Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Augsburg bereitet sich auf heißere Sommer vor
Die Stadt erarbeitet eine Strategie, wie sie mit den jetzt schon unabwendbaren Folgen des Klimawandels umgehen möchte. Dazu könnten mehr begrünte Fassaden gehören. Parallel soll der CO2-Ausstoß weiter runter
Die Stadtverwaltung will Augsburg in den kommenden Jahren auf den Klimawandel samt heißeren Sommern und möglicherweise mehr Starkregen vorbereiten. Aktuell bereitet die Stadt eine sogenannte Klimaanpassungsstrategie vor. Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) rechnet damit, dass in einem halben Jahr erste Ergebnisse vorliegen. Dass sich Augsburg auf den Klimawandel vorbereite, sei angesichts der schon gestiegenen Temperaturen unausweichlich, so Erben. Um einen weiteren Anstieg zu vermeiden, seien parallel aber auch in Augsburg deutlich stärkere Bemühungen als bisher nötig, um den CO2-Ausstoß zu verringern.
Nach den Daten des Deutschen Wetterdienstes gibt es in Augsburg seit Mitte der 1990er Jahre immer mehr Jahre, in denen die Jahresdurchschnittstemperatur (8,2 Grad im Mittel von 1961 bis 1990) überschritten wurde. In extrem warmen Jahren wie etwa 2018 mit dem sehr langen und heißen Sommer sind das mehr als 1,6 Grad Abweichung nach oben. Für Reiner Erben steht fest: „Wir müssen handeln.“
Denn speziell Großstädte mit ihrer dichten Bebauung heizen sich im Sommer stärker auf und kühlen nachts kaum aus. Aktuell läuft ein Forschungsprojekt der Universitäten Ulm und Augsburg sowie der Stadt („Augsburg bleibt cool“). Es geht darum, wie sich heiße Sommer auf die Bevölkerung auswirken. Vor einem Jahr wurden an 550 Haushalte elektronische Thermometer verteilt, die die Temperatur in den Wohnräumen in verschieden dicht bebauten Vierteln aufzeichneten. Nun liegen erste Ergebnisse vor. Während der Hitzewelle im Juli vorigen Jahres lagen die durchschnittlichen Innentemperaturen über der Grenze von 26 Grad, die für empfindliche Menschen, etwa Senioren, empfohlen wird.
Ein schon bekanntes Ergebnis: Dicht bebaute Viertel bringen höhere Temperaturen (siehe Grafik), auch in Innenräumen. Ebenso steigt die jeweilige Temperatur mit der Höhe des Stockwerks, in dem sich eine Wohnung befindet. Eine weitere Erkenntnis: Neuere Gebäude heizen sich weniger stark auf. Die Ergebnisse sollen in einer detaillierten Hitzekarte zusammengefasst werden, die besonders stark betroffene Viertel mit ihrem Gebäudebestand aufzeigt.
Noch liegt das Strategiepapier nicht vor, aber denkbar ist, dass Fassaden- oder Dachbegrünungen künftig verstärkt zum Einsatz kommen, um Gebäude zu isolieren, so das Umweltreferat.
Grundsätzlich hat die Stadt bereits festgelegt, Flächen freizuhalten, über die das Stadtgebiet mit frischer und kühlerer Luft versorgt wird. Dies geschieht etwa über die Hochterrasse bei Inningen. Auch aus den Westlichen Wäldern strömt frische Luft in die Stadt. Zudem dürfte das Thema Stadtgrün in dem Konzept vorkommen. So sucht die Stadt momentan nach Standorten in der Innenstadt, wo Bäume gepflanzt werden könnten. Diese sollen auch mit Hitze besser zurechtkommen. Zudem will die Stadt im Rahmen ihres Smart-City-Konzepts testen, wie mithilfe von Sensoren die Bewässerung von Straßenbäumen verbessert werden kann.
Grundsätzlich werden Neubauviertel künftig wohl noch stärker als bisher im Hinblick auf den Klimawandel geplant. Für das geplante große neue Viertel Haunstetten Südwest sollen Gebäude so angeordnet werden, dass im Sommer Kaltluft ins Viertel strömen kann. Um die Kanalisation bei Niederschlag zu entlasten und um fürs Stadtklima positiv wirkende Wasserflächen zu schaffen, wird Regenwasser nicht in den Kanal geleitet, sondern es soll vor Ort versickern. Grüne Infrastruktur, so Grünamtsleiterin Annette Vedder, werde künftig einen anderen Stellenwert bekommen.
Erben betont, dass diese Anpassungsstrategie helfe, mit den jetzt schon unausweichlichen Folgen des Klimawandels zurechtzukommen. Dies betreffe alle Bereiche der Stadt – vom Katastrophenschutz über Stadtplanung bis hin zu Tourismus und Gewerbe. Gleichzeitig gebe es keinen Grund, bei den Bemühungen zur CO2-Reduktion nachzulassen. Augsburg wolle klimafreundlichste Stadt in Bayern werden. „Wir stellen uns diesem Wettbewerb und freuen uns, je mehr Städte auch dieses Ziel haben“, so Erben im Umweltausschuss des Stadtrates.
In Augsburg sank der rechnerische CO2-Ausstoß je Bewohner in den vergangenen Jahren deutlich. Während je Einwohner im Jahr 2011 noch 9,46 Tonnen Kohlendioxid entstanden, waren es im Jahr 2018 zwischen 7,4 und 7,7 Tonnen. Als Ziel hat sich die Stadt einen Wert von 4,75 Tonnen pro Einwohner für das Jahr 2030 vorgegeben. Dazu will Erben eine Studie in Auftrag geben, die ermittelt, an welchen Stellschrauben in Augsburg am effektivsten gedreht werden kann. Denn ein Teil der Reduktion geht auf die Gesetzgebung von EU, Bund oder Land zurück.
Wenn man eine Halbierung des CO2-Ausstoßes wolle, müsse man auf allen Ebenen zulegen, so Erben. 2021 werde man soweit sein, ein konkretes Maßnahmenpaket vorzustellen. Ein Thema könne sein, die Solarenergie weiter zu fördern. Mehrere Stadträte forderten im Umweltausschuss nachvollziehbare Schritte. Lars Vollmar (Fraktion
Bürgerliche Mitte; FDP) wünschte sich etwa, dass die Stadt konkret berechnet, was zum Beispiel ein neuer Radweg an CO2-Einsparung bringe. Gegen die Stimme von AfD-Stadtrat Raimond Scheirich beschloss der Umweltausschuss, dass die Stadt ihre Bemühungen zum Klimaschutz fortsetzen soll.