Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Kettenreaktion
Halsschmuck bei Männern liegt in diesem Sommer voll im Trend. Ist das nun peinlich und prollig – oder sexy?
Augsburg Nora also. Vier fette Buchstaben. Plakativ. Glänzend. Ein bisschen too much. Aber immerhin kennt man sie auch Jahrzehnte später noch, die goldene Kette, die dereinst Thomas Anders um den Hals trug, wenn er mit wehenden Locken, lipglossglänzenden Lippen und kajalgeschwärzten Augen auf der Bühne stand. Er trug sie als Zeichen seiner großen Liebe – eben zu Nora. Die Romanze ist bekanntlich vorbei – der Kettentrend indes ist nicht totzukriegen. In diesem Sommer ist Halsschmuck – man möchte fast sagen: der Goldkettchen-Proll-Look – bei Männern voll im Trend. Peinlich finden die einen – sexy die anderen.
Der Hype um die hippe Halszierde zeigt sich vor allem – wo sonst – im Internet. Halb nackte junge Männer mit schmalen Kettchen um den Hals schmachten lasziv in ihre Selfie-Kameras, manche beißen neckisch auf dem Schmuckstück herum. Es gibt sogar eine Kette, die einen eigenen Instagram-Account mit fast 190 000 Fans hat: die von Connell Waldron.
Connell Waldron? Kennen Sie nicht? Macht nichts. Connell Waldron
ist die Hauptfigur der Serie „Normal People“, die Mitte Juli in Deutschland startet. Im englischsprachigen Raum ist um die Serie ein großer Hype entbrannt – nicht zuletzt eben wegen Hauptfigur Waldron, gespielt von Paul Mescal, der fast immer ein silbernes Kettchen trägt. Der 24-jährige Ire wurde vom Wall Street Journal sogar zum neuen „viralen Sexsymbol“gekürt.
Als Vorreiter des Trends gilt übrigens unter anderem Tennisspieler Alexander Zverev, der sogar beim Sport Schmuck trägt – und gewissermaßen hat der Mann damit eine Kettenreaktion ausgelöst und das Geschmeide wieder populär gemacht. So populär, dass das Herrenmagazin die hippsten Hypes für 2020 aufgelistet hat. Etwa: Feine Perlen, wie sie eigentlich eher ältere Damen tragen, baumeln nun an Männerhälsen. Oder: Grobe Stahlketten wie man sie aus der Punkszene kennt, sind nun ein maskulines „Statement-Piece“.
Nur: Nicht alle Frauen finden so was unbedingt attraktiv. Im OnlineForum eines Dating-Portals zum Beispiel wird viel über die Kettchen diskutiert. Und viele sagen: schrecklich. Derlei Accessoires würden nur „Assi-Bodybuilder und Zuhälter“tragen. Und in der Tat will es nicht so recht weichen, dieses Bild von einer Goldkette, die sich im krausen Brusthaar eines Reeperbahn-Prolls verfängt. Oder eben das Bild der Nora-Kette von Thomas Anders. Vier fette Buchstaben. Plakativ. Glänzend. Und einfach ein bisschen too much.