Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Arrest für gefälschte Todesanzeige
In Nördlingen tyrannisierte ein Schüler vier Achtklässler über mehrere Monate hinweg. Der Jugendrichter verhängt eine besondere erzieherische Maßnahme
Nördlingen Es begann mit Beschimpfungen in E-Mails und unter falschen Namen abgeschlossenen Handyverträgen. Schließlich folgten eine Instagram-Nachricht „Ich töte dich am Montag“und eine gefälschten Todesanzeige für einen Klassenkameraden. Über Monate hinweg hat ein 14-jähriger Realschüler in Nördlingen Mitschüler, Eltern und Polizei in Atem gehalten. Nun erhielt er für sein „Cybermobbing“vor dem Amtsgericht in Nördlingen die Strafe. Jugendrichter Andreas Krug verurteilte den heute 15-Jährigen in nichtöffentlicher Sitzung nach einem vollumfänglichen Geständnis zu einer Woche Dauerarrest in einer Jugendstrafanstalt und 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit.
Außerdem muss der Schüler einen Aufsatz über das Thema Cybermobbing aus Sicht der Opfer verfassen. Grundlage für den Text soll der Tod der kanadischen Schülerin
Amanda Todd sein. Sie ist Symbolfigur gegen Netzgewalt rund um den Globus. Das Mädchen nahm sich im Alter von 15 Jahren das Leben, nachdem sie im Internet gemobbt worden war.
Auch im Nördlinger Fall hatte im vergangenen Jahr eine zunächst unbekannte Person monatelang mehrere Schüler „gemobbt“. Sie schloss Mobilfunkverträge mit teuren Smartphones ab oder buchte Flugreisen im Namen der Schüler. Eines Tages folgten Morddrohungen. Als die Polizei eingeschaltet wurde, stellte sich der nun verurteilte 15-Jährige selbst als Mobbing-Opfer dar, um von sich abzulenken. Die Kriminalpolizei Dillingen ermittelte an der Realschule, es gab Präventionstrainings gegen Cybermobbing. Nach einer gefälschten Todesanzeige für einen Achtklässler in unserer Zeitung ging nach vielen Monaten Ungewissheit dann alles schnell. Die Ermittler vermuteten, dass ein Schüler dahintersteckte.
Nach einer Hausdurchsuchung wurden Daten auf den elektronischen Geräten des Buben ausgewertet, kurze Zeit später gestand er einen Großteil der Taten.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft Augsburg war umfangreich. Sie warf dem Schüler Beleidigung, Betrug und Fälschung beweiserheblicher Daten vor, dazu kam der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen in Tatmehrheit mit Bedrohung in zwei Fällen. Denn er verfasste nicht nur Morddrohungen, sondern schickte an ein 13-jähriges Mädchen pornografische Bilder. Die Staatsanwaltschaft gliederte die Straftaten in verschiedene Bereiche. Sie sprach neben einer Instagram-Welle von einer E-Mail-Welle und einer BestellWelle.
Die falschen Todesanzeigen der Mitschüler gelten strafrechtlich als Beleidigung. Insgesamt buchte der 14-Jährige mit den Kontodaten eines Nördlinger Betriebs und falschen E-Mail-Adressen drei Todesanzeigen. Der Angeklagte soll durch sie seine Missachtung gegenüber den Mitschülern ausgedrückt haben wollen, so die Staatsanwaltschaft, in dem er diese öffentlich als tot deklarierte. In zwei von drei Fällen wurden die gefälschten Todesanzeigen entdeckt und vor einer Veröffentlichung storniert. In einem Fall erschien sie in unserer Zeitung. Die Staatsanwaltschaft beantragte vor dem Nördlinger Amtsgericht am Montag vier Wochen Dauerarrest und 160 gemeinnützige Stunden.
Das Motiv des Jugendlichen, der nach Bekanntwerden der Vorfälle die Schule gewechselt hat, ist weiterhin unklar. Vor Gericht soll er ausgesagt haben, dass er sich seine Taten im Nachhinein selbst nicht erklären könne.
Der Schüler hatte drei Anzeigen aufgegeben