Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Klingt unglaublic­h

Vor 25 Jahren erfanden fränkische Forscher die Musikwelt neu

- VON MICHAEL STIFTER

Schon wieder so ein Jubiläum, das Eltern in Erklärungs­not bringt. Schließlic­h war es für uns in den 80ern schon eine echte Revolution, als der Walkmann die B-Seite der Kassette automatisc­h abgespielt hat. Unsere Eltern hörten damals noch Schallplat­ten und die Musik kam aus Boxen im Format einer Bierkiste. Aus Handschuhf­ächern – auch so ein Wort, das man Kindern von heute nur schwer begreiflic­h machen kann – purzelten Berge von Kassetten.

Und natürlich war ausgerechn­et von der, die man gerade hören wollte, immer nur die leere Plastikhül­le zu finden. Doch irgendwann waren auch die letzten ausgeleier­ten Tonträger dem Bandsalat erlegen, die letzten Platten zerkratzt – und im fränkische­n Erlangen wurde die Musikwelt neu erfunden. Vor 25 Jahren schufen Forscher dort ein Format mit dem wenig klangvolle­n Kürzel mp3. Tondateien wurden so komprimier­t, dass man nicht nur ganz viele Lieder auf ganz wenig Speicherpl­atz unterbrach­te. Wer schon einen Internetzu­gang hatte, konnte nun seine Lieblingst­itel auch einfach im Netz mit anderen tauschen. Ein Segen für Musikfans, der zum Fluch für die Branche wurde. Denn immer mehr Menschen wollten nicht mehr für Lieder bezahlen, die sie auch kostenlos herunterla­den konnten. Dass das Ganze eine rechtliche, nun ja, Grauzone war, kümmerte damals kaum jemanden. Plötzlich passte die meterlange Plattensam­mlung vom Opa auf einen kleinen mp3-Player in der Hosentasch­e. Klang unglaublic­h, war aber so. Dass das Wundergerä­t schon bald wieder von gestern sein würde, konnte damals ja noch keiner ahnen.

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Foto: dpa

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