Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Es war einmal… auf Sylt
Eine Kindheit auf der Promi-Insel
Das waren noch Zeiten, als Gunter Sachs auf Sylt Hof hielt und Arndt von Bohlen und Halbach bei Pelz Matthiesen seine Pelzmäntel kaufte. Das „deutsche Saint-Tropez“zog die Reichen und Schönen an wie das Licht die Motten. Und es kamen nicht nur Stars und Sternchen, Banker und Unternehmer, sondern auch Politiker und Mediengrößen.
Susanne Matthiessen kann sich gut erinnern, und sie nimmt in ihrem Buch „Ozelot und Friesennerz“kein Blatt vor den Mund, wenn es um die prominenten Kunden ihrer Eltern, das Pelzgeschäft im Besonderen und das Geschäft mit der Insel im allgemeinen geht. Ihre Erinnerungen beginnen mit einer Kindheit im Schatten des Tourismus, als die Eltern „jedes Bett in unserem Dünenhaus“vermieteten und Gastgeber und Gäste eng zusammenrückten. Das Pelzgeschäft florierte – bis der Wind sich drehte und Pelztragen verpönt wurde. „Der Zeitgeist hat uns weggespült“schreibt Matthiessen fast melancholisch. Das neue Sylt, auf dem sich die Reichen hinter hohen Hecken abschotten, ist ihr suspekt. Doch schuld an den Veränderungen und auch den Umwelt-Sünden seien auch die Sylter selbst, wenn sie für Geld „einfach alles“machen. Diejenigen, die ihre riesigen Anwesen oft monatelang nicht nutzen, könnten etwa ein „Attrappenleben für die eigene Immobilie“buchen – samt gedecktem Kaffeetisch. Aber auch die normalen Touristen tragen nach Meinung der Autorin dazu bei, die Insel zu zerstören. Teure Luxushotels wie der Lanserhof entstünden in geschützten Naturlandschaften, aber auch das Tui-Dorfhotel in Rantum verschandele die „herrliche Wattseite am Rantumbecken mit seinem Plattenbaucharme“. Ein Buch für alle, die von Ferien auf Sylt träumen, und für alle, die Klatsch und Tratsch lieben.
» Susanne Matthiessen: Ozelot und Friesennerz – Roman einer Kindheit. Ullstein, 252 S., 20 Euro