Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie der tote Kardinal ins Olivenöl-Fass kam
Von morgen an lässt Rafik Schami seinen Kommissar Barudi in Syrien ermitteln
Seit Jahren gehört Syrien zum festen Bestandteil der Nachrichten, bedingt durch den dort tobenden Krieg und die davon ausgelösten Flüchtlingsbewegungen. Nach wie vor kaum bekannt in Deutschland sind hingegen Einblicke in die syrische Zivilgesellschaft. Einer, der hier seit langem immer wieder für Aufklärung sorgt, ist der Schriftsteller Rafik Schami. Er stammt selbst aus Syrien, und auch, wenn er seit nun einem halben Jahrhundert in Deutschland lebt und auch lange schon auf Deutsch schreibt, hat er den Bezug zu seiner Heimat doch nie verloren. Das zeigt nicht zuletzt sein jüngster, bei Hanser erschienener Roman mit dem Titel „Die geheime Mission des Kardinals“.
Nur vordergründig handelt es sich um einen Kriminalroman. Gewiss,
die Hauptfigur Zakaria Barudi ist ein Kommissar, dem ein ziemlich obskurer Fall auf den Schreibtisch flattert: Die italienische Botschaft in Damaskus hat ein Fass überstellt bekommen, das nicht nur mit Olivenöl gefüllt ist, sondern in dem auch ein toter Kardinal schwimmt. Was wollte der Mann aus Rom in Syrien? Barudi macht sich an die Arbeit – doch Rafik Schami folgt nun keineswegs nur den kriminalistischen Fährten seines Kommissars, sondern leuchtet zugleich tief hinein in die Gesellschaft seines Herkunftslandes, die im Roman übrigens noch vom Krieg verschont ist.
Was diesen Staat dominiert, das ist die Macht des diktatorischen Präsidenten und seines Clans und es ist das undurchschaubare Netz der Geheimdienste. Die Unterdrückung hat längst auch auf das zivile Leben abgefärbt, doch die Menschen wissen, sich Schlupflöcher zu suchen und im Privaten auf kleine Fluchten zu sinnen. Auch Kommissar Barudi versteht es, sich in diesem schwierigen Gelände zu bewegen.
Er ist ein alter Hase kurz vor dem Ruhestand und hat gelernt, dass man auch als Polizist in Damaskus nicht einfach Leute vom Geheimdienst verhören kann, selbst wenn man überzeugt ist, dass diese Dreck am Stecken haben.
Schon einmal hat der 1946 in Damaskus geborene Rafik Schami seinen Kommissar Barudi mit einem Fall betraut, 2004 war das in dem Roman „Die dunkle Seite der Liebe“. Doch eigentlich ist Schami kein Kriminalschriftsteller, der mit seinem Ermittler in Serie geht. Er ist breit aufgestellt als Literat, seine Werke reichen von belletristischer Erwachsenenliteratur über Essays bis hin zu Kinderbüchern und Märchen. Gerade in den letzteren unternimmt der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Autor den Versuch, die orientalische Tradition des mündlichen Erzählens mit westlicher Schreibkultur zu verbinden. Auch in „Die geheime Mission des Kardinals“schwingt etwas von dieser Fabulierfreude mit, und gerade sie trägt maßgeblich dazu bei, den
Alltag einer von Deutschland aus gesehen fernen Gesellschaft plastisch erlebbar werden zu lassen.
Barudi, der Verstärkung durch einen Kollegen aus Italien erhält, macht sich im Zuge seiner Ermittlungen auf in den Norden des Landes, wo bereits der Islamische Staat sein Unwesen zu treiben beginnt. Irgendwo hier unweit von Aleppo soll es einen geheimnisumwitterten Bergheiligen geben, der einerseits ein Muslim ist, bei seinen angeblichen Wundertaten sich aber auf Jesus beruft. Der tote italienische Kardinal soll mit diesem seltsamen Heiligen ein Zusammentreffen gehabt haben.
Wie diese so spannend wie atmosphärisch erzählte Geschichte am Ende ausgeht? Lesen Sie selbst: Vom morgigen Mittwoch an ist „Die geheime Mission des Kardinals“unser neuer Tagesroman.