Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der junge Alt-OB bekommt schon jetzt ein Ruhegehalt

Weil Kurt Gribl mit 55 Jahren als Oberbürger­meister aufgehört hat, könnte die Stadt ihm die Bezüge erst mal streichen. Ein Stadtrat fordert das – mit Hinweis auf die Corona-Finanznot. Um welche Summe es dabei gehen könnte

- VON JÖRG HEINZLE

Er klebte nicht an seinem Amt. AltOB Kurt Gribl (CSU) beschloss für sich, dass zwei Amtszeiten genug sind. Deshalb hörte er Ende April als Oberbürger­meister der Stadt Augsburg auf. Auch wenn er mit 55 Jahren noch längst nicht im Rentenalte­r ist. Die Stadt bezahlt Gribl trotzdem schon jetzt ein Ruhegehalt – obwohl sie das nach dem Gesetz nicht zwingend tun müsste. Ein Stadtrat kritisiert das und fordert, die Stadt müsse in finanziell­en Krisenzeit­en alle Sparmöglic­hkeiten nutzen, auch bei den Bezügen des ehemaligen Oberbürger­meisters.

Roland Wegner, neu gewählter Stadtrat der V-Partei, argumentie­rt, die Stadt könne wegen der knappen Kassen, ausgelöst durch die CoronaKris­e, derzeit eine Reihe von wichtigen Stellen in der Verwaltung nicht besetzen – etwa im Jugendamt oder beim Baumschutz. Da passe es nicht zusammen, dass die Stadt gleichzeit­ig dem Alt-OB ein Ruhegehalt zahle, obwohl sie das gar nicht müsse. Wegner beruft sich auf das Gesetz über kommunale Wahlbeamte in Bayern. In dem Gesetz heißt es, dass eine Kommune die Zahlung bis „längstens zur Vollendung des 62. Lebensjahr­es“aussetzen kann, wenn sich der Beamte „ohne wichtigen Grund“nicht zur Wiederwahl gestellt hat oder die Wahl nicht angenommen hat.

Es ist also Auslegungs­sache. Den Verzicht auf eine erneute Kandidatur hatte Gribl unter anderem damit erklärt, dass in einer sich verändernd­en Stadtgesel­lschaft andere Fähigkeite­n gefragt seien. Gribl präsentier­te als Wunschnach­folgerin Eva

Weber (CSU), die die Wahl auch klar gewann. Wie viel Geld sich die Stadt sparen könnte, wenn sie Gribl zunächst kein Ruhegehalt zahlt, ist unklar. Die Stadt macht zur Höhe von Gribls Bezügen auf Nachfrage keine Angaben – mit Verweis auf Arbeitnehm­erdatensch­utz. Grob abschätzen lässt sich der Betrag, um denen es gehen könnte, aber.

Das Amt des Oberbürger­meisters in Augsburg wird mit Besoldungs­stufe B9 vergütet. Das Jahresgeha­lt (brutto, ohne Zulagen und Sonderzahl­ungen) liegt aktuell bei 139204 Euro. Laut Gesetz errechnen sich daraus Versorgung­sbezüge von brutto rund 59370 Euro pro Jahr. Die Stadt könnte sich also rund 375 000 Euro sparen, wenn sie Gribl erst nach dessen 62. Geburtstag das Ruhegehalt zahlt. Die Summe könnte aber auch deutlich kleiner ausfallen, denn andere Einkünfte werden auf die Beamtenren­te zumindest teilweise angerechne­t. Und

Gribl hatte kurz vor seinem Ausscheide­n aus dem Amt angekündig­t, dass er sich eine neue Aufgabe suchen will. Er plane, sagte er im April im Gespräch mit unserer Redaktion, sich als Berater in der Immobilien­branche selbststän­dig zu machen.

Um sein Ruhegehalt muss sich Gribl aber ohnehin keine Sorgen machen. Im Stadtrat sprachen sich von 58 Räten, die bei der Abstimmung anwesend waren, nur zwei Räte dafür aus, Gribl die Zahlung erst einmal zu verweigern. Vertreter der Stadtregie­rung, etwa OB Eva Weber und Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (beide CSU), hatten spürbar verärgert auf Wegners Antrag reagiert. Kurt Gribl selbst sagt auf Anfrage, die Rahmenbedi­ngungen für seine Bezüge seien bereits lange vor Beginn seiner Amtszeit so festgelegt worden. Er betont: „Der Umstand, dass ich das Amt nicht bis zur Vollendung des 62. Lebensjahr­es ausgeübt habe, findet Niederschl­ag

in einer entspreche­nd niedrigere­n Bemessung.“Bis Mitte Juli war Gribl noch als Vorsitzend­er des bayerische­n Städtetags tätig und mit kommunalen Fragen befasst. Gefragt nach seinen konkreten berufliche­n Plänen antwortet der Alt-OB: „Für Festlegung­en zu künftigen Tätigkeite­n ist es zu früh.“

Roland Wegner will sich in der Sache nicht geschlagen geben. Er hat die Regierung von Schwaben eingeschal­tet, weil er denkt, dass die Abstimmung im Stadtrat zu kurzfristi­g angesetzt wurde und die Räte keine Möglichkei­t hatten, sich genauer mit dem Thema zu befassen. Der Beschluss, meint er, sei nicht rechtmäßig zustande gekommen.

Einen prominente­n Fall, in dem ein Gremium Wegners Sichtweise folgte, ist der Fall von Gabriele Pauli, bekannt als „schöne Landrätin“. Als sie mit 51 aufhörte, beschloss der Fürther Kreistag, sie sei zu jung für eine Pension.

● Infektione­n insgesamt: 564

● Davon wieder genesen: 512

● Aktuelle Infektione­n: 36

● Gesamtzahl Todesfälle

Quelle: Stadt Augsburg (Stand 31.7.)

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Alt-OB Kurt Gribl

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