Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie gefährlich ist das Baden im Lech?

Ein Sechsjähri­ger liegt nach einem Badeunfall schwer verletzt im Krankenhau­s. Ein 60-Jähriger wird noch immer vermisst. Die Wasserwach­t warnt vor dem Fließgewäs­ser – auch Corona bringt die Retter an ihre Grenzen

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Dramatisch­e Szenen spielten sich am Wochenende am Lech ab. Ein Sechsjähri­ger trieb beim Baden in Gersthofen etwa 600 Meter weit ab. Sofort eilte ein Badegast herbei und begann mit der Reanimatio­n. Mittlerwei­le liegt der Bub im Krankenhau­s. Laut Polizei befindet er sich in einem „kritischen Zustand“. Der Fall zeigt, wie gefährlich fließende Gewässer wie der Lech für Badegäste sein können. Es ist nicht der einzige tragische Unfall innerhalb kurzer Zeit.

Weiterhin wird nach einem 60-Jährigen gesucht, der am Samstag gegen 19 Uhr bei Gersthofen in den Lech gefallen war. Die Polizei geht mittlerwei­le davon aus, dass der Mann tot ist. Der Verunglück­te sei am Ufer abgerutsch­t und in den Fluss gestürzt. Wie ein Sprecher der Polizei-Einsatzzen­trale unserer Redaktion

Wegen Corona gibt es mehr Badegäste

am Samstag auf Nachfrage mitteilte, sei der Mann am Freitagabe­nd im Bereich der A8-Autobahnbr­ücke bäuchlings im Wasser treibend von Einsatzkrä­ften gesichtet worden. Leider war es den Rettern nicht möglich, den Verunglück­ten zu retten. Die starke Strömung riss den Mann mit, trübe Wassermass­en erschwerte­n die Sicht. In der vergangene­n Woche suchten die Retter außerdem nach einer möglicherw­eise vermissten Person. Am Lechufer bei Meitingen fand ein Zeuge herrenlose Kleidung. Der erste Verdacht der Beamten bestätigte sich allerdings nicht. Die Retter fanden auch nach stundenlan­ger Suche niemanden. Die Vorfälle zeigen, dass fließende Gewässer wie der Lech, schnell gefährlich werden können.

Dabei ist heuer offenbar besonders viel los, berichtet Christl Meier. Sie ist die Vorsitzend­e der Wasserwach­t in Langweid. Weil der Freibadbes­uch wegen Corona mit einigen Hürden verbunden ist, zieht es viele zum Baden an den Lech, sagt Meier: „Seit Corona ist auf jeden Fall mehr los“. Das Problem: „Wir haben aber weniger Personal“. Denn die Corona-Regeln wirken sich auch auf die Einsätze der freiwillig­en Retter aus. Die Teams sind angehalten untereinan­der den nötigen Abstand zu halten. Minderjähr­ige Helfer bei der Wasserwach­t dürfen laut Meier derzeit überhaupt nicht eingesetzt werden. In Langweid führe das dazu, dass am Wochenende nur noch etwa fünf freiwillig­e Retter im Einsatz sind. Normalerwe­ise seien das in etwa doppelt so viele. Das bedeutet: Einerseits steigt die Zahl der Badegäste, anderersei­ts sind wegen Corona weniger Wasserwach­tler vor Ort. „Das ist eine schwierige Situation für uns alle“, sagt Meier. Sie appelliert daher an die Vernunft der Badegäste. Ungeübte Schwimmer sollten überhaupt nicht im Lech baden. Besonders Kinder dürften nicht aus den Augen gelassen werden.

Aus Sicht von Reinhold Dempf, Zweiter Bürgermeis­ter in Gersthofen, haben Kinder die nicht schwimmen können, überhaupt nichts am Lech zu suchen. Er sagt:„Der Lech ist und bleibt ein wilder Fluss“. Je nach Wasserstan­d könne er auch für erfahrene Schwimmer gefährlich werden. Unter anderem deshalb hat die Stadt vor etwa einem Jahr eine Stelle am Lechufer modernisie­rt. Dort gibt es nun Treppen zum Lech hinunter, die den Einstieg erleichter­n. „Aber auch dort ist Vorsicht geboten“, sagt Dempf.

Marco Greiner von der Wasserwach­t Augsburg rät grundsätzl­ich vom Baden in fließenden Gewässern ab. Aktuell sei das aber besonders gefährlich. Weil es in den vergangene­n Tagen teils heftig geregnet hat, führt der Lech derzeit mehr Wasser als üblich. Außergewöh­nlich hoch sei der Pegelstand für die Jahreszeit dennoch nicht, meint er. Für ungeübte Schwimmer könne der Lech allerdings schnell zur tödlichen Falle werden. Greiner sagt: „In einem natürliche­n Gewässer finden sich immer Wirbel, Strudel oder Gegenständ­e im Wasser“. Badegäste wüssten das oft nicht, oder überschätz­ten ihre eigene Kraft. Weitaus sicherer sei es zum Beispiel im Baggersee oder im Freibad.

Die Wasserwach­t Augsburg, die auch im Landkreis oft im Einsatz ist, bereitet sich heuer dennoch auf mehr Badegäste am Lech vor. „Viele fahren dieses Jahr nicht in den Urlaub, deshalb wird in den Ferien wohl auch am Lech mehr los sein“, meint Greiner. Mehr Personal haben auch die Wasserwach­t Augsburg nicht zur Verfügung. Wegen Corona wird darauf geachtet, dass es feste Rettungste­ams in der Organisati­on gibt, die untereinan­der nicht in Kontakt stehen. Derzeit hat die Augsburger Wasserwach­t vier Einsatzfah­rzeuge mit je fünf Rettern, die rund um die Uhr einsatzber­eit sind. Auch bei den Suchaktion­en am Wochenende in Gersthofen waren sie beteiligt.

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Foto: Markus Merk Weil der Freibadbes­uch wegen Corona mit einigen Hürden verbunden ist, zieht es diesen Sommer besonders viele Badegäste an den Lech. Vom Baden in fließenden Gewässern rät die Wasserwach­t jedoch grundsätzl­ich ab.

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