Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Kirche, Moschee, Museum und wieder Moschee
Sie gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Welt: die Hagia Sophia. Seit 90 Jahren ist sie ein Museum. Nun macht der türkische Staatschef daraus wieder ein Gotteshaus
Wo soll man bloß zuerst hinschauen: Zu den Engeln mit den riesigen Flügeln? Oder lieber zum Mann mit der prächtigen Krone? In der Hagia Sophia lassen sich viele wunderschöne Sachen entdecken! Deshalb besuchen jedes Jahr tausende Menschen das Gebäude mit den spitzen Türmen mitten in der Stadt Istanbul im Land Türkei. Eigentlich ist es ein Museum. Doch das ändert sich gerade.
Ursprünglich wurde sie für Christen gebaut
Das Ganze hat mit der spannenden Geschichte der Hagia (gesprochen: aja) zu tun. Ein mächtiger Kaiser ließ das Gebäude vor etwa 1500 Jahren als riesiges Gotteshaus mit prächtigen Bildern bauen. Für viele Jahrhunderte zeigte es so die Bedeutung der christlichen Kirche und ihrer Herrscher an.
Vor fast 600 Jahren änderte sich das jedoch: Die Osmanen eroberten das damalige Konstantinopel und heutige Istanbul. Und der Herrscher machte aus der Hagia Sophia eine Moschee für Muslime. Weil im Islam aber ein Bilderverbot gilt, wurden die religiösen Motive übermalt.
Vor etwa 90 Jahren geschah die nächste große Veränderung. Der damalige Staatschef der Türkei, ein Muslim, entschied: Die Hagia Sophia wird von einem Gotteshaus in ein Museum umgewandelt. Die prächtigen Bilder wurden wieder freigelegt.
Viele Leute finden die Entscheidung falsch
Gerade aber wird das Museum wieder in eine Moschee verwandelt. Das wollte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan so. Kommenden Freitag soll dort erstmals wieder gebetet werden. Währenddessen müssen die Bilder etwa der Engel verdeckt sein. Es soll aber eine Lösung geben, damit sie zu anderen Zeiten bewundert werden können. Sie sollen nicht übermalt werden, heißt es.
Viele Leute finden die Entscheidung trotzdem falsch, dazu gehört auch die deutsche Regierung. Denn das Gebäude habe eine große Bedeutung für Christen und Muslime. Und die evangelische Pfarrerin Margot Käßmann meinte am Sonntag, der türkische Staatschef zerstöre so ein Zeichen für ein friedliches Miteinander von Christentum und Islam.