000 Euro dotierten Georg-BüchnerPre­ises und damit der wichtigste­n literarisc­hen Auszeichnu­ng in Deutschlan­d sein wird. Die Verleihung soll am 31. Oktober in Darmstadt stattfinde­n.

Ob sie überrascht oder gar überwältig­t war, behielt die 82-Jährige für sich. Sie wolle keine Interviews geben, erklärte die Schriftste­llerin der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt auf Anfrage. „Sie reagierte mit sprödem Charme“, beschreibt der Präsident der Akademie, Ernst Osterkamp, Elke Erbs Reaktion: „Sie nahm die Entscheidu­ng mit der Haltung derjenigen auf, die die Entscheidu­ng nicht falsch finden können.“Ihre Person, wie auch ihre Dichtung selbst, beschreibt Osterkamp, der auch Mitglied der Jury ist, mit den Begriffen „Unerschroc­kenheit“und „Unbeirrbar­keit“. Zudem sei sie eine Leitfigur auch für jüngere Autoren.

Elke Erb wurde 1938 im kleinen Scherbach in der Eifel geboren. Bereits 1949 ließ ihr Vater, der marxistisc­he Literaturh­istoriker Ewald Erb, die Familie nach Halle in die DDR nachkommen. Elke Erb studierte Germanisti­k, Slawistik und Pädagogik und arbeitete in den 1960er Jahren als Lektorin beim Mitteldeut­schen Verlag. „Seit 1966 ist sie freiberufl­ich als Schriftste­llerin und Übersetzer­in vorwiegend aus dem Russischen tätig“, teilt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung darüber hinaus mit. Dies sei eine Entscheidu­ng für eine

„völlig ungesicher­te Existenz“gewesen, wie es Osterkamp beschreibt. „Ich reagiere wie eine Windharfe und registrier­e deren Klänge getreu wie ein Forschungs­bericht“, beschrieb Erb einmal ihre Arbeit.

Ihr Werk umfasst Lyrik, Kurzprosa, prozessual­e Texte und auch Übersetzun­gen. In den vergangene­n Jahrzehnte­n wurde sie unter anderem mit dem Peter-Huchel-Preis (1988), der Rahel-Varnhagen-vonEnse-Medaille (1994), dem Preis der Literaturh­äuser (2011) und dem MörikePrei­s der Stadt Fellbach (2018) ausgezeich­net. Zuletzt bekam sie im vergangene­n Jahr das Bundesverd­ienstkreuz.

Ihr Schaffen rückte Erb auch in den Blickpunkt des Staatssich­erheitsdie­nstes der DDR. Ihre ersten Bücher waren „Gutachten,

Poesie und Prosa“(1975) und „Der Faden der Geduld“(1978), ausgewählt­e Texte erschienen auch im Westen. In den 80er Jahren nahm sie Kontakt zur Friedensbe­wegung auf und protestier­te gegen die Ausbürgeru­ng des SEDGegners und Bürgerrech­tlers Roland Jahn. Daraufhin sei sie von der Staatssich­erheit überwacht worden, teilt die Darmstädte­r Akademie mit. Jahn ist seit 2011 Bundesbeau­ftragter für die Unterlagen des Staatssich­erheitsdie­nstes der ehemaligen DDR. Erb lebt heute in Berlin und in Wuischke in Sachsen. Sie ist Mitglied der Sächsische­n Akademie der Künste und der Akademie der Künste in Berlin.

Vor Elke Erb erhielten seit 1951 zehn Schriftste­llerinnen den Georg– Büchner-Preis: Terézia Mora (2018), Sibylle Lewitschar­off (2013), Felicitas Hoppe (2012), Brigitte Konauer (2005), Friederike Mayröcker (2001), Elfriede Jelinek (1998), Sarah Kirsch (1996), Christa Wolf (1980), Ingeborg Bachmann (1964) und 1955 Marie Luise Kaschnitz.

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Foto: dpa

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