Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Untere Mühle ist ihr Familienwerk
Familie Biechele hat in Schwabmühlhausen den Betrieb stets ausgebaut. Herbert Biecheles Vater kaufte den Hof im Jahr 1964 und begann mit Platz für acht Gäste. Seitdem hat sich enorm viel getan
Schwabmühlhausen Die Holzkommoden im Gang zur Rezeption, die breiten Sessel im Eingangsbereich und die geblümten Vorhänge verbreiten den Charme der 1980erJahre. Doch die Küche der Unteren Mühle in Schwabmühlhausen folgt, anders als es der Hoteleingang vermuten lässt, stets der aktuellen Zeit. Seit vielen Jahrzehnten arbeitet Familie Biechele nun schon in und an ihrem Hotel-Restaurant, und aus dem Ferienhof mit einst nur acht Plätzen hat sich ein Gastronomiebetrieb entwickelt, der weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt ist.
All das zu bauen und mit Leben zu füllen, sagt Herbert Biechele, wäre ohne seine Frau Heike nicht möglich. „Sie entlastet mich ganz, ganz stark“, sagt er. Heike Biechele kümmert sich um die Restaurantgäste, denkt sich Aktionsabende im Restaurant aus und macht die Buchhaltung. Auch ihre Tochter Julia arbeitet an der Hotel-Rezeption und im Service mit. Der Küchenleiter kommt ebenfalls aus der Familie: Alexander Biechele sammelte durch mehrere Praktika Erfahrung und ging mit 20 für ein halbes Jahr nach Portugal. Dort war der gelernte Koch Zweiter Küchenchef in einem Luxus-Ressort, wo sogar schon Phil Collins oder der frühere FC-Bayern-Trainer Louis van Gaal gespeist haben. „Und am Wochenende bekochte ich superreiche Engländer in deren Villen“, erzählt er. Die prägendste Erfahrung aber sei eine andere gewesen: „In Portugal habe ich das erste Mal mit Angus-Fleisch gear
Dann wusste ich: Wir brauchen das auch.“
2012 kehrte er zurück auf den Hof der Eltern und übernahm die Küchenleitung. Im Oktober 2016 kaufte er die ersten zehn AngusRinder und setzt seitdem auf biologische Tierhaltung. Nach zwei Jahren Testlauf ist die Untere Mühle seit 2018 offiziell Bio-zertifiziert, inzwischen hält Alexander Biechele zwischen 50 und 60 Rinder.
Neben der eigenen Rinderzucht ist dem Küchenleiter die regionale Herkunft der Lebensmittel wichtig.
„Wir kaufen so viel regional wie möglich.“Das Gemüse komme zum Großteil von einem Kumpel, der Gemüsebauer ist, und auch die Eier liefere ein Freund. „Ich möchte das Regionale fördern. Egal ob es um Lebensmittel, Landmaschinen oder Autos geht. Manchmal kostet es vielleicht etwas mehr, aber du bist besser aufgehoben.“
Unterstützt wird Alexander Biechele bei seinem Projekt von Vater Herbert, der sich um alles kümmert, was auf dem Hof anfällt. Er pflegt die Außenanlagen, macht Reparatubeitet. ren und Malerarbeiten oder mäht den Rasen. Der Seniorchef leitet die Untere Mühle seit 32 Jahren, sein Vater hatte den Hof 1964 für die Landwirtschaft gekauft. „Da war alles total heruntergekommen, es gab nicht einmal einen richtigen Zufahrtsweg“, sagt Herbert Biechele.
Sein Vater baute Hotelzimmer. „Da ging es los mit Ferien auf dem Bauernhof.“Am Anfang war in der Unteren Mühle nur Platz für acht Gäste, aber das änderte sich bald: „Wir haben immer weiter gebaut, jedes Jahr etwas Neues.“In den
Sommerferien kamen Ende der 1960er-Jahre bis zu 50 Feriengäste auf den Hof. „Wir hatten Schweine, Kühe und Pferde, abends gab es Kutschfahrten.“An Weihnachten 1977 eröffnete schließlich das Restaurant. Zunächst gab es zwei Gasträume, heute sind es sechs. Hinzu kommen fünf weitere Räume für Familienfeiern und Tagungen.
Herbert Biechele hat die Restaurant-Räume selbst gebaut. Auf die Opa-Stuben ist er besonders stolz: „Das haben mein Vater und ich alles gebaut.“Nebenan sind zwei weitere Räume, die Fischer-Stube und die Mühl-Stube. „Damit haben wir angefangen.“Geht man die Holztreppe hoch, kommt man zur SingoldStube. Vor Corona gab es hier verschiedene Themenbüfetts, zum Beispiel ein Fischbüfett und ein italienisches Büfett.
Das neueste fertige Bauprojekt in der Unteren Mühle ist die Konoba piccolo, eine Steinhütte nach kroatischer Art. Hier wird am offenen Feuer gekocht. „Wir machen Spanferkel-Essen und unseren Grillabend“, sagt Herbert Biechele. Die
Gäste können das Fleisch von den hofeigenen Rindern probieren. Das Fünf-Gänge-Menü reicht von geschmolzenen Tomaten als Vorspeise über Maultaschen und gegrillte Doraden bis hin zu Tomahawk-Steaks und wird mit einem Kaiserschmarrn als Nachtisch abgerundet.
Die Corona-Krise hat dem Betrieb allerdings schwer zu schaffen gemacht. „Die Schließung hat uns einen fünfstelligen Betrag gekostet, und die Eröffnung kostet wieder das Gleiche“, teilen sie auf ihrer Homepage den Gästen mit. Allein von März bis Mai habe man „einen sechsstelligen Betrag in den Sand gesetzt“. Doch auf eine Sache ist Familie Biechele stolz. „Wir haben immer noch ein ungekündigtes Team, und das soll auch so bleiben …“, betonen sie. Die Untere Mühle ist eben ein Familienwerk.