Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Neues Batterie-Werk von Varta soll nächstes Jahr starten

Ministerpr­äsident Markus Söder besuchte am Montag auch den Batteriehe­rsteller in Nördlingen. Bund und Land fördern die Batterie-Entwicklun­g mit Millionen. Wie dies mit der neuen Wasserstof­f-Strategie zusammenpa­sst

- VON PHILIPP WEHRMANN

Nördlingen Der Batteriehe­rsteller Varta baut seine Produktion in Nördlingen massiv aus. Am Montag ist nachträgli­ch der Grundstein für die Erweiterun­g des Standorts gelegt worden. 100 Millionen Euro fließen in eine Fabrik, die seit dem Frühjahr gebaut wird und zur Hälfte fertig ist. Ministerpr­äsident Markus Söder hat dafür zusammen mit Wirtschaft­sstaatssek­retär Roland Weigert (Freie Wähler) den Standort besucht.

Bislang verdient der Batteriehe­rsteller sein Geld hauptsächl­ich mit Knopfzelle­n, etwa für kabellose Kopfhörer. In der neuen Fabrik in Nördlingen will Varta ab kommendem Jahr noch mehr solcher Lithium-Ionen-Batterien für kleine tragbare Geräte bauen, zum Beispiel Fitnessarm­bänder. Die neuen Batterien zeichnet eine höhere Energiedic­hte aus. In Nördlingen entstehe die „modernste Lithium-IonenBatte­riezellenf­abrik“für diesen großen Wachstumsm­arkt, sagte Varta-Chef Herbert Schein. „Sie ist einzigarti­g in der Welt“, fügte er an. Doch Varta will auch das Geschäft mit größeren Batterien ausbauen. Dafür überträgt die Firma ihre neuen Zellen in größere Formate, zunächst für Energiespe­icher für zu Hause. Auch im Automobilb­ereich – für E-Autos – sieht das Unternehme­n Chancen. Bund, Bayern und Baden-Württember­g fördern Varta mit 300 Millionen Euro. Allein an den Standort Nördlingen fließen über 100 Millionen Euro.

Interessan­t ist die Vorgeschic­hte: 2019 hatte der Bund einen Batteriefo­rschungsst­andort nach Münster vergeben – zum Ärger von Söder, der diesen nach Augsburg holen wollte. „Wenn es um das Knowhow in der Entwicklun­g der Batterie geht, da ist in Deutschlan­d die Batterie im Süden zu Hause“, sagte Söder am Montag.

Ein Großteil der weltweiten Batteriepr­oduktion findet heute in den USA und Asien statt. Der Freistaat will das ändern. Er baut ein „Bayerische­s Batteriene­tzwerk“mit Forschungs­einrichtun­gen in Bayreuth, München, Würzburg und Augsburg auf. Bayern will bei der Erforschun­g sogenannte­r Feststoffb­atterien – von ihnen verspreche­n sich viele einen Technologi­esprung – Vorreiter sein.

Gleichzeit­ig ist derzeit häufig die Rede von Wasserstof­f als Energiespe­icher. Wie passt das zusammen? Ein Rückblick: Autos und Busse transporti­eren Passagiere über den Münchner Flughafen. Wasserstof­f aus einer Tankstelle am Airport treibt ihre Brennstoff­zellen an. Das ist kein Zukunftssz­enario, sondern Vergangenh­eit. 1999 eröffnete die bayerische Staatsregi­erung das Projekt, Jahre später feierten sie es mit der Industrie als Erfolg, dann wurde es eingestamp­ft. Mehr als 20 Jahre später ist noch nicht klar: Wie speichern wir künftig unsere Energie? In Batterien, als Wasserstof­f – oder einer Kombinatio­n aus beidem?

Im Mai hatte der Freistaat seine Wasserstof­fstrategie vorgestell­t, einen Monat vor dem Bund, zwei vor der EU. Die Anzahl von Wasserstof­ftankstell­en soll bis 2023 von 17 auf 100 steigen.

Bis 2050 will Bayern CO2-neutral sein. Dass dies nur mit einer Kombinatio­n aus beiden Technologi­en gelingt, davon ist man in München überzeugt. Die Batterie als Antrieb für die Kurzstreck­e, die Wasserstof­f-Brennstoff­zelle für Lastwagen und weite Strecken. Dieses Szenario halten auch Wissenscha­ftler für das wahrschein­lichste. „Grüner“Wasserstof­f

– also solcher aus erneuerbar­en Energien – wird aus Sicht des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesys­teme eine „zentrale Rolle für die Treibhausg­asneutrali­tät“einnehmen. „Während die batterieel­ektrische Pkw-Mobilität vorzugswei­se für den Kurzstreck­en- und Pendlerver­kehr geeignet ist, wird die Brennstoff­zellen-Mobilität beziehungs­weise Mobilität mittels synthetisc­her Kraftstoff­e tendenziel­l für schwerere Fahrzeuge und größere Reichweite­n eingesetzt werden“, heißt es von dem Institut. Der Vorteil der Batterie: Beim Laden geht kaum Energie verloren. Der Nachteil: Sie wird schnell groß und schwer, wenn sie viel davon speichern soll.

Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger deutet an, wie Batterie und Wasserstof­f sich künftig ergänzen sollen: „Die Mobilität der Zukunft braucht Strategien für Batterie-Elektrik und Wasserstof­f. Batterien werden wir für Kurzstreck­en in der Stadt brauchen, Brennstoff­zellen für die Langstreck­en“, sagte er unserer Redaktion.

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Foto: Jochen Aumann Ministerpr­äsident Markus Söder besucht die Varta AG.

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