Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein ehrgeiziger Plan
Alexander Scherl und Roman Deisenhofer nehmen die Zugspitze in Angriff. Mit dem Fahrrad von Augsburg aus
Am 27. August jährt sich die offizielle Erstbesteigung der Zugspitze zum 200. Mal. 1820 soll ein gewisser Josef Naus erstmals auf dem Gipfel von Deutschlands höchster Erhebung gestanden haben. Ganz sicher ist das allerdings nicht, denn es scheint nicht ausgeschlossen, dass auch schon früher jemand den Aufstieg auf 2962 Meter gewagt hat. Als gesichert dürfte dagegen gelten, dass die damaligen Bergsteiger nicht erst mit dem Zweirad von Augsburg heran gefahren kamen. Und ganz sicher radelten sie nach Auf- und Abstieg nicht wieder nach Augsburg zurück. Genau das haben aber zwei Freunde aus Augsburg in Kürze vor. Roman Deisenhofer, 35, und Alexander Scherl, 40, tüfteln schon seit längerem an einem Vorhaben, das mit der Erstbesteigung der Zugspitze vor 200 Jahren nicht mehr viel gemeinsam hat.
125 Kilometer Straße liegen zwischen dem Augsburger Rathausplatz und dem kleinen Ort Hammersbach am Fuße der Zugspitze. Von dort aus sind es genau 2200 Höhenmeter rauf zum Gipfelkreuz. Das aber reicht den beiden Extremsportlern nicht. Sie wollen weiter über den Jubiläumsgrat, rüber zur Alpspitze, von dort wieder hinab zu ihren Rädern und dann zurück nach Augsburg. 250 Kilometer auf dem Rad, 21 Kilometer zu Fuß durchs Gebirge und insgesamt 4500 Höhenmeter stehen auf dem Plan.
Alexander Scherl, Inhaber der Alpinschule Augsburg, hat diese Tortur mit einem anderen Begleiter schon einmal bis ins Detail geplant, absolviert und damals etwas über 18 Stunden benötigt. Jetzt ist das Ziel deutlich ambitionierter. „Wir wollen es in unter 15 Stunden schaffen“, sagt Deisenhofer. Der Profi-Triathlet sieht vor allem auf der Radstrecke, seiner Spezialdisziplin, noch Verbesserungspotenzial. „Die Jungs hatten damals einen 31er-Schnitt. Jetzt wollen wir schon eher einen Schnitt zwischen 38 und 40 Stundenkilometern anpeilen.“
Beide Sportler werden mit edlen Zeitfahrmaschinen unterwegs sein. Deisenhofer soll die meiste Zeit im Wind fahren und Tempo machen. Ein Begleitfahrzeug übernimmt die Versorgung mit Kohlenhydraten und Flüssigkeit. Weit über 10000 Kalorien werden die beiden im Laufe dieses langen Tages verbrennen, um den Muskeln die nötige Energie zur Verfügung zu stellen. Deisenhofer: „Du musst eigentlich ständig in kleinen Portionen essen, damit der Körper das alles aufnehmen kann.“
In Hammersbach angekommen, wechseln die beiden Sportler nur die Schuhe und nehmen dann sofort den Aufstieg in Angriff. Das Gepäck wird auf ein Minimum reduziert. „Wir müssen so leicht wie möglich sein, wir wollen schnellstmöglich hochkommen“, sagt Deisenhofer.
Bis zum Gipfel ist das zumindest bergsteigerisch noch kein großes Problem. 2:40 Stunden planen sie für den Aufstieg ein. Auf dem Jubiläumsgrat kommen sie dann aber in hochalpines Terrain, dort wird der ausgebildete Bergführer Scherl das Kommando übernehmen. Normalerweise ist für die sechs Kilometer lange Route ein knapper Tag veranschlagt. Die beiden wollen sie in fünf Stunden schaffen. Danach müssen sie auf dem Rückweg nur noch 1200 Meter Höhe abbauen, ehe sie wieder nach Hause radeln.
Ein Stück weit ist das Vorhaben der Corona-Krise geschuldet. Scherl wollte in diesem Jahr erstmals einen Triathlon absolvieren. Aufgrund der Pandemie wurden aber alle Wettbewerbe abgesagt. Das traf natürlich auch Deisenhofer, der auf die Langdistanz spezialisiert ist. „Ich habe dann gesehen, dass Alex da mal was Interessantes gemacht hat. Das Ganze ist eine coole Herausforderung und vor allem geht das noch schneller. Also haben wir damit begonnen, eine Neuauflage zu planen“, sagt Deisenhofer.
Seit Wochen läuft die Vorbereitung der beiden Sportler. Den Jubiläumsgrat sind die beiden schon auf Zeit gegangen. Und auch das Radfahren im Team haben sie schon getestet, die Abstimmung muss funktionieren. Ein Problem ist momentan noch, dass es auf dem Jubiläumsgrat keine Möglichkeit gibt, Wasser nachzufüllen. Um möglichst leicht zu sein, wollen die beiden Sportler nur eine Trinkweste mitnehmen, in die aber nur ein Liter Flüssigkeit hinein passt. „Da oben gibt es nur Steine. Einen Rucksack wollen wir eigentlich nicht mitnehmen. Aber ein Liter ist zu wenig. Mal schauen, wie wir das lösen.“
Einen genauen Termin für das Unternehmen gibt es nicht. Alles hängt vom Wetter ab. Sicher ist nur: Sie wollen innerhalb der nächsten zwei Wochen starten.