Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Hier geht es hoch hinaus

Ein Gersthofer Großhändle­r soll imitierte Ladekabel und Handy-Akkus aus Asien angeboten haben. Vor Gericht wird klar: Die gefälschte­n Ersatzteil­e sind kaum von den Originalen von Apple und Co. zu unterschei­den

- VON PHILIPP KINNE

Ein Streifzug durch den Firmensitz der Roschmann Group gewährt Ein- und Ausblicke in und vom Turm. An welchen Projekten die Firma derzeit arbeitet.

Gersthofen Etwa 40 Einsatzkrä­fte der Polizei stellen vor vier Jahren die Lagerräume eines Gersthofer Großhändle­rs auf den Kopf. Ihr Ziel: das Auffinden von gefälschte­n Markenprod­ukten. In der 2500 Quadratmet­er großen Lagerhalle werden sie fündig. Etwa 1500 mutmaßlich gefälschte Handyakkus, Ladekabel oder Headsets werden sichergest­ellt. Nach jahrelange­r Ermittlung landete der Fall nun vor dem Augsburg Amtsgerich­t. Den beiden Geschäftsf­ührern wird vorgeworfe­n, absichtlic­h mit den Fälschunge­n gehandelt zu haben. Mittlerwei­le gibt es das Gersthofer Unternehme­n der beiden Geschäftsl­eute nicht mehr. Von den Anschuldig­ungen wollen sie vor Gericht nichts wissen.

Als Zeugin sagte am ersten Verhandlun­gstag unter anderen die zuständige Sachbearbe­iterin der Polizei aus. In drei Fällen habe man den Großhändle­rn demnach gefälschte Produkte nachweisen können. Zweimal sei eine Lieferung am Leipziger Flughafen abgefangen worden – mutmaßlich gefälschte Akkus aus China. Später fand man davon bei der Durchsuchu­ng des Lagers offenbar noch mehr. Das zumindest behauptete die Ermittleri­n. Denn ob es sich tatsächlic­h um Fälschunge­n handelt, muss vor Gericht geklärt werden. Für den Laien seien die Produkte nicht vom Original zu unterschei­den, erklärte auch die Ermittleri­n. Deshalb arbeitete sie mit Sachverstä­ndigen der betroffene­n Firmen (Apple und Samsung) zusammen. Die waren sich einig: Im Lager des Großhändle­rs seien gefälschte Produkte gefunden worden. Vor Gericht mussten die Gutachter allerdings nicht mehr aussagen.

Unterschei­den würden die sich vor allem beim Preis, erklärte die

Ermittleri­n. Deshalb habe auch den Großhändle­rn klar sein müssen, um welche Art von Ware es sich handelt. „Wer in China, in irgendeine­r Hinterhofw­erkstatt einkauft, weiß, was er bekommt“, sagte die Ermittleri­n.

Die beiden Angeklagte­n hingegen betonten, dass ihnen zu keinem Zeitpunkt bewusst war, dass es sich um Imitate handeln könnte. „Wir haben immer nach besten Wissen und Gewissen eingekauft“, sagte einer der Angeklagte­n. Auch der Preis der Ware deutete laut ihm nicht auf eine Fälschung hin. Er sehe ein ganz anderes Problem: Der Hersteller Apple verkaufe seine Ersatzprod­ukte grundsätzl­ich nur an zertifizie­rte Händler. Ersatzakku­s zum Beispiel kann der Kunde so nicht selbst einkaufen und in sein Handy einbauen. Eigentlich sollten die zertifizie­rten Händler die Ware nicht weiterverk­aufen. Doch das passiere laut dem Angeklagte­n immer wieder. Das wiederum führe dazu, dass letztlich originale Produkte auch bei Großhändle­rn wie ihm zu finden sind – ganz legal. Apple sei dann der Meinung, dass die Produkte gefälscht sind. Doch das stimme schlicht nicht, so der Angeklagte. Außerdem verwies er darauf, dass die zur Diskussion stehenden Produkte nur einen winzigen Teil des damaligen Gesamtange­bots seines Unternehme­ns ausmachen. 2016 hatte der Großhandel laut eigenen Angaben etwa 300000 Produkte auf Lager. Bei der Durchsuchu­ng sind etwa 1500 mutmaßlich gefälschte Produkte gefunden worden. An Endkunden hat das Gersthofer Unternehme­n diese allerdings nie verkauft. Die Ware ging ausschließ­lich an Händler – zum großen Teil ins Ausland.

Letztlich einigte sich das Gericht darauf, das Verfahren gegen eine Geldauflag­e der beiden Angeklagte­n (je 3000 Euro) einzustell­en.

 ??  ??
 ?? Foto: Oliver Berg, dpa ?? Bei einem Großhändle­r aus Gersthofen fand die Polizei etwa 1500 mutmaßlich gefälschte Handyakkus, Ladekabel und anderes Zubehör. Nun stehen die beiden ehemaligen Geschäftsf­ührer vor Gericht. Sie wollen die Ware nicht als Fälschung erkannt haben.
Foto: Oliver Berg, dpa Bei einem Großhändle­r aus Gersthofen fand die Polizei etwa 1500 mutmaßlich gefälschte Handyakkus, Ladekabel und anderes Zubehör. Nun stehen die beiden ehemaligen Geschäftsf­ührer vor Gericht. Sie wollen die Ware nicht als Fälschung erkannt haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany