Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Eine Rikscha als Rezept gegen die Einsamkeit
Mit ihrem neuen Angebot wollen die Malteser Senioren ein wenig Abwechslung bieten
Glücklich sitzt Irmengard Krist im Biergarten der Kulperhütte vor ihrer Apfelschorle. Auch wenn die 88-Jährige direkt an der Wertach wohnt, ist der Ausflug für sie etwas ganz Besonderes. Denn zu Fuß schafft sie die Strecke inzwischen nicht mehr. Doch heute wurde sie bequem zur Kulperhütte gebracht – in einer Rikscha.
Die „Ausflugsrikscha“ist ein neues Projekt der Malteser. Die Idee: Ehrenamtliche holen die Senioren zu Hause ab und fahren sie in der E-Bike-Rikscha zu einem gemeinsamen Ausflugsziel. Hélène Ginsz-Kieffer von den Maltesern erklärt das Ziel der Aktion: „Wir wollen die Leute aus ihren vier Wänden holen, schon die Fahrt ist für sie oft ein Erlebnis.“Das Projekt ist Teil einer größer angelegten Initiative gegen Einsamkeit. Dies sei für viele immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft, so GinszKieffer.
Irmengard Krist spricht dagegen ganz offen über ihre Einsamkeit. „In meinem Alter hat man ja niemanden“, erzählt die 88-Jährige. Alle 14 Tage werde sie von einem Studenten im Rahmen des Besuchsdiensts der Malteser aufgesucht, sonst komme sie kaum noch aus der eigenen Wohnung, sagt Krist.
Der Ausflug zur Kulperhütte ist daher für sie eine gelungene Abwechslung zum Alltag. Auch weil man sich hier mal wieder normal mit Menschen unterhalten könne – ohne Maske. „Selbst beim Arzt, überall reden alle nur noch mit Maske“, klagt Krist.
Gefahren wurde die Seniorin von Uwe Crepon. Der 63-Jährige ist auch sonst oft und viel mit dem Rad unterwegs, daher sei die Rikscha für ihn genau das Richtige. „Da kann man das Angenehme mit dem Sinnstiftenden verbinden“, sagt Crepon. Das Fahrgefühl sei bei einer Rikscha natürlich ein anderes als beim normalen Radfahren, doch nach zwei bis drei Übungsfahrten habe er sich sicher gefühlt, erzählt er.
Mit ihrer Ausflugsrikscha wollen die Malteser ein flexibles Angebot schaffen. „Früher war Ehrenamt sehr standardisiert, etwa immer jede Woche zu einem bestimmten Zeitpunkt“, sagt Ginsz-Kieffer. Mit der Rikscha wolle man neue Wege gehen. Wer etwa berufsbedingt nur alle zwei Wochen am Wochenende fahren könne, solle sich ebenso angesprochen fühlen, wie jemand, der viel Zeit unter der Woche habe, so Ginsz-Kieffer weiter. „Man muss sich auch nicht auf ewig verpflichten – man kann das Ganze auch einfach mal ausprobieren.“
Neben neuen Helfern hoffen die Malteser aber auch, mehr Senioren für ihr Angebot zu begeistern. „Es scheitert oft daran, dass sich die Leute nicht trauen“, erklärt GinszKieffer. Auch Irmengard Krist hofft, dass das Projekt gut ankommt. „Es gibt so viele alte Leute, die froh sind, wenn sie rauskommen“. Besonders, wenn man nicht mehr so gut zu Fuß sei, sei das Angebot sehr zu empfehlen, so Krist. Sie werde den Rikscha-Service auf jeden Fall weiternutzen. Angesprochen auf ihr nächstes Ausflugsziel überlegt Krist kurz. „Hauptsache in die Natur“, sagt sie schließlich.