Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Corona erschwert die Lehrlingss­uche

Firmen in Industrie, Handel und Handwerk melden viele freie Plätze. Die Corona-Pandemie beeinträch­tigt die Suche nach Bewerbern. Jetzt sollen Online-Sprechstun­den und Videos helfen

- VON VANESSA AHNERT

Gablingen/Landkreis Augsburg Schon seit vielen Jahren bildet Benedikt Kratzer in seinem Betrieb für Energietec­hnik Azubis aus. Dieses Jahr laufe das etwas anders ab, erzählt Kratzer. Allerdings nicht, wie man meinen würde. Statt nichts zu tun und Kurzarbeit habe die Energietec­hnik Benedikt Kratzer GmbH & Co. KG während Corona sogar mehr Aufträge als sonst. Und statt keiner neuen Azubis gebe es ab September sogar zwei, obwohl bisher nur ein neuer Jugendlich­er pro Jahr ausgebilde­t worden sei.

Die Berufsschu­len hätten einige Wochen geschlosse­n gehabt, was die Ausbildung beeinträch­tigt habe. Aber im Betrieb sei es recht normal weitergega­ngen. „Wir haben keine Werkstätte­n, wo sich viele Leute sammeln würden“, sagt Kratzer. „Auf dem Bau wird in festen Trupps von zwei bis drei Leuten gearbeitet.“Zu viel Kontakt sei also kein Thema.

Im Allgemeine­n habe die Firma gut weiterarbe­iten können. An Aufträgen

haben sie „Vollauslas­tung wie noch nie“. Beratungen seien schnell zu Zoom-Konferenze­n geworden. „Mit den Kunden bespricht man online die Wünsche und sieht die auf dem Bau dann das erste Mal live“, berichtet Kratzer. „Das ist schon seltsam.“

Als Ausbilder ist der Betrieb bereits erfahren und bekannt. Eine Schwierigk­eit aktuell sei, Ausbilder und Auszubilde­nde zusammenzu­bringen, berichtet die Handwerksk­ammer Schwaben. Im Energietec­hnik-Betrieb Kratzer sei auch das kein Problem. „Auf Messen waren wir sowieso wenig aktiv“, sagt der Inhaber. „Heuer haben wir einen Azubi über Social Media gefunden, womit wir viel arbeiten.“Werbung habe der Betrieb gar nicht notwendig, da er als erfolgreic­her Ausbilder an Schulen schon bekannt sei. Wenn ein Schüler an einer Ausbildung und Energietec­hnik interessie­rt sei, würde die Schule ihm Benedikt Kratzer empfehlen.

Nicht in allen Betrieben ist jetzt schon geklärt, wie es im September aussehen wird. Die IHK Schwaben berichtet, dass viele Ausbildung­splätze noch unbesetzt seien. Wolfgang Haschner, Leiter des Fachbereic­hs Ausbildung bei der IHK Schwaben, sagt: „Jeder Jugendlich­e wird trotz Corona ausreichen­d Stellen in seinem Wunschberu­f finden.“Er ruft die Jugendlich­en dazu auf, sich selbst nach Plätzen umzusehen und zu bewerben.

Insgesamt komme der Ausbildung­smarkt heuer spät in Schwung. „Bei vielen Firmen standen wegen des Lockdowns seit März andere Themen im Fokus“, sagt Haschner. Um den Ausbildung­smarkt noch einmal anzukurbel­n, bietet die IHK morgen, Mittwoch, 22. Juli, ein „virtuelles Speeddatin­g“an. Unternehme­n und potenziell­e Azubis können in einer App Profile durchstöbe­rn und wenn ein „Match“entsteht, Kontakt aufnehmen – wie bei einer Dating-App. Morgen können die Leute direkt per Videoanruf Kontakt aufnehmen. Informatio­nen dazu gibt es unter schwaben.ihk.de/ speeddatin­g.

Im Allgemeine­n seien handwerkli­che Ausbildung­en im Moment nicht weniger gefragt als sonst. Anette Göllner, Leiterin der Hauptabtei­lung Berufsausb­ildung bei der Handwerksk­ammer Schwaben, sagt, das größte Problem aktuell sei, Betriebe und Azubis zusammenzu­bringen. „Ausbildung­smessen, Berufsinfo­tage und die umfangreic­he Beratung durch die Handwerksk­ammer in den Schulen konnten dieses Jahr nicht stattfinde­n.“Außerdem seien in vielen Schulen die Pflichtpra­ktika weggefalle­n.

Manche Branchen seien von Corona härter getroffen worden, weil sie vollständi­g schließen mussten, wie beispielsw­eise Friseure. Um zu helfen, bietet das Nachwuchsw­erbeteam der Handwerksk­ammer Schwaben jetzt Online-Sprechstun­den an. Die nächsten finden am Donnerstag, 23. Juli, und am Mittwoch, 19. August, statt. Teilnehmen können Interessen­ten unter hwkschwabe­n.de/ausbildung­ssprechstu­nde.

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Foto: Markus Merk Benedikt Kratzer bildet in seinem Betrieb trotz Corona-Krise weiterhin aus. In diesem September starten sogar zwei Auszubilde­nde.

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