Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mysteriöses Massensterben
Im Okawangodelta sind schon hunderte tote Elefanten entdeckt worden. Sie sind einfach umgekippt und verendet. Auch nach drei Monaten rätseln Experten über die Ursachen
Gaborone Ein mysteriöses Elefantensterben im afrikanischen SafariParadies Botswana lässt Experten rätseln: Warum verenden die Tiere im Okawangodelta, inzwischen schon hunderte von ihnen? Immer neue verstörende Bilder von ausgedörrten Kadavern gibt es. „Die Ursache ist auch nach drei Monaten weiterhin ungeklärt“, sagt Heike Henderson von der Artenschutzorganisation Future for Elephants.
Fast alle Kadaver lagen im nördlichen Teil des Deltas, nahe dem Dorf Seroga. Die meisten Tiere verendeten in Sichtweite von Wasserlöchern. In Botswana lebt fast ein Drittel des Elefanten-Bestands Afrikas. Der Tod ereilt die Tiere offenbar sehr schnell.
Experten haben dafür mehrere Erklärungsversuche. „Elefanten sind sehr kontaktfreudige Tiere – wenn es eine Infektion wäre, könnte sich das sehr schnell in der Herde verbreiten“, meint etwa die Großwild-Veterinärin Sybille Quandt. Nahrungsmangel zumindest könne wegen der ergiebigen Regenfälle in letzter Zeit weitgehend ausgeschlossen werden. Die örtliche Tierschutzorganisation Elephants Protection Society weist auf ein ähnli
Massensterben hin: Vor gut einem Jahr habe schon einmal ein zunächst mysteriöser Erreger die Region heimgesucht, sagt der Direktor der Organisation, Oaitse Nawa. Als Ursache galten damals mit dem Anthrax-Erreger (Milzbrand) verseuchte Böden.
Diesmal wurde eine Vergiftung durch Anthrax mit Tests aber ausgeschlossen. Ebenso wie Wilderei: Die toten Tiere haben alle ihre Stoßzähne noch. Die Bevölkerung jedenfalls wurde vorsorglich vor dem Verzehr des Fleisches gewarnt.
Bislang sind die meisten Todesfälle bei den Elefanten beschränkt auf ein überschaubares Gebiet im nordwestlich gelegenen Okawangodelta nahe dem zu Namibia gehörenden Caprivi-Streifen. Der britische Prinz Harry hatte hier im Vorjahr im Dreiländereck mit Namibia und Angola ein grenzüberschreitendes Waldschutzprojekt eingeweiht.
Inzwischen setzen Behörden und Tierschützer in dem sumpfigen Gelände Helikopter und Flugzeuge ein, um die toten Tiere auszumachen. Von einem außergewöhnlich dramatischen Ereignis spricht Heike Henderson: „Etwas, was sonst höchstens durch eine extreme, lang anhaltende Dürre verursacht wird.“
Einen Zusammenhang mit Corona halten Experten dagegen für unwahrscheinlich: Eine meist harmlos verlaufende Infektion mit dem Virus ist bisher vor allem für bestimmte Fleischfresser wie Katzen und Nerze bekannt. Zudem scheine keine andere Wildtierart von dem Massensterben betroffen zu sein, erklärt Henderson. Dies gelte auch für Tiere, die aus denselben Wasserlöchern trinken, oder Aasfresser wie Löwen, Hyänen oder Geier, die sich von den Elefanten-Kadavern ernähren.
„Ein großes Problem ist, dass sich die Regierung von Botswana nicht sehr transparent oder kooperativ zeigt“, kritisiert Henderson. Hilfsangebote würden von der Regierung nicht angenommen. „Warum verneint die Regierung die Ernsthaftigkeit des Problems?“, fragt auch die kenianische Wildtier-Expertin Paula Kahumbu im Kurznachrichtenches dienst Twitter. Einen geplanten Flug mit Journalisten ins Okawangodelta sagte Botswanas Regierung am Sonntag kurzfristig und ohne weitere Erklärung ab.
Dabei hat Botswana in Afrika eigentlich einen guten Ruf in Sachen Natur- und Tierschutz. Im Vorjahr hatte es allerdings international Empörung wegen der Aufhebung des Elefantenjagdverbots gegeben. Während die Zahl der Elefanten in vielen Regionen Afrikas zurückgeht, ist sie in dem Binnenstaat laut offiziellen Angaben von etwa 50 000 im Jahr 1991 auf gut 130 000 Tiere angestiegen. Ralf E. Krüger, dpa
„Warum verneint die Regierung die Ernsthaftigkeit des Problems?“
Wildtier-Expertin Paula Kahumbu