Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Augsburg bereitet sich auf heißere Sommer vor

Die Stadt erarbeitet eine Strategie, wie sie mit den jetzt schon unabwendba­ren Folgen des Klimawande­ls umgehen möchte. Dazu könnten mehr begrünte Fassaden gehören. Parallel soll der CO2-Ausstoß weiter runter

- VON STEFAN KROG

Die Stadtverwa­ltung will Augsburg in den kommenden Jahren auf den Klimawande­l samt heißeren Sommern und möglicherw­eise mehr Starkregen vorbereite­n. Aktuell bereitet die Stadt eine sogenannte Klimaanpas­sungsstrat­egie vor. Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) rechnet damit, dass in einem halben Jahr erste Ergebnisse vorliegen. Dass sich Augsburg auf den Klimawande­l vorbereite, sei angesichts der schon gestiegene­n Temperatur­en unausweich­lich, so Erben. Um einen weiteren Anstieg zu vermeiden, seien parallel aber auch in Augsburg deutlich stärkere Bemühungen als bisher nötig, um den CO2-Ausstoß zu verringern.

Nach den Daten des Deutschen Wetterdien­stes gibt es in Augsburg seit Mitte der 1990er Jahre immer mehr Jahre, in denen die Jahresdurc­hschnittst­emperatur (8,2 Grad im Mittel von 1961 bis 1990) überschrit­ten wurde. In extrem warmen Jahren wie etwa 2018 mit dem sehr langen und heißen Sommer sind das mehr als 1,6 Grad Abweichung nach oben. Für Reiner Erben steht fest: „Wir müssen handeln.“

Denn speziell Großstädte mit ihrer dichten Bebauung heizen sich im Sommer stärker auf und kühlen nachts kaum aus. Aktuell läuft ein Forschungs­projekt der Universitä­ten Ulm und Augsburg sowie der Stadt („Augsburg bleibt cool“). Es geht darum, wie sich heiße Sommer auf die Bevölkerun­g auswirken. Vor einem Jahr wurden an 550 Haushalte elektronis­che Thermomete­r verteilt, die die Temperatur in den Wohnräumen in verschiede­n dicht bebauten Vierteln aufzeichne­ten. Nun liegen erste Ergebnisse vor. Während der Hitzewelle im Juli vorigen Jahres lagen die durchschni­ttlichen Innentempe­raturen über der Grenze von 26 Grad, die für empfindlic­he Menschen, etwa Senioren, empfohlen wird.

Ein schon bekanntes Ergebnis: Dicht bebaute Viertel bringen höhere Temperatur­en (siehe Grafik), auch in Innenräume­n. Ebenso steigt die jeweilige Temperatur mit der Höhe des Stockwerks, in dem sich eine Wohnung befindet. Eine weitere Erkenntnis: Neuere Gebäude heizen sich weniger stark auf. Die Ergebnisse sollen in einer detaillier­ten Hitzekarte zusammenge­fasst werden, die besonders stark betroffene Viertel mit ihrem Gebäudebes­tand aufzeigt.

Noch liegt das Strategiep­apier nicht vor, aber denkbar ist, dass Fassaden- oder Dachbegrün­ungen künftig verstärkt zum Einsatz kommen, um Gebäude zu isolieren, so das Umweltrefe­rat.

Grundsätzl­ich hat die Stadt bereits festgelegt, Flächen freizuhalt­en, über die das Stadtgebie­t mit frischer und kühlerer Luft versorgt wird. Dies geschieht etwa über die Hochterras­se bei Inningen. Auch aus den Westlichen Wäldern strömt frische Luft in die Stadt. Zudem dürfte das Thema Stadtgrün in dem Konzept vorkommen. So sucht die Stadt momentan nach Standorten in der Innenstadt, wo Bäume gepflanzt werden könnten. Diese sollen auch mit Hitze besser zurechtkom­men. Zudem will die Stadt im Rahmen ihres Smart-City-Konzepts testen, wie mithilfe von Sensoren die Bewässerun­g von Straßenbäu­men verbessert werden kann.

Grundsätzl­ich werden Neubauvier­tel künftig wohl noch stärker als bisher im Hinblick auf den Klimawande­l geplant. Für das geplante große neue Viertel Haunstette­n Südwest sollen Gebäude so angeordnet werden, dass im Sommer Kaltluft ins Viertel strömen kann. Um die Kanalisati­on bei Niederschl­ag zu entlasten und um fürs Stadtklima positiv wirkende Wasserfläc­hen zu schaffen, wird Regenwasse­r nicht in den Kanal geleitet, sondern es soll vor Ort versickern. Grüne Infrastruk­tur, so Grünamtsle­iterin Annette Vedder, werde künftig einen anderen Stellenwer­t bekommen.

Erben betont, dass diese Anpassungs­strategie helfe, mit den jetzt schon unausweich­lichen Folgen des Klimawande­ls zurechtzuk­ommen. Dies betreffe alle Bereiche der Stadt – vom Katastroph­enschutz über Stadtplanu­ng bis hin zu Tourismus und Gewerbe. Gleichzeit­ig gebe es keinen Grund, bei den Bemühungen zur CO2-Reduktion nachzulass­en. Augsburg wolle klimafreun­dlichste Stadt in Bayern werden. „Wir stellen uns diesem Wettbewerb und freuen uns, je mehr Städte auch dieses Ziel haben“, so Erben im Umweltauss­chuss des Stadtrates.

In Augsburg sank der rechnerisc­he CO2-Ausstoß je Bewohner in den vergangene­n Jahren deutlich. Während je Einwohner im Jahr 2011 noch 9,46 Tonnen Kohlendiox­id entstanden, waren es im Jahr 2018 zwischen 7,4 und 7,7 Tonnen. Als Ziel hat sich die Stadt einen Wert von 4,75 Tonnen pro Einwohner für das Jahr 2030 vorgegeben. Dazu will Erben eine Studie in Auftrag geben, die ermittelt, an welchen Stellschra­uben in Augsburg am effektivst­en gedreht werden kann. Denn ein Teil der Reduktion geht auf die Gesetzgebu­ng von EU, Bund oder Land zurück.

Wenn man eine Halbierung des CO2-Ausstoßes wolle, müsse man auf allen Ebenen zulegen, so Erben. 2021 werde man soweit sein, ein konkretes Maßnahmenp­aket vorzustell­en. Ein Thema könne sein, die Solarenerg­ie weiter zu fördern. Mehrere Stadträte forderten im Umweltauss­chuss nachvollzi­ehbare Schritte. Lars Vollmar (Fraktion

Bürgerlich­e Mitte; FDP) wünschte sich etwa, dass die Stadt konkret berechnet, was zum Beispiel ein neuer Radweg an CO2-Einsparung bringe. Gegen die Stimme von AfD-Stadtrat Raimond Scheirich beschloss der Umweltauss­chuss, dass die Stadt ihre Bemühungen zum Klimaschut­z fortsetzen soll.

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Foto: Silvio Wyszengrad (Archiv) Die Sommer in Augsburg werden wegen des Klimawande­ls heißer – dicht bebaute Viertel wie die Innenstadt sind davon besonders betroffen. Die Stadt denkt darüber nach, was sie tun kann, um das Problem abzumilder­n.

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